Starkbierfest Karlsfest:Humor ist, wenn man trotzdem lacht

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Alles ist wieder zugeparkt: Monika von Mullert und Gabi Timm schimpfen über den Verkehr in Karlsfeld. (Foto: Toni Heigl)

Bei der Traditionsveranstaltung des TSV Karlsfeld zieht Alfred Mertl die Gemeindepolitik durch den Kakao - doch der spritzigste Moment des Abends ist das Anzapfen.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Zwei Schläge, und der Zapfhahn sitzt. Das zwölfte Starkbierfest des TSV Eintracht Karlsfeld im ausverkauften Bürgerhaus hat begonnen. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) schenkt die erste Maß ein, da rutscht ihm der Krug fast aus der Hand. Und weil das Bier noch zögerlich läuft, setzt er zwei Schläge nach, das Augustiner-Gebräu schießt aus dem Fass und überflutet die Bühne. Anzapfprofi Kolbe ist es ein wenig peinlich. Aber alles halb so schlimm. Der Einsatz eines Wischmopps bereinigt das Problem schnell wieder.

Leider bleibt die Explosion am Zapfhahn einer der spritzigsten Momente an diesem dreistündigen Abend. Die Traditionsveranstaltung des "noch größten Vereins im Landkreis" gerät humoristisch etwas schal und politisch arg oberflächlich. Statt kluger Analyse jede Menge Klischees und hohles Gewitzel, da hat man bei TSV-Starkbierfesten schon Besseres gesehen. Die Fraktionsvorsitzende der Bündnis-Fraktion, Mechthild Hofner, die bereits zweimal als Bürgermeisterkandidatin gegen Kolbe verloren hat, wird von Christa Nuffert mit einem Ständchen verspottet, "Chancenlos durch die Wahl", frei nach Helene Fischer. Verkehrsreferent Bernd Wanka (CSU) bekommt die Bezeichnung "Dobrindt von Karlsfeld"aufgedrückt, was eine herrliche Gemeinheit gewesen wäre, wäre Wanka nicht ein grundsolider Fachpolitiker. Er ist alles andere als ein Dobrindt. Aber gut, Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Festredner Alfred Mertl nimmt das Bündnis für Karlsfeld ins Visier. (Foto: Toni Heigl)

Als prominenteste Gäste begrüßt Festredner Alfred Mertl das politische Dreigestirn der Stefans; den am Zapfhahn verunglückten Stefan Kolbe, sein - Achtung Wortwitz - "Handl-anger und Stellvertreter Stefan Handl", sowie Landrat Stefan Löwl. Diesen Stefan erklärt Mertl schon mal zum "gewichtigen Kandidaten" für das Amt des Ministerpräsidenten. "Von den Talkshows ins Maximilianeum ist der Weg ja nicht weit." Löwl lacht freundlich. Es geht ja auch nur um Karlsfeld, und das Löwlsche Überthema Flüchtlinge bleibt komplett ausgeblendet. Warum eigentlich?

Im Visier stehen die "Neinsager" vom Bündnis für Karlsfeld

Im Visier stehen dafür die "Neinsager" vom Bündnis für Karlsfeld, die gegen das geplante Gewerbegebiet im Grünzug zu Dachau opponieren. Die sollten endlich das Mehrheitsvotum im Gemeinderat akzeptieren, fordert Mertl, "sonst braucht es keine Demokratie". Und wie solle die Gemeinde ihre vielen Aufgaben sonst in Zukunft noch stemmen? Was Mertl nicht explizit sagt, aber jedes TSV-Mitglied weiß: Zu diesen Aufgaben gehört auch die dringend notwendige Erweiterung des Sportgeländes.

Glanzpunkte setzt Mertl vor allem dann, wenn es um die Ortsentwicklung geht. "Früher habens wuid gebaut, jetzt bauens wie die Wuiden." Die Umgestaltung der Münchner Straße, der Karlsfelder "Stadtautobahn", vergleicht er mit einer Frau, die schon 20 Schönheitsoperationen hinter sich hat. "Danach schaut's nicht besser aus, aber anders." Auch an der Neuen Mitte sind die Betonblöcke schon hochgezogen und das Rathaus "ganz eingekastelt". Und dann gibt's ja noch den neuen Stadtteil am Prinzenpark, wo alles so dicht bebaut ist, und mittendrin den 179 Meter langen Komplex für Betreutes Wohnen. Mertl fühlt sich an die DDR-Prachtplattenbauten an der Ostsee erinnert und sieht die schnell alternde Gemeinde 2020 schon als "Hauptstadt für Betreutes Wohnen". Seine Hautptsorge angesichts des demografischen Wandels: Kann sich die Gemeinde die Hendlgutscheine für die vielen Senioren am Siedlerfest künftig noch leisten?

Es geht um Karlsfelds Verkehrsprobleme: Alles ist zugeparkt

Auch die Ratschkatteln, gespielt von Monika von Mullert und Gabi Timm, haben wieder ihren Auftritt. Diesmal geht es um Karlsfelds Verkehrsprobleme: Alles ist zugeparkt. Der Gegenverkehr zwingt zum ständigen Warten. Wer sich schnell durchwieseln will, wird geblitzt. Wer steht, wird abgeschleppt. Als Sidekick geistert Ludwig Thomas "Münchner im Himmel" durch den Saal, Dienstmann Aloisius Hingerl, den Mertls Co-Autor Oliver Keim verkörpert. Leider geht diesem schluffigen Aloisius der richtige Grant ab und die göttliche Eingebung hat er auch noch nicht dabei. Nach diesem eher schwachen Jahrgang ruhen die Hoffnungen nun auf einem etwas gehaltvolleren TSV-Starkbierfest 2018.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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