SZ-Adventskalender:Wenn auf einmal alles anders ist

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Kurz nach der Geburt seiner Tochter verliert Ahmed seine schwerkranke Frau. Nun ist er dringend auf Hilfe angewiesen

Von Christiane Bracht, Dachau

Mit großen dunklen Augen schaut Angelina ihn an. Ahmed ist hingerissen. Er wippt sie sanft, streichelt ihr liebevoll über die Wangen und herzt sie. Angelina strahlt. Das zaubert auch Ahmed ein Lächeln ins Gesicht, obwohl ihm eigentlich gar nicht zum Lachen zumute ist. Der 32-Jährige hat gerade seine Frau verloren. Nur fünf Wochen nach der Geburt der kleinen Angelina starb Mariam (alle Namen sind geändert) - ganz plötzlich und viel schneller als erwartet. Das war Ende September. Seither kümmert sich Ahmed allein um seine kleine Tochter. Es verlangt ihm viel ab, muss er doch plötzlich kochen, putzen, wickeln, Fläschchen geben und sich um alles kümmern. Zuvor hatte Mariam alles gemacht - zumindest solange bis sie krank wurde. Ihr Tod hat ihm den Boden unter den Füßen weggezogen - und das auch in finanzieller Hinsicht.

Mariam lebte schon lange Deutschland, hatte auch einen deutschen Pass, Ahmed dagegen ist Asylbewerber. Vor drei Jahren hatte er Mariam geheiratet, doch eine Aufenthaltsgenehmigung hat er bis heute nicht. Er ist lediglich geduldet. Und das fällt ihm nun auf die Füße: Er bekommt kein Geld - zumindest vorerst nicht. Ahmed steht vor dem Nichts. Der Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung will dem Iraner in dieser schwierigen Situation beispringen. Ihm helfen, sein Überleben und das seiner Tochter zu sichern, bis die Behörden die entsprechenden Anträge bearbeitet haben. Derzeit werden seine Papiere überprüft. Dem Kriseninterventionsteam vom Amper e.V. sagte man auf Nachfrage, das könne sieben bis acht Wochen dauern. Doch dass er einen Aufenthaltstitel bekomme, sei sicher.

Ahmed hatte Mariam bei der Arbeit in einem Altenheim im Landkreis Dachau kennen und lieben gelernt. Vor gut einem Jahr wurde Mariam schwanger. Von da an war ihr permanent schlecht. Anfangs dachten die beiden, es sei normal, doch im Dachauer Krankenhaus war man da nicht so sicher. Die Ärzte behielten Mariam erst einmal da. Innerhalb von kurzer Zeit verlor die 29-Jährige 20 Kilo, berichtet Ahmed. Die gesamte Schwangerschaft hindurch lag sie in der Klinik, alle drei Monate in einer anderen. Erst in der letzten, in Großhadern, hieß es: "Wir denken, sie hat Krebs", erzählt Ahmed. Doch eine genauere Diagnose konnten die Ärzte nicht stellen, denn das Kind war im Bauch und Mariam wollte es auf jeden Fall zur Welt bringen. Angelina wurde schließlich sieben Wochen früher geholt. Bei den folgenden Untersuchungen stellte sich schnell heraus, dass Mariam Bauchspeicheldrüsenkrebs hatte und zwar in recht fortgeschrittenem Stadium. So bald als möglich begann man mit einer Chemotherapie. "Die erste Woche verlief gut", erinnert sich Ahmed. "In der zweiten Woche war Mariam sehr müde. Dann starb sie."

Sofort entbrannte zwischen Ahmed und Mariams Familie ein erbitterter Streit, der in gegenseitigen Schuldzuweisungen gipfelte. Ahmed bekommt jedenfalls keinerlei Unterstützung von der Familie. Freunde, sagt Ahmed, habe er keine. Nur Angelina. Und darüber "bin ich froh", sagt er.

Als Mariams Arbeitskollegen von ihrem plötzlichen Tod erfuhren, waren sie so erschüttert, dass sie sofort Geld für Angelina und Ahmed sammelten. Es kam erstaunlich viel zusammen. Ahmed zahlte davon vor allem die für November fällige Miete, andernfalls wären Vater und Tochter bereits obdachlos. Doch auch im Dezember muss er wieder Miete zahlen. Zwar hat das Ausländeramt inzwischen signalisiert, die Hälfte übernehmen zu wollen, aber die beiden brauchen auch Lebensmittel und Windeln. Der SZ-Adventskalender will sie damit unbürokratisch und schnell unterstützen.

© SZ vom 29.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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