Zu viele Autos, zu wenig Kita-Personal:Wo die Karlsfelder der Schuh drückt

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Näher dran sind die Fraktionschefs Bernd Wanka (CSU), Franz Trinkl (SPD) und Adrian Heim (Bündnis). (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bei der Bürgerversammlung in Karlsfeld sind verstopfte Straßen und lange Wartelisten bei der Kinderbetreuung die beherrschenden Themen.

Von Walter Gierlich, Karlsfeld

Verkehr und Kinderbetreuung waren die beiden beherrschenden Themen bei der Karlsfelder Bürgerversammlung am Dienstagabend. Gut 150 Karlsfelder waren in den Festsaal des Bürgerhauses gekommen, um den fast zwei Stunden langen Bericht von Rathauschef Stefan Kolbe (CSU) anzuhören. Kolbe schilderte nicht nur die zahlreichen wichtigen Investitionen trotz schwieriger Haushaltslage - etwa den Neubau der Grundschule an der Krenmoosstraße für 34 Millionen Euro -, sondern stellte auch langfristig Verbesserungen der Verkehrsmisere in Aussicht.

Wenig optimistisch war er beim Thema Personalnot in den Kinderbetreuungseinrichtungen. Sowohl das Kinderhaus "Sonneninsel" der Johanniter an der Allacher Straße als auch das gemeindliche Kinderhaus "Glücksklee" an der Lärchenstraße können wegen fehlender Kräfte nicht voll belegt werden. In der Gemeinde gibt es insgesamt 1582 Betreuungsplätze für Kinder von der Krippe bis zum Hort, von denen allerdings nur 1517 vergeben werden können, denn momentan fehlen in Karlsfeld zehn Erzieherinnen und 15 Kinderpflegerinnen.

Bei der Kinderbetreuung kann Karlsfeld mit der Stadt München finanziell nicht mithalten

Kolbe kritisierte in diesem Zusammenhang die Stadt München, die Erzieherinnen Zuschläge von bis zu 400 Euro pro Monat zahlt und so Personal von den Umlandgemeinden weglockt. "Die Landeshauptstadt erweist uns damit einen Bärendienst", beklagte er. Karlsfeld könne hier finanziell nicht mithalten. Kritik übte Kolbe auch an der Staatsregierung, die einen sogenannten Einschulungskorridor eingeführt habe, über den die Gemeinden erst im Februar informiert wurden. Danach können Buben und Mädchen, die zwischen 1. Juli und 30. September sechsten Geburtstag haben, eingeschult werden, müssen aber nicht. In Karlsfeld fallen laut Kolbe 98 Kinder unter diese Regel, von denen 54 auf Wunsch der Eltern erst ein Jahr später eingeschult werden, so dass sie ein Jahr länger im Kindergarten bleiben. "Ohne neu eingeführten Einschulungskorridor wären mindestens 54 zusätzliche Kindergartenplätze zur Verfügung gestanden" erklärte der Bürgermeister.

Der SPD-Herausforderer Bernhard Goodwin. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Besucherin Valeria Mahn, deren große Tochter einen Platz im Kindergarten "Glücksklee" hat, beklagte, dass ihre kleine Tochter immer noch auf der Warteliste stehe. Sie müsse aber von Herbst an wieder arbeiten und wisse nicht, wie sie das machen solle, wenn das Kind keinen Betreuungsplatz habe. Eine Lösung konnte ihr jedoch Kolbe an diesem Abend nicht zusagen. Auch nicht für das zweite Problem, das sie ansprach: den chaotischen Verkehr auf der Lärchenstraße morgens unmittelbar vor dem Kinderhaus. Kinder seien dort mit den Eltern zu Fuß, per Fahrrad, Roller oder Laufrad unterwegs, und dazwischen versuchten Autofahrer sich durchzuschlängeln. "Das ist zu gefährlich, wir brauchen dort einen Fußweg", forderte sie. Dazu bräuchte man mehr Platz, meinte Kolbe, doch das sei nicht ganz einfach, weil die Gemeinde erst Grund an dieser Stelle erwerben müsste.

Problemfeld Verkehr in Karlsfeld

Eine einfache Lösung für das Problem ganz ohne finanzielle Belastungen für die Kommune schlug Peter Reiz dem Bürgermeister vor: "Machen Sie dort eine Fahrradstraße, da haben die Radfahrer und Fußgänger Vorrang, und die Autofahrer müssen auf die Schwächeren achten." Reiz wies in seiner Wortmeldung auf ein zweites Thema hin, das viele Karlsfelder seit langem ärgert. "Die Fahrradabstellanlagen östlich der Bahn sind unerträglich", sagte er. Ihm sei bekannt, dass dafür die Stadt München und der Park-and-Ride-Firma zuständig sei, doch er forderte Kolbe auf: "Machen Sie Nägel mit Köpfen, machen Sie Druck."

