Messerverbot:Sicherheit am Volksfest

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Die einen finden die Kontrollen am Eingang zu kleinlich, die anderen zu lasch. Doch Organisatoren und Polizei sind sich einig trotz der lebhaften Debatten um Messerverbot und betrunkene Jugendliche

Von Thomas Altvater, Dachau

Bernd Kalina wirkt fast ein wenig ratlos. Bei einer der Kontrollen am Dachauer Volksfest wurde ihm das Taschenmesser abgenommen. Die Klinge ist kaum länger als drei Zentimeter. Anschließend bestellte der Rentner eine Brotzeit und erhielt in einem der Festzelte ein wesentlich größeres Brotzeitmesser, elf Zentimeter lang. Kalina beklagt die in seinen Augen unverhältnismäßigen Kontrollen. Auf der anderen Seite sind diese offenbar wenig wirkungsvoll. Denn an den ersten Abenden ist es Jugendlichen gelungen, harten Alkohol an den Sicherheitskräften vorbei auf das Gelände zu schmuggeln. Die Polizei hatte es jedenfalls mit auffällig vielen betrunkenen jungen Leuten zu tun. Ein 14-Jähriger, dem eigentlich kein Alkohol hätte ausgeschenkt werden dürfen, musste sogar mit 1,6 Promille von Sanitätern behandelt werden. Darauf angesprochen, sagen die Organisatoren des Volksfests, wie auch die Polizei, dass es keine absolute Sicherheit geben könne. Aber welchen Nutzen haben die Sicherheitskontrollen dann?

Kalina kann den Sinn hinter dem Messerverbot jedenfalls nicht erkennen, er nennt es einen "Witz". Der Leiter des städtischen Sozialamts, Markus Haberl, der auch Organisator des Fests ist, spricht dagegen von einer "klaren Linie", die er den Volksfestbesuchern vermitteln will: "Wir möchten, dass von außen keine gefährlichen Gegenstände auf das Festgelände kommen." Und darunter fallen zum Beispiel alle Arten von Messern, wie Haberl erklärt. Dass die Besucher in den Festzelten größere Messer bekommen, ist für Haberl kein Problem. Schließlich könne auch ein Maßkrug als Waffe eingesetzt werden.

Vor der Altstadtkulisse durch die Lüfte schweben, das genießen viele Dachauer. Damit sie sich keine Sorgen um die Sicherheit machen müssen, hat die Stadt einen Sicherheitsdienst engagiert, der das Festgelände und die Besucher im Auge hat. Doch es gibt jede Menge Diskussionen über das Konzept. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Warum das Messerverbot gerade in diesem Jahr so viele Diskussionen auslöst, ist ihm schleierhaft. Eigentlich ist auf dem Volksfest alles so wie immer, sagt er. Es gibt vier Festzelte, das Feuerwerk begeisterte wieder einmal die Besucher, lediglich die Geisterbahn ist eine neue Attraktion. Auch das Sicherheitskonzept habe sich kaum verändert: "Wir haben gerade bei den Messern dieselben Regelungen wie im vergangenen Jahr", erklärt Haberl. Nach einer genauen Evaluation mit externen Fachleuten sei man zu dem Schluss gekommen, dass sich das Konzept des vergangenen Jahres bewährt habe, so Haberl. "Deshalb machen wir es heuer wieder so." Nur kleinere Anpassungen hat die Stadt gemacht. Grund dafür war das starke Unwetter im vergangenen Jahr. "Es gibt jetzt eine klare Regelung, was in so einem Fall getan werden muss", erklärt Haberl. Mit der Einführung eines Ordnungsdienstleiters, der die Sicherheitsdienste koordiniert, soll das nun gewährleistet werden. Dass es trotz allem kleinere Sicherheitslücken gibt, ist ihm klar. Das liege am Gelände, das nicht ganz abgeschlossen sei. Das erschwert den Securitys die Arbeit. "Außerdem gibt es immer Wege die Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen", weiß Haberl.

"Die Dachauer Wiesn soll kein Hochsicherheitstrakt werden", sagt Polizeisprecher Stefan Reichenbächer. Gegen die vielen alkoholisierten Jugendlichen der ersten Abende könne man kaum etwas machen. Viele Jugendliche trinken bereits zu Hause vor, oder ältere Freunde geben den Jüngeren etwas ab, weiß er. Wichtig sei nur, dass "alles verhältnismäßig bleiben muss, und das ist es momentan". Schenken die Bedienungen Alkohol an Minderjährige aus, drohen ihnen Geldstrafen bis zu 500 Euro.

Ein Großteil der Jugendlichen feiert im Zelt der Dachauer Gastronomin Andrea Schneider. Jugendliche ab 16 Jahren dürfen in "S'Ziegler". Um keinen harten Alkohol an die Minderjährigen auszuschenken, bekommen die Jugendlichen farblich gekennzeichnete Bändchen. "Und in speziellen Fällen machen wir zusätzliche Taschenkontrollen am Zelteingang", sagt Schneider. Dass es heuer mehr betrunkene Jugendliche gebe, bestreitet die Gastronomin. "Das war bisher nicht mehr als im Jahr 2017 und bleibt jedes Jahr etwa gleich."

Neben den Kontrollen am Eingang des Festplatzes patrouilliert der private Sicherheitsdienst, den die Stadt Dachau engagiert hat, auch auf dem Gelände. Die Festzeltbetreiber haben zudem noch eigenes Sicherheitspersonal und die Polizei ist ebenfalls präsent, greift aber nur ein, wenn Straftaten begangen werden. Dass für die Sicherheit viel getan wurde, erkennt auch Kalina: "Ich fühle mich auf dem Volksfest sicher." Die Kontrollen sind ihm jedoch zu kleinlich. Die Stadt habe sich da in eine Ecke drängen lassen. "Dadurch geht der Festcharakter verloren", findet er.

© SZ vom 20.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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