Ausbildung:"Job-in Dachau" steht vor dem Aus

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Seminarleiter haben die Jugendlichen in der Vergangenheit häufig auch zu Jobmessen begleitet - damit ist nun wohl ab September Schluss. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Die Mehrheit der Kreisrätinnen und Kreisräte will das Projekt zur Berufsorientierung an Mittelschulen nicht weiter finanzieren.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Am Ende hilft selbst die emotionale Rede von Seminarleiterin Gabriele Kühl nichts: Der Kreisausschuss stimmt knapp gegen die Weiterfinanzierung des Projekts "Job-in Dachau", mit dem der Landkreis gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Freising immerhin acht Jahre lang Jugendliche beim Übergang von der Mittelschule ins Berufs- und Ausbildungsleben unterstützt hat. Damit steht das Angebot zur Berufsorientierung, mit dem ein externer Träger, die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft gGmbH (bfz), beauftragt war, vermutlich vor dem Aus: Die Agentur für Arbeit, die bislang zur Hälfte die Kosten übernommen hatte, hat nämlich bereits im Vorfeld der Entscheidung angekündigt, die Finanzierung nicht alleine stemmen zu können.

Glaubt man den Ausführungen Kühls, dann ist das vor allem für Jugendliche, die zu Hause wenig Unterstützung bekommen, eine Katastrophe: In dem Angebot, das auf individuelle Beratung und Betreuung setzt, ist die Seminarleiterin schon seit Jahren tätig. Sie betreut junge Erwachsene, die oftmals weder wissen, was sie einmal mit ihrem Leben machen wollen noch eine Ahnung haben, worauf es bei einem Bewerbungsschreiben ankommt. Sie ist sich sicher, dass durch den Wegfall dieses Angebots viele junge Menschen auf der Strecke bleiben werden. Eine Einschätzung, die die Fraktionen von SPD und Grünen teilen: Er könne, sagt Harald Dirlenbach (SPD), die Entscheidung gegen die Weiterführung "nicht ganz nachvollziehen", müsse man doch sehen, dass das Ende dieses Projekts letztlich nur die Jugendarbeitslosigkeit fördern werde. Auch Arthur Stein (Grüne) sagt, ihn mache die Entscheidung, bei der man sich alleine vom Sparkurs leiten lasse, "echt traurig".

Emmi Westermeier (CSU) kann die Ausführungen der Projektleitenden hingegen nicht nachvollziehen: Junge Menschen müssten mittels modernster Technik heutzutage selbst dazu in der Lage sein, nach Ausbildungsmöglichkeiten zu suchen. Sie verstehe nicht, wozu man dieses Angebot unbedingt brauche, wenn die Projektleiterin Katharina Wiedemann selbst sage, dass man mit der Berufsberatung zusammenarbeite und das Thema nach ihrer Kenntnis auch im Unterricht behandelt werde. Michael Reiter (FW) ergänzt, dass er selbst einen Sohn habe, der gerade in einem Alter sei, in dem er sich um seine Zukunft Gedanken mache. Reiter habe den Eindruck, dass es sehr viel besser sei, wenn man die Jugendlichen nicht zu sehr in ihrer Entscheidung leite - nur dann machten sie am Ende etwas, was ihnen auch wirklich liege.

Viele der Jugendlichen seien "ganz stark orientierungslos"

Kühl und ihre Kollegin Wiedemann können angesichts der Ausführungen von Westermeier und Reiter nur immer wieder den Kopf schütteln, haben sie doch zuvor bereits ausgeführt, dass sie es vor allem mit Jugendlichen zu tun haben, die schon an den vermeintlich einfachsten Dingen verzweifeln und die aus Familien kommen, die ihnen keine oder nur wenig Unterstützung bieten können, selbst wenn sie wollten; außerdem hätten viele der Jugendlichen Migrationshintergrund und es auch deshalb teils schwerer als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Viele der Heranwachsenden, mit denen sie es zu tun hätten, seien "ganz stark orientierungslos", fasst es Wiedemann zusammen.

Landrat Stefan Löwl (CSU) bekräftigt an dieser Stelle, dass das Angebot nicht umsonst bislang beim Jugendamt angesiedelt sei. Auch die Verwaltung spricht sich klar für die Fortsetzung aus: "Hierdurch soll die Zahl der Jugendlichen, die ohne berufliche Perspektive sind, spürbar gesenkt werden", heißt es zur Begründung in der Beschlussvorlage.

Vor der Entscheidung darüber, ob man das Projekt im Zeitraum von September 2024 bis September 2025 mit 88 500 Euro weiter finanziert, bittet die CSU-Fraktion um eine kurze Beratungspause. Schließlich sagt Lena Eberl (CSU), dass es sich bei "Job-in Dachau" um ein "tolles Projekt" handle. Aber eben um eines, das nicht Aufgabe des Landkreises sei - und genau deshalb könne die CSU angesichts der angespannten Haushaltslage letztlich nicht zustimmen. Gegen die Stimmen von SPD und Grünen stimmt schließlich eine Mehrheit gegen eine Fortführung des Projekts.

Für viele Mittelschülerinnen und Mittelschüler bedeutet das wohl, dass sie ab September ohne die Unterstützung von Menschen wie Kühl auskommen müssen. Auch der Einwand Wiedemanns, dass man versuche, die Jugendlichen vor allem an Unternehmen in der Region zu vermitteln und damit auch die lokale Wirtschaft stärke, konnte daran nichts mehr ändern.

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