Mitten im Urlaub:Italienische Leichtigkeit

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Die Hürde eines negativen Corona-Tests zu überwinden, ist nicht leicht. Doch wozu?

Kolumne von Thomas Radlmaier

Johann Wolfgang von Goethe rollte eines nachts heimlich mit einer Postkutsche nach Süden. Seine Freunde wollten ihn eigentlich dabehalten. Er habe sich frühmorgens um drei aus Karlsbad gestohlen, "weil man mich sonst nicht fortgelassen hätte", schrieb er in sein Reisetagebuch. Sein Urlaubsziel: Italien. Zunächst über München, Innsbruck, den Brenner zum Gardasee. Einen Corona-Test musste Goethe für seine "Italienische Reise" nicht machen. 1786 gab es die Seuche nicht, jedenfalls nicht diese.

Heute gelten strengere Regeln. Wer von Deutschland nach Italien fährt, muss sich testen lassen, noch bevor er mit seiner benzinsaufenden Kutsche zum Lago di Garda über den Brenner brettert. Ohne negatives Ergebnis droht einem in Italien die zehntägige Isolation. Dieses darf darüber hinaus nicht älter als 48 Stunden sein. So steht es auf der Homepage des Auswärtigen Amtes. Zudem muss man ein verwirrendes Online-Formular ausfüllen, das einen schier wahnsinnig machen kann, zum Beispiel weil es laut diesem den Brenner als Grenzübergang gar nicht gibt. Allein: Die ganze Mühe ist umsonst. Es interessiert keinen, ob der deutsche Italienurlauber einen negativen Test oder das Formular hat. "Wohin fahr ma?", wollte ein österreichischer Polizist wissen, als man bei Kufstein die Grenze passierte. Gardasee? Alles klar, bussi baba. Auch die italienische Grenze konnte man ohne Test hinter sich lassen. Im Hotel oder Restaurant fragte auch keiner danach. Ob das jetzt beruhigend oder beunruhigend ist, darf jeder für sich selber entscheiden. Vielleicht ist Pragmatismus die beste Idee. Oder wie es einst der Fußball-Philosoph Andreas Möller sagte: "Mailand oder Madrid - Hauptsache Italien."

So sah das auch Goethe. Er genoss seinen Aufenthalt am Gardasee. Diesen beschrieb er als "köstliches Naturschauspiel". Im Angesicht des Sees wünschte er sich dann doch wieder seine Freunde neben sich, "dass sie sich der Aussicht freuen können, die vor mir liegt". Ob diese einen negativen Corona-Test gehabt hätten oder nicht, war wurscht. Damals wie heute.

© SZ vom 04.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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