Prozess in München:Saddams verschollene Millionen

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Wo ist das Geld des toten Diktators? Angeblich in der Nähe von Dachau. Mit einer haarsträubenden Geschichte knöpfen Gauner einer Frau 6500 Euro ab - jetzt stehen sie in München vor Gericht.

Andreas Salch

Genaugenommen klangen die Geschichten abstrus. Sehr abstrus sogar. Doch das verlockende Versprechen, kinderleicht an einen ordentlichen Batzen Geld zu kommen, ließ die Opfer schwach werden. Mitte März vergangenen Jahres erhielt Gisela M., die nördlich von Dachau lebt, von einem James H. eine Mail. Der ihr völlig unbekannte Mann schrieb, er sei Angehöriger einer Einheit der USArmy, die in den Besitz eines Teils des Privatvermögens von Saddam Hussein gelangt sei. Es handele sich um sage und schreibe 18,6 Millionen US-Dollar.

Damit zahlten die Iraker, als Saddam Hussein noch das Land beherrschte: Ein irakischer 250-Dinar-Schein. (Foto: REUTERS)

James H. versprach Gisela M. sie könne dreißig Prozent der Summe bekommen. Vorausgesetzt sie bewahre einen Koffer mit den Millionen des irakischen Ex-Diktators bei sich auf. Gisela M. ließ sich auf den Handel ein. Aus den in Aussicht gestellten Millionen wurde natürlich nichts. Stattdessen verlor sie 6500 Euro.

Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge ist Gisela M. einer Bande aus Afrika aufgesessen. Außer Gisela M. soll sie noch vier weitere Personen über den Tisch gezogen haben. Zwei ihrer Mitglieder sind den Fahndern im Juni vorigen Jahres ins Netz gegangen: CollinsO., 38, und Ocunade O., 32. Sie müssen sich seit Dienstag vor dem Landgericht München II wegen bandenmäßigen Betrugs und Geldfälschung verantworten.

Nachdem sich Gisela M. auf die dubios Offerte des Komplizen der beiden Angeklagten eingelassen hatte, war sie zwei Wochen nach Erhalt der ersten Mail von James H. nach Amsterdam gereist - mit 6500 Euro im Gepäck. Das Geld übergab sie Komplizen von Collins O. und Ocunade O. und erhielt dafür im Gegenzug einen Metallkoffer mit gefälschten 100 US-Dollar-Banknoten. Unter dem Vorwand, dass der restliche Teil des Geldes vor der Übergabe an sie erst noch chemisch gereinigt werden müsse, reiste Gisela M. wieder nach Hause.

Erst jetzt, nach dem Treffen in Amsterdam, wurde M. stutzig und schaltete die Polizei ein. Zum Schein ließ sie sich auf ein zweites Treffen mit den beiden Angeklagten in Stuttgart Mitte Mai ein. Bei diesem Termin, so hatte man ihr versichert, bekomme sie einen Koffer mit dem restlichen Geld. Wenn sie noch einmal 2500 Euro zahle, werde ihr das vermeintlich millionenschwere Gepäckstück durch Collins O. am Stuttgarter Hauptbahnhof überreicht.

Noch bevor der 38-Jährige mit den 2500 Euro sich wieder davonmachte, um den Koffer mit den angeblichen Millionen Saddams zu holen, griff die Polizei zu und nahm O. fest. Kurz darauf legten die Ermittler auch Ocunade O. die Handschellen an. Er wartete auf seinen Komplizen in einer Stuttgarter Pension mit einem Koffer. Doch der enthielt statt Geldscheinen lediglich weiße Papierstreifen in der Größe von Banknoten.

Collins O. und Ocunade O. legten zum Auftakt der Verhandlung Teilgeständnisse ab. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 18.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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