TSV Dachau 1865:Hoffnungsvoller Pragmatismus

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TSV-Vorsitzender Stirner und Oberbürgermeister Hartmann wollen sich nicht mit der Vergangenheit aufhalten. In der Zukunft werden sie einige Probleme zu bewältigen haben. Eine schnelle Lösung für den Umzug von 1865 gibt es nicht, das wird auf der Mitgliederversammlung klar.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die beiden wichtigsten Redner des Abends sind klar im Vorteil der Jugend. Seit mindestens 15 Jahren, nach anderen Rechnungen bereits seit 20 Jahren, läuft die Diskussion um den Umzug des TSV Dachau 1865 auf ein größeres Gelände. Einen Prozess, den weder Sebastian Stirner, 33 Jahre alt und seit November Vorsitzender des TSV, noch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), 28 Jahre alt, aktiv mitverfolgen oder gar gestalten konnten. Deshalb können sich beide ohne jede Absprache auf eines einigen: Lasst uns nicht in der Vergangenheit wühlen, sondern nach vorne schauen.

OB Florian Hartmann stellt sich den TSV-Mitgliedern. (Foto: Toni Heigl)

Doch die Fehler der Vergangenheit sind es, nach deren Erklärung an diesem Informationsabend für die Mitglieder des TSV in der voll besetzten Vereinsgaststätte immer wieder gerufen wird. Einige Redner weigern sich dabei standhaft, das Alter Hartmanns zur Kenntnis zu nehmen. An den ebenfalls angesprochenen Stadträten, die in großer Zahl und durch fast alle Fraktionen hindurch erschienen sind, prallen die Fragen nach der Vergangenheit ebenfalls ab. Für sie, die teils doppelt so alt sind wie der OB, ist dessen nachvollziehbare Haltung, in die Zukunft schauen zu wollen, ganz praktisch. Nur Gertrud Schmidt-Podolsky erklärt auf Nachfrage, dass frühere Bebauungspläne für das Stammgelände des TSV an der Jahnstraße am Bürgerprotest gescheitert sind. Die Anwohner befürchteten zu viel Verkehr, daher wird das ganze Gebiet nun neu überplant, dazu soll es eine umfassende Bürgerbefragung geben, in drei Jahren soll der Bebauungsplan stehen und das ist es, was die Mitglieder des TSV so aufregt. Denn ohne gültigen Bebauungsplan können sie ihr Gelände nicht gewinnbringend an einen Investor verkaufen. Der Investor, das soll Herbert R. Ullmann sein, sieht das jedenfalls so. Und so lange nicht verkauft wird, ist auch kein Geld da, um etwas Neues zu kaufen. Für Stirner geht es dabei nicht nur um den dringend nötigen Ersatz der teils baufälligen, alten Gebäude und den eklatanten Platzmangel, der etwa zu einem Aufnahmestopp in der erfolgreichen Fußballabteilung geführt hat. Es geht dem Vorsitzenden, wie er in seiner Ansprache sagt, auch um die Einheit des Vereins, der zur Zeit auf über die Stadt verteilten Flächen trainiert. "Wir wollen als ein Verein wahrgenommen werden." Natürlich als möglichst starker.

Der Oberbürgermeister kommt aber nicht mit leeren Händen. Es gibt konkrete Angebote und verschiedene Optionen, dem TSV zu helfen, welche die Stadt gerade prüfen lässt. Dazu gehört ein Antrag der SPD-Fraktion, das Stammgelände zum aktuellen Verkehrswert zu erwerben sowie ein Ergänzungsantrag der CSU, dem TSV die gewünschten neuen Flächen östlich der Theodor-Heuss-Straße zu kaufen. Denn die sichere Verfügbarkeit der neuen Flächen sei der Schlüssel zum Erfolg des Aussiedelungsvorhabens, sagt Hartmann. Kürzlich hat die Stadt einen Vorstoß unternommen, dem TSV Fläche zu sichern, als sie sich an der Zwangsversteigerung eines 50 000 Quadratmeter großen Grundstücks zwischen Würm und Kufsteiner Straße beteiligte. Bis zu einem Betrag von 1,25 Millionen Euro bot die Stadt laut Stadtratsbeschluss mit, doch der Zuschlag ging für 1,45 Millionen an die Erbengemeinschaft Schuster. Die Stadt hatte das Grundstück dezidiert für den TSV vorgesehen.