Diese mehr als 40 Jahre alten Radständer in der Straße Am Schwabenbächl hatte zuvor auch schon Jochen Seyboth als "viel zu schmal" und "Felgenbrecher" kritisiert: "Die Anlage gehört weg, es muss eine Lösung her." Der Rathauschef hatte in seinem Vortrag die täglichen Staus auf der Münchner Straße und das langsame Tempo des Straßenbauamts bei der Planung und Umsetzung von im Karlsfelder Verkehrsentwicklungsplan vorgesehenen Maßnahmen beklagt - etwa bei den Optimierungen der Knotenpunkte an Hoch-, Allacher und Bajuwarenstraße. Seyboth meinte, das Problem könne gelöst werden, "wenn mehr Leute mit dem Fahrrad zur MAN oder zum Bahnhof fahren". Gerade für Pendler brauche man Spinde oder Schließfächer am Bahnhof, wo die Radler ihre Helme oder nasse Regensachen einschließen könnten. Zudem hielt er es für möglich, dass die Zahl der Radler in Richtung MAN, MTU oder weiter nach München steigen würde, wenn diese nicht entlang der B304 fahren müssten, sondern über eine neue Brücke über den Würmkanal bei der Siedlung Ludwigsfeld. Ein solches Bauwerk nannte auch Kolbe absolut wichtig, betonte aber, dass die Umsetzung seitens der Stadt München lange dauere. Sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder durch abschließbare Boxen und weitere überdachte Radständer westlich der Bahn seien geplant, erklärte er.

Gleich ein ganzes Paket an Verkehrsthemen brachte Hans Kristmann vor. Er bedankte sich zunächst, dass die Gemeinde an der Bayernwerkstraße eine Querungshilfe angebracht und im Lärchenweg ein Parkverbot verhängt habe. Doch dann forderte er, dass die Bedarfsampeln für Fußgänger an der Münchner Straße endlich wegfallen müssten, die nur Grün zeigen, wenn es zuvor per Druckknopf angefordert wurde. Das sei im Zuge der Kreuzungsoptimierung zwar geplant, entgegnete Kolbe, verwies aber auf die Zuständigkeit des staatlichen Straßenbauamts. Das gleiche gelte für die nach Ansicht Kristmanns viel zu kleinen und somit gefährlichen Aufstellflächen an diesen Ampeln für Fußgänger, Radler und Kinderwagen. Abhilfe versprach der Bürgermeister hingegen bei den von Kristmann beklagten "Stoßkanten", wo Radwege Einmündungen überquerten. Schließlich hatte Kolbe in seinem Bericht bereits betont, dass das Radfahren immer mehr an Bedeutung gewinne: "Da müssen wir als Gemeinde natürlich reagieren."

Bürgermeister Stefan Kolbe. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wie schon im vergangenen Jahr kritisierte Kristmann auch diesmal die Linienführung des Busses 160 von Pasing nach Karlsfeld, die erst seit Dezember 2017 verkehrt. Er nannte es einen Fehler, dass diese in der Gartenstraße ihre Endhaltestelle habe. Nach seiner Ansicht, bräuchten die Bürger, die westlich der Bahn wohnen, viel eher einen Bus zur Hochstraße, um Hallenbad, Sportpark und den Karlsfelder See zu erreichen. Kolbe erklärte, dass die Gemeinde deswegen im Gespräch mit dem Landratsamt sei. Statt am Kiem-Pauli-Weg zu wenden, solle der Bus eine Schleife über die Ostenstraße in die Hochstraße fahren. Eine direkte Anbindung der Hochstraße lehnte er ab, schließlich müsse auch das Rathaus für Bürger aus dem westlichen Ortsgebiet per Bus erreichbar sein. Während eine Frau beklagte, dass der 160er nur alle 40 Minuten und an Wochenenden gar nicht fahre, machte Seyboth deutlich, was er von der Buslinie hält: "Der 160er macht nur Sinn, wenn er weiter bis ins Gewerbegebiet Dachau-Ost fährt."

Nachdem in mehreren Wortmeldungen die Parkplatznot am Karlsfelder Bahnhof beklagt wurde, sprach Volker Knittel ein Problem an, dass in Zukunft noch erheblich an Brisanz gewinnen dürfte, spätestens wenn das Gymnasium und das auf dem früheren Eon-Gelände geplante Gewerbe an der Bayernwerkstraße errichtet sind: die Anbindung an den überörtlichen Straßenverkehr. "Die Anwohner westlich der Bahn können morgens kaum noch auf die Eversbuschstraße rausfahren", berichtete er. Es sei schon jetzt "nicht mehr akzeptabel". Er frage sich, wie das mit der weiteren baulichen Entwicklung in dem Gebiet funktionieren solle. In diesem Fall konnte Kolbe konkrete Abhilfe ankündigen: Statt der Ampelanlage an der Eversbuschstraße, die ja auf Münchner Gebiet liegt, sei ein Kreisverkehr geplant. Der Verkehr werde dann hoffentlich besser fließen.

© SZ vom 31.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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