Kommunalwahl in Altomünster:Wechselspiel

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Die FWG hat im Gemeinderat Altomünster mit der Stimme des neuen Bürgermeisters die Mehrheit. Die FDP zieht ein, und die SPD ist weg

Von Horst Kramer, Altomünster

Eine echte Sensation: Im tiefschwarzen Altomünster wurde am Sonntag Bürgermeister Anton Kerle (CSU) von seinem Herausforderer Michael Reiter (FWG) entthront. Nach nur einer Amtszeit. Weder hat Kerle in seiner Zeit einen Skandal verursacht, noch war eine größere Unzufriedenheit mit seiner Amtsführung in der Bevölkerung spürbar gewesen. Ein schwarzer Tag für die Landkreis-CSU, die schon in der Stadt Dachau einen bittere Niederlage einstecken musste. Reiters Vorsprung war denn auch hauchdünn: Er betrug am Ende des Wahlabends nur noch 62 Stimmen.

Ein Blick auf die Gemeinderatswahlergebnisse ergibt ein anderes Bild: Michael Reiter ist mit 4442 Kreuzchen der absolute Stimmenkönig. CSU-Listenführer Kerle sammelte dagegen nur 3549 Voten ein. Weniger noch als die Nummer zwei der FWG-Liste, Hubert Güntner, der es auf 3564 Stimmen brachte. Die Wahl des Gemeinderats hat kaum Veränderungen gebracht. Die FWG besetzt wie bisher zehn Sitze im zwanzigköpfigen Rat, die CSU wie bisher neun. Die neu gegründete FDP hat einen Sitz bekommen und damit die Rolle der SPD übernommen, die in den vergangenen Jahrzehnten zumeist ein Ratsmitglied stellte. Reiter kann aber auf eine komfortable Situation im Gemeinderat hoffen: Mit seiner Stimme verfügt die FWG sogar über eine Mehrheit im neuen Gremium.

Der Wahlsieger wirkte auch am Montag noch überrascht über seinen Erfolg, meinte aber: "Ein Kopf-an-Kopf-Rennen hatte sich aus meiner Sicht schon abgezeichnet." Ähnlich hatte sich vor zwei Wochen die wiedergewählte CSU-Gemeinderätin Martina Englmann geäußert: "Es könnte sehr eng werden." Ihr gleichfalls erfolgreicher Parteikollege Georg Huber junior analysierte: "Es waren wohl eher kleine Dinge, die den Ausschlag gegeben haben." Etwa, dass die Medien aus den Gemeinderatssitzungen häufiger Amtsleiter Christian Richter als den Bürgermeister zitiert hätten. Darauf hin wäre er des öfteren von Bürgern angesprochen worden, so Huber junior.

Ein weiterer kleiner Punkt in Hubers Analyse: Kerle habe sich in sechs Jahren kein einziges Mal beim FC Pipinsried sehen lassen, sein Nachfolger ist dort aber Stammgast. Eigentlich eine Nebensächlichkeit, doch bei einem derart knappen Resultat kann auch sie zählen. Der Altomünsterer CSU-Chef Christian Schweiger nennt die Abwahl Kerles "ernüchternd". Er habe "keinerlei Wechselstimmung" verspürt, die FWG habe "einen Wahlkampf ohne eigene Themen" geführt. "In Altomünster ist Parteipolitik fast wie Fußball: Wer einmal eine Gruppierung gewählt hat, bleibt dabei. Ganz egal, welche Themen man setzt", sagt Schweiger. Tatsächlich haben sich in der FWG-Gemeinderatsliste kaum Verschiebungen ergeben: Von den zehn Gewählten waren neun auf den ersten zehn Listenplätzen nominiert, nur der Pipinsriederin Susanne Luz gelang der Sprung von Platz zwölf auf Platz neun. Einen Achtungserfolg fuhr der frühere Sozialdemokrat Johann Haltmayr ein: Er war auf der FWG-Nominierungsversammlung auf den vorletzten Platz 19 verbannt worden - nun nimmt er nach der Wahl immerhin Rang zwölf ein und ist erster Nachrücker.

Die CSU-Liste erwies sich als deutlich volatiler: Der auf Rang drei gesetzte Professor Florian Hörmann, der die Altomünsterer Klimaschutz-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen hat, stürzte auf Platz elf ab. Die frühere Kulturreferentin und Mitorganisatorin des Europäischen Musikworkshops Altomünster ( Eumwa), Claudia Geisweid, fiel von Rang sechs gar auf Rang 14 zurück. Schweiger hält die Liste seiner Partei dennoch für prinzipiell richtig. Zu Kerles Niederlage fällt ihm noch ein: "Möglicherweise hat er versäumt, seine Erfolge genügend zu kommunizieren. Er stellt sich nicht so gern in den Mittelpunkt."

Der gebürtige Altomünsterer Reiter sei, so Schweiger, zudem im Hauptort besser vernetzt als der Wollomooser Kerle. Ein Argument, dem der künftige Rathauschef nicht widersprechen würde. Das hat bei seiner Kandidatur durchaus eine Rolle gespielt. Aber dass sein Wahlkampf inhaltsleer gewesen sein soll, das will Reiter nicht auf sich sitzen lassen. "Mehr Bürgerbeteiligung und mehr Transparenz bei den Rathausentscheidungen sind Themen, welche die Bürgerinnen und Bürger durchaus interessieren." Ob Anton Kerle sein Gemeinderatsmandat annehmen wird, ist offenbar noch offen. Schweiger meinte am Montag: "Er steht jetzt vor einer beruflichen Neuorientierung und muss überlegen, was er tut." Kerle war vor seiner Wahl vor sechs Jahren als Führungskraft bei einem großen regionalen Finanzinstitut tätig.

© SZ vom 17.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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