Urteil am Amtsgericht:Hahnenkämpfe auf der A8

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Drängen oder Drängeln: Nach einem Streit zwischen zwei Autofahrern musste das Gericht entscheiden. Der Richterin fiel dazu nur ein Satz ein.

Daniela Gorgs

Am Ende der Verhandlung wendet sich die Vorsitzende Richterin Petra Nolte erbost an die beiden Angeklagten. Warum diese Sache überhaupt auf ihrem Tisch gelandet sei, will sie wissen - und gibt sich gleich selbst die Antwort: "Weil zwei Männer sich aufführen wie zwei Gockel", sagt sie und schlägt die Akte zu.

Erst ein Gericht konnte den Streit zwischen zwei Autofahrern beenden. (Foto: dpa)

Zweieinhalb Stunden lang versuchte das Gericht zu klären, was damals auf der Autobahn 8 bei Sulzemoos passiert war. Wer wen genötigt, mit der Lichthupe bedrängt und beleidigt hatte.

Der Hauptzeuge erscheint nicht. Doch soll das, was er bei der Polizei gesagt hatte, so widersprüchlich gewesen sein, dass das Gericht seine Aussage streicht. Und mehr: Auf Anregung eines Verteidigers werden auch die Vorwürfe der Beleidigung und Nötigung von beiden Angeklagten zurückgezogen. Es schien, als habe sich auch die Luft im Gerichtssaal des Amtsgerichts gereinigt, nachdem sich draußen das Gewitter entladen hatte.

Es war an einem Abend im Dezember, als die Angeklagten auf der A8 Richtung Stuttgart fuhren. Der eine, ein Mann mittleren Alters, im Mercedes, der andere, halb so alt, im BMW. Wie der Jüngere vor Gericht aussagt, soll der Mercedesfahrer bei einem Tempo von 130 Stundenkilometern auf der linken Spur sehr dicht auf ihn aufgefahren sein: "Hätte ich eine Zeitung im Kofferraum gehabt, hätte er sie lesen können." Der BMW-Fahrer sagt, er habe wegen der Baustelle abbremsen müssen.Auch habe er die Spur gewechselt, da er die Ausfahrt Sulzemoos nehmen wollte. Der Mercedes habe ihn rechts überholen wollen.

Der Mercedesfahrer allerdings erzählt eine andere Version. Er sei von dem BMW-Fahrer von der Straße gedrängt worden. Beim Spurwechsel habe der BMW-Fahrer eine Vollbremsung gemacht und einen Schlenker in die Fahrbahn seines Wagens. Darüber habe er sich so erschrocken, dass er dem BMW-Fahrer die Meinung sagen wollte. "Ich hatte Zeit und bin ihm hinterhergefahren." Dies wiederum brachte den BMW-Fahrer in Bedrängnis. Er verständigte seinen Bruder, dass er verfolgt werde. Vor dem Anwesen des Bruders in Sulzemoos kam es zum "Showdown".

Beide Männer beschimpfen und beleidigten sich. Der Bruder, bewaffnet mit einer Pfeffermühle, die aussieht wie ein Baseballschläger, weist den Mercedesfahrer zurecht. Und der hat eigentlich genug, setzt sich in sein Auto und will heim nach Stuttgart fahren. Dann kniet sich der BMW-Fahrer vor den Mercedes, um das Kennzeichen zu fotografieren. Der Mercedesfahrer spielt mit der Kupplung, das Auto hüpft vor, berührt anscheinend den BMW-Fahrer, der ordentlich gegen den Mercedes tritt und einen Schaden von knapp 900 Euro anrichtet.

Was genau passiert ist, bleibt ungeklärt. Am Ende verurteilt Richterin Nolte den Mercedesfahrer wegen versuchter vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 50 Euro und den BMW-Fahrer wegen Sachbeschädigung zu 40 Tagessätzen à 15 Euro. Die Verfolgungsjagd, die ganze Auseinandersetzung - das sei ein grober Schmarrn gewesen.

© SZ vom 01.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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