Günther Höchstetter fordert die Stadt zum Handeln auf. (Foto: Toni Heigl)

Würde die Stadt hingegen das Stammgelände kaufen, bekäme der TSV zwar vorerst nur einen etwa einstelligen Millionenbetrag, könnte aber schon anfangen zu reinvestieren. Der SPD-Antrag sieht vor, dem Verein später nach und nach den Betrag, den das Grundstück wert sein wird, wenn ein Bebauungsplan aufgestellt ist, auszuzahlen. Für alle Kauf- und Verkaufsüberlegungen müssen jedoch bestehende Verträge und Absprachen geprüft werden.

Zumindest eine Absprache auf Seiten des TSV scheint an diesem Abend ins Wanken zu geraten. Bisher hatte sich der TSV stets auf seine Unabhängigkeit und auf einen Mitgliederbeschluss berufen, laut dem der Sportverein nur auf eigenem Grund und Boden siedeln möchte. An diesem Abend bringen auch Vereinsmitglieder das Thema Erbpacht ins Gespräch. Beirat Günther Höchstetter fordert den OB und die Stadträte sogar auf, dem Verein die neuen Flächen zu kaufen: "Die Stadt muss mitwirken, die Grundstücke zu erwerben." So ein Mitgliederbeschluss sei doch verhandelbar, lassen später einige ältere Vereinsmitglieder vernehmen. Man könne einfach einen neuen aufstellen.

Klaus Edlbauer verlangt Taten. (Foto: Toni Heigl)

Klaus Edlbauer, zweiter Abteilungsleiter der Sparte Fußball, möchte am liebsten von Hartmann wissen, wann der Spatenstich für die neuen Gebäude auf neuem Grund sein wird - und fordert die Stadt auf, in Vorleistung zu gehen. Später würde der Verein alles zurückzahlen. "Das wären mindestens 15 Millionen Euro", antwortet der Oberbürgermeister und lässt diesen Vorschlag abprallen.

Auch die Stadträte denken offenbar eher nicht an eine über die Richtlinien hinausgehende finanzielle Unterstützung oder gar Vorfinanzierung. CSU-Fraktionsvorsitzender Dominik Härtl bietet hingegen immaterielle Hilfe an: Es könne Kontakt zu den Aktiv-Senioren hergestellt werden. Die Juristen, Unternehmer und Betriebswirte im Ruhestand hätten ihre Hilfe angeboten. Auf Dauer, erklärte wiederum Hartmann, werde der TSV aber wohl nicht daran vorbeikommen, einen hauptamtlichen Geschäftsführer einzustellen. Denn alle Arbeit im 2300 Mitglieder starken Verein ist ehrenamtlich.

Die Umzugspläne nehmen die Freizeit der TSVler stark in Beschlag. Die Stadt fordert viel, das wissen auch die Stadträte. Sie haben den Verein in einem Beschluss aufgefordert, sein Vorhaben zu konkretisieren. Die Stadträte möchten eine konkrete Kostenschätzung sehen, genaue Planungen und sie möchten wissen, ob mit der geplanten Umsiedlung denn wirklich alle Bedürfnisse gedeckt und die Zukunft gesichert ist. "Wir müssen das wissen", sagt Hartmann - und er weiß zugleich auch, dass der Verein zu vielen Punkten sagt: Das können wir jetzt noch nicht wissen.

Ganz so unkonkret, wie es am Ende des Abends aussieht, steht es um den TSV jedoch nicht. Die Ankauf-Vorschläge der Stadt von entweder altem oder neuem Gelände liegen auf dem Tisch und werden geprüft. Sowohl Stirner als auch Hartmann betonen, dass man zusammenarbeite und regelmäßig zusammentreffe. "Wir wollen es gemeinsam angehen", sagt Stirner. Der hoffnungsvolle Pragmatismus, der beide eint, könnte eine gute Grundlage sein.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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