Missachtung von Wahlplakaten:Straßenkampf im Schilderwald

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An der Münchner Straße sind mehrer SPD-Plakate von den Ständern gerissen worden - offenbar kein Einzelfall im Stadtgebiet Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

SPD und AfD beklagen, dass besonders viele ihrer Wahlplakate zerstört werden. Nur die Grünen bleiben kleben

Von Viktoria Großmann, Dachau

Wie viel Zerstörungswut im Menschen steckt, wird vor Wahlen sichtbar. Kaum kleben irgendwo Wahlplakate, werden sie übermalt, mit Stickern überklebt oder heruntergerissen. Besonders heftig trifft es in Dachau nach eigenen Aussagen die SPD und die AfD. Vor einem Monat hatte der SPD-Ortsverein Dachau Anzeige gegen unbekannt gestellt, weil besonders in Dachau Ost kurz nach dem Aufstellen die Hälfte der Plakatständer zerstört oder entwendet worden war. Der Schaden betrug mehrere Hundert Euro. Er hat sich seither noch erhöht.

"Es ist wirklich nicht mehr auszuhalten", sagt Christa Keimerl, Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion. Sie treibt die Sorge um, dass gezielt gegen die SPD vorgegangen wird. Sie hat den Eindruck, dass an Stellen, wo gerade noch SPD-Plakate hingen, Plakate der AfD auftauchen und dass SPD-Plakate gezielt überklebt werden. Dass das gerade gegen Ende des Wahlkampfs hier und da mal vorkomme, sei sie gewöhnt, sagt die langjährige Stadträtin. Aber nicht in diesem Ausmaß wie in diesem Landtagswahlkampf. "So etwas habe ich noch nie erlebt. Das ist zermürbend."

Christoph Steier, Landtagskandidat der AfD, klebt viele Plakate selbst. "Das ist schon der Wahnsinn, wie viel herunter gerissen wird", sagt er. Jedes Plakat mindestens einmal. Von 55 Plakatständern in Dachau seien noch zehn benutzbar. In Steiers Wohnort Karlsfeld seien die AfD-Wahlwerbungen "zu 100 Prozent" entfernt worden. Am Anfang habe man überlegt, dagegen vorzugehen. "Aber so viele Anzeigen können wir gar nicht schalten." Das die AfD andere Plakate herabreiße oder zerstöre, weist er von sich. "Wir entfernen keine Plakate." Das sei Sachbeschädigung, das habe man gelernt und unterlasse es. Genau wie die SPD wolle die AfD in Zukunft nur noch Metallständer nutzen, die sind schwerer zu zerstören als die Holzständer.

Tobias Stephan, Ortsverbandsvorsitzender der CSU, bemerkt auch deutlich mehr Schwund als bei vergangenen Wahlen. Er schlägt vor, in Zeiten von sozialen Netzwerken und Werbemöglichkeiten im Netz überhaupt auf den Schilderwald zu verzichten und nur noch die städtischen Anschlagtafeln zu nutzen. Stephan stellt sich einen zentralen Klebetermin im Bauhof vor, zu dem alle Parteien kommen können. Der Bauhof könne dann die beklebten Tafeln ausfahren. Die ehrenamtlichen Plakatierer würden nur noch zum Nachbessern ausrücken. Stephan will nach der Wahl mit den anderen Parteien darüber reden.

Eine Übereinkunft unter den Parteien gibt es schon, erklären Keimerl und Stephan. Nämlich darüber, wer wo an der städtischen Plakatwand hängen darf. Links oben die CSU, daneben die SPD und so weiter. Die AfD habe sich daran nicht beteiligt, mache aber dafür, was sie wolle. Die CSU hat sich daher an einigen Stellen ihren Platz zurück erobert. Steier sagt: "Mit uns wurde nicht gesprochen." Die Regelung sei zudem kein Muss, sondern ein Vorschlag.

Gewinner dieses Straßenkampfs scheinen die Grünen zu sein. Er sei "positiv überrascht", sagt Bezirkstagskandidat Anton Speierl. Von seinen eigenen Plakaten sei keines beschädigt, der Schaden insgesamt sei sehr gering. Ein von den allzu rutschigen städtischen Wänden herabgefallenes Plakat, habe sogar "irgendjemand wieder angeheftet". Den Grünen ist es offenbar nicht nur gelungen, keinen Hass auf sich zu ziehen, sie haben sich sogar noch Freunde gemacht.

© SZ vom 11.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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