Urteil gefallen:Vor den Augen ihrer Tochter: Frau von wirrem Täter attackiert

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Eine junge Mutter wird überfallen. Der Täter packt sie hart an der Brust. Die Tochter der Frau muss den Angriff hilflos mit ansehen. Nun wurde der Täter verurteilt.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Das Dachauer Schöffengericht hat einen 25-Jährigen zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, weil dieser wiederholt Straftaten beging und zuletzt eine junge Mutter körperlich verletzte. Der arbeitslose Koch lebt in einer Sozialwohnung, die sich im selben Gebäudekomplex wie eine Mutter-Kind-Einrichtung im Landkreis befindet. Dort werden schwangere Frauen und Mütter betreut, die in eine Lebenskrise geraten sind und von ihren Familien allein gelassen werden. Der Angeklagte hat zwei Bewohnerinnen der Einrichtung beleidigt, eine davon hat er zudem attackiert und sie an der Brust gepackt.

Es war ein früher Abend im Dezember vergangenen Jahres. Die 29-jährige Geschädigte und ihre dreijährige Tochter fuhren mit dem Auto auf den Parkplatz der Einrichtung. Um dorthin zu gelangen, müssen sie wie alle anderen Bewohner die Straße nehmen, die am Fenster der Wohnung des Angeklagten vorbeiführt. Die 29-Jährige sagte vor Gericht, als sie noch im Auto gesessen sei, habe sie schon gesehen, dass der Angeklagte etwas aus seinem Fenster schreie. Als sie anschließend das Auto ausräumen wollte, sei er plötzlich hinter ihr gestanden und habe sie derb beschimpft. Sie habe sich schützend vor ihre Tochter gestellt. Dann packte der Angeklagte sie "ziemlich grob" an der Brust. "Ich habe ihn weggestoßen und geschrien." Er sei extrem aggressiv gewesen, habe aber von ihr abgelassen. "Ich hatte richtig Angst", sagte die 29-Jährige, die vermutet: "Ich war wahrscheinlich ein Zufallsopfer." Sie glaubt, der 25-Jährige habe "irgendetwas eingeschmissen".

Der 25-Jährige machte vor Gericht wirre und widersprüchliche Aussagen

Was in dem Angeklagten an diesem Abend vorging, konnte er vor Gericht nicht erklären. Er bestritt, seine Wohnung überhaupt verlassen zu haben. Gleichwohl hatten Richter Tobias Bauer und die Schöffen gute Gründe, an seinen Ausführungen zu zweifeln. Der 25-Jährige machte wirre und widersprüchliche Aussagen, denen die Anwesenden im Gerichtssaal kaum folgen konnten. Auch bei Schilderungen zu seiner Person drückte er sich unverständlich aus. Er sei eigentlich ein ruhiger Mensch, sagte er. Doch damals habe er Menschen "in einem anderen Blickwinkel gesehen, wie sie wirklich sind". Der Angeklagte vermutete eine Verschwörung gegen ihn. An seinem Fenster seien immer wieder Menschen mit Autos vorbeigefahren, ohne Rücksicht auf ihn zu nehmen, so der 25-Jährige. Diese seien "wütend" und "aggressiv" gefahren. Auf die Frage des Richters, was das konkret heißen solle, konnte der Angeklagte keine schlüssige Antwort geben.

An dem Dezemberabend schickt die Polizei mehrere Streifen zu der Einrichtung. Denn auf der Dachauer Dienststelle ist der junge Mann bekannt. Der Angeklagte habe einmal grundlos auf ein Auto im fließenden Verkehr eingehauen, sagte ein Polizist, der im Einsatz war. "Damals hatte er mehrere Substanzen eingeworfen." Als die Polizisten über das Fenster in die Wohnung einsteigen, finden sie den Angeklagten nur mit einer Decke bekleidet vor. Er sei kooperativ gewesen, sagt der Polizist. Und offenbar auch gastfreundlich. Ein anderer Polizist erzählte, der Angeklagte habe ihnen sogar angeboten, mit ihm Nudeln zu essen. "Er machte den Eindruck, als wäre er nicht ganz bei sich." Laut Atemalkoholtest hatte er 1,26 Promille. Offenbar hat der 25-Jährige in seinem Leben schon öfter Drogen genommen. Doch an dem Abend habe er nur Alkohol getrunken, versicherte er.

"Er wollte seiner Aggression Lauf lassen und der Zeugin Schmerzen zufügen"

Dass sich die Tat so ereignete, wie es die Geschädigte schilderte, daran hatte das Gericht keine Zweifel. Dagegen war fraglich, ob in diesem Fall das Zupacken an der Brust als eine im rechtlichen Sinn sexuelle Handlung zu bewerten ist. Während der Staatsanwalt für eine Verurteilung wegen sexueller Nötigung plädierte, sprach Richter Bauer den Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung schuldig. "Es ging ihm nicht um eine sexuelle Handlung. Er wollte seiner Aggression Lauf lassen und der Zeugin Schmerzen zufügen", sagte Bauer und verurteilte den 25-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe.

"Für eine günstige Sozialprognose gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte." Der Angeklagte stand unter Bewährung. Er hat mehrere Vorstrafen. Zweimal hat er während seiner Bewährungsphase Straftaten begangen. Unter anderem hatte er mehrmals geklaut, etwa hatte er einmal eine Spielkonsole gestohlen, ein anderes Mal ließ er eine Jacke mitgehen.

© SZ vom 03.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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