SZ-Adventskalender:Geist der Geradlinigkeit

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Gesangsensemble "Cantori" zeigt das St. Galler Weihnachtsspiel und setzt dabei auf die Basis der Entstehungsgeschichte

Von Lina Brückner, Dachau

Sein Auftritt in der ehemaligen MD-Papierfabrik im vergangenen Juli wurde kurzfristig abgesagt, deswegen musste das Gesangsensemble "Cantori" um Leiter Jürgen Rothaug die Aufführung auf Oktober verschieben. Und auch nach dem erfolgreichen Auftritt im Herbst will wieder nicht alles klappen. Eigentlich sollte Rothaug das "St. Galler Weihnachtsspiel" in Bergkirchen präsentieren, musste sich aber wieder kurzfristig einen neuen Aufführungsort suchen. Da das Ensemble ein freier Chor und nicht an eine Kirche gebunden sei, habe es stets die schwierige Aufgabe, "einen Unterschlupf für geistliche Aufführungen zu finden", sagt der Organisator. Nun findet die Aufführung des Weihnachtsspiels am Sonntag, 29. Dezember, - und damit nicht wie vorerst angekündigt am 28. Dezember - um 16.30 Uhr im Kloster Karmel in Dachau statt. Der Eintritt ist frei, Spenden kommen traditionell dem SZ-Adventskalender zugute. Jürgen Rothaugs Erfahrung zeigt: "Wer kommt, der spendet auch."

Mit dem St. Galler Weihnachtsspiel hat sich Rothaug nicht erst im Vorfeld der Aufführung intensiv beschäftigt. Vor mehr als 20 Jahren sei er auf das Stück gestoßen und habe danach angefangen, es aus dem Mittelhochdeutschen zu übersetzen, erzählt er. "Für mich persönlich ist das Weihnachtsspiel die geradlinigste Umsetzung des weihnachtlichen Geschehens." Rothaug spricht von "Stationen, die in der Geschichte stecken und die Menschen anziehen". Mittelalterliche Mysterienspiele sind für ihn die "Basis der Entstehungsgeschichte". Er erklärt, zu verschiedenen Ereignissen des Kirchenjahres seien bestimmte Zeremonien entwickelt worden. Da die Leute die lateinische Sprache nicht beherrschten, sei der Inhalt in schlichten, statischen Szenen dargestellt worden. Diese Idee übernimmt Rothaug nun für seine Aufführung: "Der Mensch braucht das farbige Bild." Außerdem sollten die Leute, die das Geschehen auf der Bühne darstellen, es auch verstehen, meint der Organisator. Aus diesem Grund habe auch das Übersetzen des mittelhochdeutschen Textes mit seinem fließenden Sprachduktus einiges an Aufwand gekostet.

Die Spenden des Konzerts von Jürgen Rothaugs Chor "Cantori" kommen dem SZ-Adventskalender zugute. (Foto: Toni Heigl)

Von seinem Ensemble, das im Oktober mit elf Sängern auftrat, beteiligen sich nur sechs Darsteller an dem Weihnachtsspiel. "Der Gesang hat eine ergänzende Aufgabe", sagt Rothaug. Dazu habe er Schauspieler ausgesucht, die alle keine professionelle Ausbildung haben, die er sich aber gut für das Mysterienspiel vorstellen könne. Unter ihnen ist auch der Bergkirchener Bürgermeister Simon Landmann. Um "das Rollenverhalten in einen Menschen hineinzutragen", schaut Rothaug, wen er mit welcher Rolle identifizieren kann. "Ich könnte mich an eine Theatergruppe wenden, aber das will ich nicht." Beim Mysterienspiel sei man mit Laien viel näher am Charakter und an der Aufgabe des Stücks, begründet er. "Ich habe eine Idee, aber die Menschen zu finden, die diese Idee mittragen, ist das Entscheidende", sagt Rothaug. Und da die Darsteller hauptberuflich anderweitig unterwegs sind, kommt er ihnen entgegen: "Es muss niemand auswendig lernen." Stattdessen verstecke er ein Textmerkblatt gerne einmal hinter einer ausgerollten Prophetenrolle oder in einem aufgeschlagenen Buch.

Vor Jahrzehnten hat Jürgen Rothaug beim "Weihnachtsansingen" mit dem Dachauer Volkschor, den er 24 Jahre lang leitete, vom SZ-Adventskalender erfahren. Er sagt, es sei für ihn "eine ganz persönliche Notwendigkeit, zu unterstützen und zu helfen". So habe er bereits während des Studiums verwitwete Frauen betreut, die Hilfe gebraucht haben. Auch mit der kommenden Benefizaufführung will Rothaug die Leute dazu motivieren, Geld zu spenden, und so die Idee des SZ-Adventskalenders weiterzutragen. Bei der Aufführung wird er deswegen auch die einzelnen Fälle vorstellen und klar machen: "Da kann man nicht anders, als zu helfen." Wichtig ist ihm, dass die Spenden an Bedürftige im Dachauer Land weitergegeben werden.

Vor dem Hintergrund jahrelanger Zusammenarbeit mit dem SZ-Adventskalender will er "dieser Linie treu bleiben". Und laut Rothaug ist es auch für die Akteure hilfreich, Kontinuität bei der Projektarbeit zu haben. Sein größter Wunsch sei es, bedürftige Menschen einmal einzuladen zu seiner Benefizveranstaltung. "Das funktioniert, auch in jeder Form der Anonymität", meint der Ensembleleiter.

Am Sonntag, 29. Dezember, wenn das St. Galler Weihnachtsspiel aufgeführt wird, ist Weihnachten schon ein paar Tage vorbei. Doch das hat Jürgen Rothaug ganz bewusst so ausgewählt. Er sagt: "Ich will zeigen, dass es über die gesamte Weihnachtszeit, also vom 8. Dezember bis zum 6. Januar, eine Verbindung gibt."

© SZ vom 19.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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