Wirtschaftsförderung in Dachau:Comeback auf dem Rechtsweg

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Zumindest wenn es nach dem Münchner Arbeitsgericht geht, kann Robert Danzer an seine alte Wirkungsstätte, das Dachauer Rathaus, zurückkehren. (Foto: Toni Heigl)

Die Stadt Dachau hat ihrem Wirtschaftsförderer fristlos gekündigt. Dagegen hat Robert Danzer vor dem Arbeitsgericht in München geklagt - und recht bekommen. Bleibt die Frage: Kehrt er nun tatsächlich ins Rathaus zurück?

Von Anna Schwarz, Dachau

Vor rund einem halben Jahr bekam der ehemalige Wirtschaftsförderer der Stadt Dachau eine fristlose Kündigung, die der Stadtrat in einer nicht-öffentlichen Sitzung beschlossen hatte. Gegen diese Kündigung klagte Robert Danzer vor dem Arbeitsgericht München, dort wurde am Mittwoch das Urteil verkündet: Das Gericht gab ihm in vollem Umfang recht, teilt ein Gerichtssprecher mit. Damit unterlag die Stadt und muss den Wirtschaftsförderer nun weiter beschäftigen, dem sie bereits gekündigt hatte. Die Urteilsbegründung wird in den kommenden Wochen erwartet. Eines steht jedoch fest: Der Fall ist komplex. Denn laut Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) habe man bereits einen Nachfolger für die Leitung der Wirtschaftsförderung gefunden, der die Stelle ab Januar 2023 antreten soll. Danzer selbst möchte sich nicht öffentlich zur Sache äußern, es handle sich um eine "interne Personalangelegenheit".

Als er die Wirtschaftsförderung im Dachauer Rathaus Anfang 2021 übernahm, waren noch alle guten Mutes - doch seit vergangenem April erschien er nicht mehr im Büro. Grund für seine Kündigung waren schwere Zerwürfnisse zwischen ihm und seinem Vorgesetzten, Stadtkämmerer Thomas Ernst. Das wurde beim Prozess vor dem Münchner Arbeitsgericht im Juli öffentlich: Unter anderem zweifelte Danzer in E-Mails und in einer Beschwerde an Oberbürgermeister Florian Hartmann an der fachlichen Kompetenz Ernsts.

"Er hat an der Demontage seines Vorgesetzten gearbeitet."

Bei der Verhandlung zitierte die Personalleiterin im Rathaus, Martina Hubrig, aus einer Personalratsanhörung: Demnach soll Danzer geschrieben haben, dass Ernst gegen Verbesserungsvorschlägen immun sei und jegliche Lernbereitschaft verweigere, er attestierte seinem Chef "fachliche Defizite". In einer E-Mail fragte der Wirtschaftsförderer außerdem, ob Ernst in den vergangenen Jahren schon einmal zum Telefonhörer gegriffen habe, um sich fachlichen Rat von außerhalb zu holen. Danzer habe die E-Mails an den OB und verschiedene Abteilungen geschickt, sagte Jürgen Kopf, der Rechtsanwalt der Stadt. Dies habe zu großen Verwerfungen geführt und sei alles andere als üblich. "Er hat an der Demontage seines Vorgesetzten gearbeitet", so Kopf. Die Art und Weise des Umgangs miteinander, sei der Grund für die Kündigung gewesen.

Danzer verteidigte sich vor Gericht gegen die Vorwürfe, widersprach ihnen aber nicht im Inhalt. Ernst habe "Desinteresse und Gleichgültigkeit" gegenüber seiner Arbeit als Wirtschaftsförderer gezeigt, deshalb habe er sich im Februar schriftlich bei OB Hartmann beschwert und ihn gedrängt, die Stabsstelle Wirtschaftsförderung aus der Stadtkämmerei auszulagern. Außerdem betonte Danzer, dass er E-Mails nie an verschiedene Abteilungen geschickt habe, stattdessen habe er diese "sachlich fundiert" lediglich dem OB dargelegt. Deshalb sah er keinen Grund, das Arbeitsverhältnis zu beenden - das Urteil des Arbeitsgerichts bestätigt nun diese Sichtweise.

