Petershausen:So individuell wie möglich

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Die ersten Wände stehen bereits. Im Juni 2016 sollen die ersten Bewohner in das Danuvius Pflegeheim einziehen können. (Foto: Toni Heigl)

Die Gemeinde Petershausen erhält die erste Einrichtung für Demenzkranke im Landkreis Dachau. Das Konzept ist so besonders.

Von Petra Schafflik, Petershausen

Ihr Leben lang hat die alte Dame im Nachtdienst gearbeitet, auch im Ruhestand bleibt sie deshalb bis weit nach Mitternacht aktiv. Andere mussten in jungen Jahren immer früh raus, sitzen deshalb um 19 Uhr bereits im Pyjama vor dem Fernseher und denken ans baldige Schlafengehen. Individuelle Gewohnheiten, liebgewonnenen Rituale und Eigenheiten: Im Danuvius Demenzpflegeheim, das im Juni 2016 in Petershausen eröffnet, sollen die Bewohner nach ihrem persönlichen Rhythmus leben können.

"Größtmögliche Selbstbestimmtheit ist uns wichtig", sagt Geschäftsführerin Andrea Wrobel, die das Vorhaben jetzt auf Einladung der Petershausener Frauenunion öffentlich präsentierte. Mit seinem besonderen Konzept sei diese Einrichtung "eine Bereicherung und Aufwertung für Petershausen", sagt der ehemalige Bürgermeister Günter Fuchs (CSU), der das Projekt in seiner Amtszeit gefördert hat. Lange überreden musste er damals den Gemeinderat nicht, von Anfang an stand das Gremium einstimmig hinter dem zukunftsweisenden Vorhaben.

Kleine Wohngruppen

Das Petershausener Danuvius-Haus ist kein Pilotprojekt, sondern wird in größerem Maßstab künftig umsetzen, was in einer ersten Demenzeinrichtung der Betreibergesellschaft in Ingolstadt bereits seit 2005 erfolgreich läuft. Neben diesem Pflegeheim betreibt die Danuvius Klinik GmbH Fachkrankenhäuser für psychiatrische Gesundheit in Ingolstadt, Pfaffenhofen an der Ilm und Neuburg an der Donau. Aus diesem fachlichen Hintergrund heraus wurde das Konzept einer Demenzbetreuung entwickelt, die auf die Bedürfnisse der Bewohner so individuell wie möglich eingeht. "Das ist manchmal kompliziert und aufwendig, uns aber wichtig", sagt Wrobel. So leben die Bewohner in kleinen Wohngruppen, wie sie aus der Jugend- und Behindertenarbeit bekannt sind. Um einen gemeinschaftlichen Wohnraum mit Küche gruppieren sich die Zimmer von jeweils 16 Demenzpatienten. In diesen überschaubaren Einheiten spielt sich das Leben ab, wird gekocht, gespielt und gewerkelt.

Weil Demenzkranke oft einen enormen Bewegungsdrang haben, bilden die ringförmig angeordneten Zimmer einen offenen Wandelgang zum Spazieren, gibt es im Innenhof beschützte Gärten. "Bei uns dürfen die Bewohner ihrem Bewegungsdrang nachgehen", so Wrobel. Abgeschlossene Türen gebe es ebenso wenig wie elektronische Überwachungschips. Nicht umsonst wurde Danuvius vom Bayerischen Sozialministerium ausgezeichnet für den vorbildlichen Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege. Damit das Konzept funktioniert, setzt der Betreiber nicht nur auf einen überdurchschnittlich hohen Fachpersonalschlüssel. Vielmehr durchlaufen alle in der Einrichtung tätigen Mitarbeiter, auch Haustechniker oder Reinigungskräfte, eine spezielle Demenzschulung. Wichtig ist den Betreibern auch, das Dorf ins Heim zu holen. Deshalb entsteht in der Petershausener Einrichtung ein öffentliches Café, wo neben dem gastronomischen Angebot auch Veranstaltungen geplant sind.

Eröffnung ist im Juni 2016

Das künftige Petershausener Demenzheim, das gerade im Rohbau fertig ist, wird im Juni 2016 eröffnen. Die 130 Pflegeplätze werden über sechs Monate sukzessive belegt. Eine Station soll jüngeren Erkrankten vorbehalten sein, die andere Bedürfnisse haben als Senioren, erklärt Wrobel. Sorgen um eine gute Auslastung muss sich Danuvius wohl nicht machen. "Natürlich gibt es viele Pflegeheime, aber wir sind doch anders und bieten ein sehr spezielles Konzept." Tatsächlich lebten im Ingolstädter Demenzheim nicht nur Bewohner aus der Region, sondern aus ganz Deutschland, die Zahl der Anfragen ist laut Wrobel groß.

Auf Nachfrage von CSU-Gemeinderat Josef Gerer betonte Wrobel, dass bei der Belegung "die Bedürfnisse der Region berücksichtigt und eventuell auch Betten frei gehalten werden". Finanziell wird sich die Betreuung im Danuvius-Heim jeder leisten können, die Pflegesätze werden bei Bedarf von der Sozialbehörde übernommen. Mit dem Pflegeheim werden in Petershausen 100 neue Arbeitsplätze entstehen. Wünschenswert sei, so SPD-Gemeinderat Wolfgang Stadler, dass Danuvius mit Petershausen und der Kreiswohnbaugesellschaft gemeinsam Wohnkonzepte für die Mitarbeiter entwickeln könne. Ein Anliegen, dem Wrobel aufgeschlossen gegenübersteht. Bevor über neue Projekte nachgedacht wird, gelte es aber das laufende Vorhaben gut zu starten. Damit auch die Öffentlichkeit sich einen Eindruck vom neuen "Nachbarn" machen kann, ist noch vor der Eröffnung im Frühsommer ein Tag der offenen Tür geplant.

© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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