Rockszene Karlsfeld:Licht am Ende des Tunnels

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Bislang trifft sich die Karlsfelder Rockszene zum Proben in einem Kuhstall. Doch der wird abgerissen und die Bands stehen auf der Straße. Bislang suchen sie vergeblich nach Alternativen. Ihre letzte Hoffnung: eine Fußgängerunterführung.

Gregor Schiegl

Es ist dunkel hier unten, einsam, und es riecht nicht gut. Seitdem es am Hotel Europa eine Ampel gibt, benutzt kaum noch ein Mensch die Fußgängerunterführung unter der vierspurigen Münchner Straße. Seit Jahren ist die Rede davon, man solle den trostlosen Gang doch einfach zuzuschütten. Gemacht hat man es bis heute nicht. Vielleicht erweist sich das noch als Glücksfall für Karlsfelds Rockszene, die von September an buchstäblich auf der Straße steht.

Roland Söns, Gitarrist der Band "Godwave", steht schon einmal Modell in der verwaisten Unterführung, die künftig Probenraum der Band sein könnte. (Foto: DAH)

Oder darunter.

"Wir haben herumgeblödelt, das könnte unser neuer Bandübungsraum werden", sagt Veronika "Vroen Hauger", Schlagzeugerin der Bands Godwave und Kitty City Rockers. Es war nur ein Scherz, zunächst. Aber die verrückt anmutende Idee, von der später noch die Rede sein wird, ist womöglich die letzte Hoffnung für Karlsfelds Rockszene.

Im September wird das ehemalige Heimatmuseum abgerissen und mit ihm der dahinterstehende Kuhstall, um einem modernen Ärztehaus Platz zu machen. Das Heimatmuseum ist bereits umgezogen ins Alte Rathaus. Nur für die Gruppe von etwa 20 jungen Musikern, die den Kuhstall 1996 zu einem erstklassigen Bandübungsraum auf 35Quadratmetern ausgebaut hat, gibt es keine neue Bleibe: die Kitty City Rockers, 8, Godwave, Shout of Society und eine weitere Band, die noch keinen Namen hat - alle sitzen in der Tinte. Und nicht nur sie: auch Stefan Baldauf, der auf der anderen Seite der Wand im alten Stall 13Schülern Schlagzeugunterricht gibt.

Man sollte meinen, dass es so schwierig nicht sein kann, einen Raum zu finden mit 40 bis 60Quadratmetern, irgendwo. Einen Raum, in dem es Strom gibt und eine Tür, die man absperren kann, damit das teure Equipment nicht gestohlen wird. Aber selbst Bernd Rothfuß, den Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) den Musikern zur Seite gestellt hat, sieht wenig Möglichkeiten, "es gibt nur wenige Leerstände."

Und die wenigen, die es gebe, seien für Bands kaum geeignet. Die kleinen liegen alle in Wohn- und Mischgebieten. Kein gutes Umfeld für laute Rockbands. Im Gewerbegebiet gibt es fast nur große Flächen, 100 Quadratmeter und mehr. "Das wäre vielleicht eine Option, wenn ihr noch ein paar weitere Bands findet, mit denen ihr euch zusammentun könnt", sagt Rothfuß. Zwei oder drei Räume hat er noch im Portfolio, die vielleicht doch in Frage kämen. "Das entscheidet sich in den kommen Wochen", sagt er. Aber große Hoffnung kann er den Musikern nicht machen: "Es ist wahnsinnig schwierig."

Sie suchen längst nicht mehr nur in Karlsfeld. Aber in Dachau seien die Listen für die Bandübungsräume auf dem ehemaligen MD-Gelände längst voll, sagt Schlagzeugerin Vroen. Also keine Chance, in München ginge es theoretisch, sagt Vroni Gast, Gitarristin der Kitty City Rockers. "Aber es ist eine Unverschämtheit, was die Vermieter dort verlangen." Bei ihrem Karlsfelder Vermieter sind sie mit 300 Euro im Monat dabei - alle Bands zusammen. Aber wo gibt es so etwas denn heute noch? So kamen sie auf die Idee mit der Unterführung.

Die müsste man natürlich umbauen, vielleicht gesponsert von Firmen. Aber geht das überhaupt? Das Bauwerk gehört dem Staatlichen Bauamt Freising, nicht der Gemeinde. Das, sagt Karlsfelds Bauamtsleiter Günter Endres, wäre kein unüberwindbares Problem. Nur: "Man müsste grundsätzlich prüfen, ob so etwas baurechtlich überhaupt möglich ist." Er habe noch nie von einem vergleichbaren Fall gehört, "das wäre Neuland". Nichtsdestotrotz finde er die Idee interessant, "das ist sicher eine Diskussion wert."

Ganz neu ist die Idee nicht. So beantragte der Vorsitzende der Karlsfelder Werbegemeinschaft Michael Gold vor einigen Jahren, die Unterführung in einen Partykeller umzubauen. Und schon vor zehn Jahren stemmte sich die Kulturreferentin Anni Kolbinger (CSU) dagegen, den Gang zuzuschütten - man könne ja dort Probenräume einrichten. Diese Idee ist ast nun aktueller denn je. "Es wäre eine toll Sache, wenn das machbar wäre", sagt sie. Es dürfte nur nicht zu viel kosten, der Gemeinderat müsse mitziehen.

Die Musiker suchen indes weiter nach einem Probenort für mindestens weitere fünf Jahre. Hinweise nimmt Roland Söns unter 0163/8430903 entgegen und seine Bandkollegen unter info@godwave.de oder info@kittycityrockers.de.

© SZ vom 08.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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