München/Dachau:MAN setzt auf Elektromobilität

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Neuer Tarifvertrag schreibt Abbau von 1600 Stellen in München fest

Von Christiane Bracht, München/Dachau

Als "Meilenstein" feiert MAN Truck & Bus am Dienstag den neuen Tarifvertrag. Es ist ein hart errungener Kompromiss. Sechseinhalb Monate haben Unternehmensspitze, Betriebsrat und IG Metall verhandelt. 9500 Stellen wollte der Vorstand in Deutschland abbauen. Allein im Münchner Stammwerk, zu dem auch die Dependencen in Karlsfeld und Dachau zählen, standen 3000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Tarifvertrag sichert den Beschäftigten nun zu, dass es zumindest bis Ende 2026 keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird, es sei denn die IG Metall stimmt zu.

Trotzdem werden bis Ende 2022 aber Stellen abgebaut. Deutschlandweit insgesamt 3500, so stand es bereits im Eckpunktepapier Ende Januar. In München sollen es laut Unternehmenssprecher Manuel Hiermeyer etwa 1600 sein. Allerdings müssen sowohl Arbeitnehmer, als auch Arbeitgeber einem Aufhebungsvertrag zustimmen. Attraktive Wechselmöglichkeiten innerhalb des VW-Konzerns und Altersteilzeitvereinbarungen sollen ebenfalls angeboten werden. "Alle Personalmaßnahmen sind sozial verträglich und ermöglichen den Beschäftigten auf freiwilliger Basis neue Perspektiven", so Arbeitsdirektor und Vorstand Martin Rabe. Ziel ist es, am Ende nur noch rund 7500 festangestellte Mitarbeiter im Stammwerk zu haben.

"Wir stehen am Anfang eines neuen Kapitels, einer neuen MAN", sagt der Vorstandsvorsitzende Andreas Tostmann. Denn mit dem Tarifvertrag ist nun der Weg für eine Neuausrichtung der MAN frei. Der Fokus liegt nun auf CO₂-freiem Fahren. Bis 2030 hat sich das Unternehmen laut Hiermeyer vorgenommen, 60 Prozent der Verteiler-Lkw mit alternativen Antriebsarten auszustatten, vornehmlich mit E-Motoren. Dabei liegt der Schwerpunkt beim städtischen Verkehr, denn hier gibt es bereits jetzt genügend Lademöglichkeiten. Zudem liege die Reichweite der Batterien bei 200 bis 250 Kilometer pro Tag. Für den Fernverkehr müsse man indes noch sehen, wie sich Technik und Infrastruktur weiterentwickeln, so Hiermeyer. Im Tarifvertrag ist nun festgeschrieben, dass in München die Elektromobilität Einzug hält - jedenfalls deutlich mehr als bisher. Die Antriebstechnologie wird zwar in Nürnberg entwickelt und produziert, aber die Integration der E-Motoren in das Gesamtfahrzeug, auch die Antriebs- und Batteriesteuerung werden künftig in München gemacht. Darüberhinaus wird hier das Zentrum der MAN Entwicklung sein. Im Fokus sind dabei autonomes Fahren und digitale Dienstleistungen. Bei letzterem geht es um fahrzeugnahe Services. Spediteure stehen häufig unter Druck. Immer mehr gehe es um Effizienz, erklärt Hiermeyer. MAN will da mit Apps für Fracht- und Routenplanung, sowie Auftragsabwicklung helfen. "Das sind die großen Trends, die die Branche auf den Kopf stellen und darüber entscheiden, ob der Nutzfahrzeughersteller von heute auch morgen noch auf dem Markt erfolgreich ist", so der Sprecher. Aber dafür brauche man Geld.

"Wir konnten mit der Arbeitnehmerseite Maßnahmen vereinbaren, die zu einer Ergebnisverbesserung von insgesamt bis zu 1,7 Milliarden Euro beitragen", verkündet Tostmann. Gemeint sind einerseits Einsparungen bei Sach- und Personalkosten, sowie in Kooperation mit den Zulieferern bei Materialkosten. Außerdem erwartet der Vorstandsvorsitzende künftig etwa 450 Millionen Euro Umsatzsteigerungen durch die Ausweitung des Portfolios. "Jetzt werden wir einen Gang hochschalten", sagt er.

Um sich neu zu positionieren, muss der Standort München aber auch abgeben. So wird ein Teil der LKW-Fertigung und der Fahrerhausausstattung nach Krakau verlagert, wo bisher schon Schwerlastwagen hergestellt wurden. Das Testen von Reisebussen, sowie deren operative Entwicklung wird künftig in Ankara gemacht, wo die Reisebusse auch produziert werden. Parts und Logistics, das hauptsächlich in Dachau angesiedelt ist, und ursprünglich ausgelagert werden sollte, bleibt jedoch.

Man habe klare Profile für jeden Standort haben wollen, erklärt Hiermeyer. München ist Kompetenzzentrum für die Gesamtfahrzeugentwicklung und weltweite Konzernzentrale, aber auch Hauptproduktionsort für Lkw. Deshalb wird wohl ein Teil der Produktion und Entwicklung leichter und mittlerer Lkws von Steyr nach München verlegt werden. Denn man will das österreichische Werk an einen Investor verkaufen, um die Beschäftigungsverhältnisse zu sichern. "Man versucht zu verhindern, dass es geschlossen wird", so Hiermeyer.

© SZ vom 31.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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