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Wie eine vierfache Mutter nach einer Serie schwerer Schicksalsschläge versucht, wieder ein geordnetes Leben zu führen

Von Daniela Gorgs, Dachau

Nach der Scheidung ging es steil bergab. Irgendwann weinte Silvia Müller (Namen von der Redaktion geändert) nur noch. Ihre Kinder standen hilflos neben ihr. Die Lebensängste der damals 36-jährigen vierfachen Mutter nahmen überhand. Sie landete in der Psychiatrie. Noch heute, 18 Jahre später, kann Silvia Müller nur schwer über ihren Schmerz sprechen. Sie sagt: "Ich habe gekämpft, gekämpft, gekämpft. Und immer eine drauf bekommen."

Auf 40 000 Euro Schulden saß Silvia Müller nach ihrer Scheidung. Sie hatte damals für ihren Ehemann gebürgt, der ein Unternehmen führte. Das ging pleite. Schlimmer noch als die finanzielle Situation war für sie, dass sich drei ihrer Kinder von ihr abwandten. "Sie haben halt ihrem Vater geglaubt", berichtet die 54-Jährige. Nur der jüngste Sohn hielt zu ihr. Als ein paar Jahre später ihre Mutter starb, verlor Silvia Müller noch einmal den Boden unter ihren Füßen. "Ich habe mich am Sterbebett meiner Mutter hilflos und ohnmächtig gefühlt." Aber auch über diesen Schicksalsschlag kam sie hinweg.

Heute führt die 54-Jährige ein selbständiges Leben, ist nicht mehr von der Dachauer Tafel abhängig. Und kann sich doch nichts leisten. An einen Tannenbaum zum Beispiel ist nicht zu denken. Wie gerne würde sie die Wohnung weihnachtlich gestalten, wenn ihr jüngster Sohn an Heiligabend zu Besuch kommt. Sie arbeitet Vollzeit und kann keinerlei finanzielle Reserven aufbauen. Das bereitet ihr große Sorgen.

Einmal verlor sie ihre Arbeitsstelle, weil ihr Auto kaputt ging und sie vom Hinterland aus nicht in die Arbeit fahren konnte. Jetzt bräuchte ihr Wagen Winterreifen - eine Ausgabe, die sich Silvia Müller ebenso wenig leisten kann wie einen weiteren Werkstattbesuch. Das Auto verliert Öl.

Die 54-Jährige lebt alleine, ihre sozialen Kontakte sind spärlich. Doch hat sie in einem Pfarrer einen guten Zuhörer gefunden, der ihr in Gesprächen immer wieder Mut macht. So hat Silvia Müller auch die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sie irgendwann ihren drei Kindern zufällig über den Weg läuft oder sich diese sogar bei ihr melden.

© SZ vom 10.12.2015 / lela - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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