Obdachlosigkeit:Obdachlosigkeit: Der blinde Fleck

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Die Grünen-Politikerin Marese Hoffmann fordert eine zentrale Anlaufstelle für obdachlose Menschen im Landkreis. Auch die Caritas sieht dringenden Handlungsbedarf.

Von Anna-Elisa Jakob

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag Marese Hoffmann will, dass der Landkreis mehr gegen Obdachlosigkeit unternimmt. Sie fordert eine zentrale Anlaufstelle für alle, die von Wohnungslosigkeit betroffen oder bedroht sind. Einen entsprechenden Antrag hat sie bereits im Kreistag eingereicht. Damit will sie eine Debatte ins Rollen bringen, welche die Grünen-Politikerin in dem Gremium bislang vermisst: eine Diskussion um eine aktive und koordinierte Prävention der Obdachlosigkeit im Landkreis.

Die Fraktionsvorsitzende sieht gemeinsam mit der örtlichen Caritasstelle eine hohe Notwendigkeit für eine landkreisübergreifende Fachstelle. In ihrem Schreiben an Landrat Stefan Löwl (CSU) beruft sie sich auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, das Grundgesetz und das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Wohnung und Würde. All diese grundlegenden Rechte seien gefährdet, wenn sich der Landkreis der Situation nicht annehme. Die steigenden Mietpreise und die damit verbundenen Wohnungsnot im Landkreis Dachau bieten Grund zum Handeln: Wer seine Miete nicht mehr zahlen kann, ist von Wohnungslosigkeit bedroht. Bevor es dazu kommt, soll die neue Fachstelle eingreifen.

Wenn rechtzeitig eingegriffen wird, konnen Zwangsräumungen leichter verhindert werden

Marese Hoffmann will, dass sich der Kreistag mit dem Thema Obdachlosigkeit auseinandersetzt. (Foto: Toni Heigl)

Dabei möchte Marese Hoffmann das Augenmerk im Landkreis auf Prävention setzen. "Wenn wir es schaffen, nur zehn Prozent der Betroffenen vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, wäre das ein großer Erfolg", sagt sie.

Die Fachstelle solle alle Beteiligten zusammenbringen: Die kommunale Verwaltung, die Angebote des Landkreises, Vermieter, Mieter, Amtsgericht, Gerichtsvollzieher - die Fachstelle soll ein gemeinsamer Anlaufpunkt werden und helfen, die Anliegen der Menschen in Not schnell und effizient zu koordinieren. Wer im Landkreis Hilfe sucht, soll hier in kürzester Zeit an die passende Stelle verwiesen werden und die persönliche Situation damit entschärft werden. Wenn rechtzeitig eingegriffen werde, könnten Zwangsräumungen und Wohnungslosigkeit leichter verhindert werden, erklärt Hoffmann.

In Fürstenfeldbruck gibt es ein solche Beratungsstelle

Für die Ausarbeitung des Antrages hat sich Hoffmann mit der Kreisgeschäftsführerinder Dachauer Caritas, Heidi Schaitl, sowie den Verantwortlichen aus dem Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck beraten. Dort gibt es bereits seit rund zehn Jahren ein ähnliches Modell: Die Notunterkunft mit dem Kurznamen KAP bietet Beratung und Hilfe für Betroffene nahezu rund um die Uhr an. Dazu gibt es Betten für Betroffene, um schnelle Hilfe zu gewährleisten. Helfer klären dann vor Ort, wo die Betroffenen gezielte Unterstützung bekommen können.

Der Antrag für Dachau sieht keine Notunterkunft vor, Hoffmann geht es vielmehr um eine Sammelstelle für Anfragen und Hilfen. Der Landkreis stellt bereits einzelne Angebote zur Verfügung, so sollen die Schuldnerberatung und das Jobcenter von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen im Landkreis unterstützen. Auch die einzelnen Gemeinden bieten diverse Stellen an, durch die Fachstelle sollen sie alle verbunden und die Hilfen koordiniert werden.

Sollte der Antrag scheitern, möchte Hoffmann trotzdem nicht aufgeben

Neben der moralischen und rechtlichen Notwendigkeit sei das Prinzip aber auch wirtschaftlich sinnvoll, erklärt Hoffmann. In ihrem Antrag bezieht sie sich auf eine Studie der evangelischen Hochschule Nürnberg, die eine Koordinationsstelle als effizienteste Möglichkeit in der Prävention von Obdachlosigkeit herausstellt. Wenn der Landkreis schnell eingreift und Menschen vor der Obdachlosigkeit bewahrt, spart er demnach auch an finanziellen Ressourcen.

Hoffmann weiß, dass die Finanzierung des Projektes ausschlaggebend dafür sein wird, ob der Kreistag der Förderung zustimmt. Sie schätzt, dass der Antrag nicht vor Mitte des Jahres im Kreistag besprochen werden wird, eine Umsetzung würde also frühestens im kommenden Jahr passieren. Ihre Fraktion steht hinter dem Konzept, sie erhofft sich auch die Unterstützung anderer Parteien im Kreistag. "Ich bin Realistin", sagt Hoffmann und spricht ihre Bedenken an: Die geplanten Kosten für ein weiteres Gymnasium und ein neues Landratsamt stehen an - neben den Großprojekten könnte der Antrag im Kreistag aus Finanzierungsgründen abgelehnt werden.

Sollte der Antrag scheitern, möchte Hoffmann trotzdem nicht aufgeben. Das Thema Wohnungslosigkeit werde in Zukunft an Bedeutung gewinnen - durch den Antrag erhofft sich die Fraktionsvorsitzende, das restliche Plenum sowie die Öffentlichkeit für diese Debatte zu sensibilisieren. Der Ball soll ins Rollen gebracht werden - damit am Ende ein sicheres Auffangnetz für die Menschen im Landkreis steht.

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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