"Es ist uns nicht geholfen, wenn wir ihn nun in ein dunkles Kämmerchen schubsen."

Grundsätzlich findet es OB Hartmann "natürlich schade, wenn es zu Gerichtsprozessen kommt". Doch hier prallten wohl unterschiedliche Auffassungen aufeinander, über die ein Gericht entscheiden musste. Er, so Hartmann, nehme das Urteil nun zur Kenntnis: "Wie die Stadt damit umgeht, ist im Stadtrat zu entscheiden. Von dieser Entscheidung hängt auch das weitere Vorgehen ab." Zunächst warte man noch die Urteilsbegründung ab und wolle dann abwägen, ob die Stadt Berufung gegen das Urteil einlegt oder nicht. "Aktuell ist Herr Danzer nicht im Haus", so Hartmann weiter.

Auf SZ-Anfrage erklärt Stadtrat und CSU-Fraktionsvorsitzender Florian Schiller zum Urteil des Arbeitsgerichts, dass es gezeigt habe, "dass Rathaus-Mitarbeiter auch fachliche Kritik an ihren Vorgesetzten üben dürfen - und das ist auch gut so", die Stadt müsse das Urteil nun wohl so annehmen. Außerdem plädiert er dafür, die fachliche Expertise von Danzer zu nutzen, die er in der Vergangenheit schon bewiesen habe. Unter anderem hat er sich dafür eingesetzt, dass in Dachau ein Gründerzentrum entsteht: "Es ist uns nicht geholfen, wenn wir Herrn Danzer nun in ein dunkles Kämmerchen schubsen", sagt Schiller.

Schließlich warten Unternehmer schon monatelang darauf, dass die Stelle des Wirtschaftsförderers wieder besetzt wird, OB Hartmann musste dafür viel Kritik einstecken. Werner Mooseder, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Dachau, kritisierte etwa, dass "das aktuelle personelle Vakuum in der städtischen Wirtschaftsförderung den Unternehmen und Selbständigen über die Stadtgrenzen hinaus großen Unmut bereitet", schließlich sei sie eine Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik. Auch Korbinian Urban, der Kreissprecher der Wirtschaftsjunioren Dachau, betonte, dass eine funktionierende Wirtschaftsförderung im Rathaus besonders für Gründerinnen und Gründer wichtig sei, die sich Dachau als neuen Firmensitz aussuchen.

"Die Stadt wird prüfen, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt wird."

Doch schon bevor Robert Danzer 2021 den Leitungsposten übernahm, hatte es jahrelang personelle Probleme bei der städtischen Wirtschaftsförderung gegeben. Ausgerechnet während der Hochphase der Corona-Pandemie im April 2020 musste Hartmann zugeben, dass die Wirtschaftsförderung als "direkter Ansprechpartner für Einzelhändler, Gewerbetreibende und Unternehmer" aktuell nicht existiere. Wer nun auf der Website der Stadt Dachau nach der Wirtschaftsförderung sucht, wird immer noch vertröstet: Anstelle des Namens der Leitung steht immer noch N.N. - eine Abkürzung für das lateinische "Nomen nominandum", der Name ist also noch zu benennen. Wird dort in Zukunft wieder der Name Robert Danzer stehen?

In den vergangenen Monaten seien die Anliegen der Unternehmer auch über seinen Tisch gelaufen, erklärt Hartmann. Sie wenden sich etwa an die Wirtschaftsförderung, wenn sie ihren Betrieb erweitern oder sich mit hier ansässigen Firmen vernetzen wollen. Zu den Vorwürfen, dass die Stelle sehr lange unbesetzt blieb, sagt Hartmann: "Allen Beteiligten war es klar, dass der Prozess, einen Nachfolger zu finden, so lange andauert." Nun hat man gleich zwei Kandidaten für das Amt.

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