Forstwirtschaft Schwabhausen:"Die Tanne ist die Praline"

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30 Interessierte spazieren mit Försterin und Jagdpächter durch den Rumeltshauser Forst. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bei einem Waldspaziergang durch den Rumeltshauser Forst erklärt Försterin Felicitas Hrabal den Konflikt "Wald gegen Wild". Jagdpächter Roderich von Beust wünscht sich eine höhere Abschussrate für Rehe.

Von Alexandra Vettori, Schwabhausen

Noch weniger Wald als im Landkreis Dachau gibt es nur im Erdinger Land, dort sind es laut Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten 13 Prozent der Fläche, im Dachauer Land 17 Prozent. Dem Interesse am Wald tut das keinen Abbruch. Es gibt Kurse in Waldbaden, Kräutersammeln oder Spaziergänge unter fachlicher Leitung. Zu einem solchen hat am Montag die Dachauer Kreisbäuerin Heidi Patzelt in den Rumeltshauser Forst eingeladen. "Der Wald betrifft alle", erklärt sie ihr Motiv, dem die etwa 30 Interessierten vorbehaltlos zustimmen.

Der Frühling zieht heuer spät ins Land, Kirsch- und Schlehenblüten am Waldrand öffnen sich nur zögerlich. Dennoch empfängt viel sprießendes Grün die Besucher. Für die Fachinformationen sorgen Staatsförsterin Felicitas Hrabal und der Rumeltshauser Jagdpächter Roderich von Beust. Was den Fußmarsch beschwerlich macht - überall herumliegende abgeschnittene Äste -, findet gleich das Lob von Försterin Hrabal, "da kümmert sich jemand um die Pflege". Das heißt: Der Wald muss regelmäßig ausgelichtet werden, um den Bäumen, die wachsen sollen, mehr Licht zu gewähren.

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Die Waldverjüngung freilich, so Roderich von Beust, ist mühsam und teuer: "Für viele Millionen Euro werden jedes Jahr Bäume gekauft, dabei könnte sich der Wald eigentlich von selbst verjüngen." Zum Kaufen und Pflanzen komme, dass die jungen Bäume dann noch acht bis zehn Jahre vor dem Zugriff des Rehwildes geschützt werden müssten, entweder durch einen Zaun oder durch Schutzgitter um jeden Baum. Das Wild nämlich frisst am liebsten junge Bäume, wenn auch nicht alle gleich gerne, wie Försterin Hrabal erläutert: "Für Rehe ist die Fichte das Kohlgemüse unter den Baumarten, der Schweinsbraten sind Ahorn und Edel-Laubholz, die Tanne ist die Praline."

Auf jeden Fall frisst das Rehwild zu viel, weshalb es nach Ansicht der Waldwirtschaft-Betreibenden dezimiert werden soll. Die Öffentlichkeit aus Erholungssuchenden, Waldinteressierten und Naturliebhaberinnen sieht das anders und möchte viele Wildtiere sehen. "Die Jagd steht da oft im Kreuzfeuer", erklärt Beust. Dass wenig Wild zu sehen ist, versichert er, liege nicht daran, dass es so wenig gäbe. Vielmehr werde es wegen des Erholungsdrucks immer scheuer, komme erst in der Dämmerung zum Vorschein. 16 Rehe schießt er laut Plan im Jahr, auf einer Fläche von 250 bis 300 Hektar. Er will eine höhere Abschussrate beantragen und wünscht sich das für weitere Reviere: "Wenn nur an einer Stelle scharf bejagt wird, bringt das nichts."

Staatsförsterin Felicitas Hrabal berät Waldbesitzer beim Umbau von Fichtenmonokulturen zu einem stabileren Mischwald. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Graf Roderich von Beust ist Jagdpächter mit einem Herz für den Wald. Er plädiert für höhere Abschussquoten. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Waldbesitzer schützen Neuanpflanzungen mit Zäunen oder einzelne Bäume mit Freiwuchsgittern vor Wildverbiss. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Dem aber steht laut Kreisjagdberater Clemens von Trebra-Lindenau nicht nur die tierliebe Öffentlichkeit entgegen, sondern auch ein Trend, der sich seit einigen Jahren auch in den 115 Jagdrevieren im Landkreis abzeichnet. "Es werden Jagden hochpreisig vergeben an irgendwelche Leute von außerhalb." Da aber stehe oft das Jagderlebnis im Vordergrund, nicht die Pflege des Waldes. Abgesehen vom guten Beispiel des Reviers Rumeltshausen, wo ein Hiesiger die Jagd habe und damit präsenter Ansprechpartner sei, kennt der Kreisjagdberater noch ein weiteres positives Beispiel aus dem Landkreis.

In der Gegend um Weichs haben sich 2015 die Waldbesitzer zu einer Jagdgenossenschaft zusammengeschlossen, die Jäger zahlen keine Pachten, finanziert wird die Jagd mit dem Wild, die Abschussquote wurde erhöht. "Innerhalb von fünf bis sechs Jahren hat sich das Waldbild positiv verändert", so von Trebra-Lindenau.

Ein großes Problem sind Fichten-Monokulturen

Försterin Felicitas Hrabal zeigt auf dem weiteren Weg, dass die Probleme im Wald nicht nur auf das Konto der Rehe gehen. Ein Grund sind auch die vielen Fichten-Monokulturen. Die sind instabil und anfällig für Schadinsekten, wie die ständigen Borkenkäferplagen zeigen. Dass Waldbesitzer sie trotzdem so gerne angebaut haben und das durchaus immer noch tun, liegt an dem schnellen Wachstum der Fichten, das vergleichsweise rasch Einkünfte bringt.

Heute, betont Roderich von Beust, der auch Landwirt ist, gebe es ein anderes Bewusstsein, schon wegen des Klimawandels, mit dem die Fichte Probleme hat. Um den Umbau zu resistenteren Misch- und Laubwälder zu fördern, gewährt der Staat Zuschüsse für Jungbäume, wenn sie zukunftsweisend und an den Standort angepasst sind. Felicitas Hrabal ist auch zuständig für die stichprobenartigen Kontrollen; passt die Pflanzung nicht, muss das Fördergeld zurückgezahlt werden. An einer Stelle sind kleine Douglasien-Stecklinge im Waldboden. Die, sagt die Försterin, seien nicht ideal für diesen eher dunklen und feuchten Standort, "dafür hätte es keine Förderung gegeben".

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