Bürgerhaus Karlsfeld:Ein Dirigent auf wohlklingenden Abwegen

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Für den wohlwollenden Applaus bedankt sich das Sinfonieorchester mit ein wenig Nussknacker-Musik, sodass es am Ende doch noch vorweihnachtlich wird. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Obwohl das Karlsfelder Sinfonieorchester ein "Konzert im Advent" spielt, kommt im Bürgerhaus erst gegen Ende Weihnachtsstimmung auf. Dafür bietet der Abend einige musikalische Raritäten.

Von Adolf Karl Gottwald, Karlsfeld

Mit Advent als Vorbereitung auf Weihnachten hat das "Konzert im Advent" des Karlsfelder Sinfonieorchesters so gut wie nichts zu tun. Es ist ein Sinfoniekonzert mit meist exquisitem Programm, bei welchem sein Dirigent Bernhard Koch gern neue, zumindest wenig begangene Wege geht. Heuer begann er mit dem ersten Satz der ersten Sinfonie von Charles Gounod. Dass Gounod nicht nur der Schöpfer ist der berühmten prächtigen "Gounod-Messe" und einer Faust-Oper, die den Namen "Margarethe" trägt, wurde nur wenig bekannt. Im Bürgerhaus Karlsfeld begegnete man nun einem sehr gefälligen Eingangssatz einer Sinfonie, die man eher als Ballettmusik kennt, weil sie einen namhaften Choreografen zu einem Standardwerk der Ballettkunst inspirierte. Das Karlsfelder Sinfonieorchester spielte diesen Satz so schön und beschwingt, dass man gern die ganze Sinfonie gehört hätte.

Anstelle ihres zweiten Satzes hörte man aber den zweiten Satz, der aus einem Ballett der französischen Komponistin Cecile Chaminade gezogenen Orchestersuite, und das ist mehr oder minder ein Walzer (mit einer großen Einlage im 2/4-Takt). An einen Wiener Walzer darf man bei diesem zarten Gebilde überhaupt nicht denken, auch nicht ans Walzer-Tanzen - es sei denn man hat eine Ballettschule besucht. Die 1888 in Marseille uraufgeführte Musik gab dem Konzert im Advent eine unverkennbar französische Note. Cecile Chaminade wurde vor allem als Verfasserin von über 200 Salonstücken für Klavier bekannt, was man vielleicht auch in angenehmer Weise heraushören konnte.

Solistin Nadezhda Pantina an der Barockmandoline. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Dirigent Bernhard Koch. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Jetzt aber kam man zum Hauptwerk dieses Abends, zum Konzert für Mandoline, Orchester und Basso continuo von Antonio Vivaldi. Hauptwerk nicht, weil es von besonderem kompositorischen Gewicht ist, sondern weil 2023 als das "Jahr der Mandoline" ausgerufen wurde. Die mehrfach preisgekrönte Solistin Nadezhda Pantina, die jetzt an der Musikschule Karlsfeld unterrichtet, spielte dieses Konzert auf einer Barockmandoline sehr fein.

Ihr Spiel auf dem kleinen Barockinstrument war meistens so leise, dass sie nur von der ausgezeichneten Solocellistin des Orchesters begleitet werden durfte. Im Karlsfelder Bürgerhaus wurde es mäuschenstill, so konzentriert und gespannt folgten die Zuhörer der Musik. Großer Beifall!

Eine Mandoline, wie man sie noch nie gehört hat

Für eine Zugabe stellte Nadezhda Pantina ein prachtvoll gestaltetes und ebenso klingendes Instrument des italienischen Mandolinenbauers und -spielers Raffaele Calace aus dem Jahr 1911 vor, indem sie dessen hoch virtuoses Preludio Nr. 2 spielte. Beifallsstürme, denn so hat man bisher noch keine Mandoline gehört.

Nach diesen hübschen musikalischen Raritäten wandte sich der Abend den Großen der Musik zu. Das Karlsfelder Sinfonieorchester spielte zunächst das 4. Brandenburgische Konzert von Johann Sebastian Bach, dann die sogenannte Pariser Sinfonie von Wolfgang Amadeus Mozart. Dabei glänzten mit ihrem vortrefflichen Spiel vor allem die Solistinnen Elisabeth Krauß (Violine) und Alona Vetriak (Flöte) sowie Michael Schreiber (ebenfalls Flöte).

"Das äußere Gewand dieses Werkes ist besonders glänzend"

Die Pariser Sinfonie genießt unter den Mozart-Sinfonien keinen besonders guten Ruf. Sie ist - nach dem Mozart-Biografen Hermann Abert - "nach Form und Charakter großenteils ein Zugeständnis an das Pariser Publikum, von dessen Fähigkeiten Mozart bekanntlich recht gering dachte." Doch Abert weiß auch: "Das äußere Gewand dieses Werkes ist besonders glänzend."

Bernhard Koch und sein Karlsfelder Sinfonieorchester hielten sich so gut wie möglich an dieses "äußere Gewand" und hinterließen damit beim Karlsfelder Publikum starke Eindrücke. Für den sehr wohlwollenden Beifall bedankte sich Koch und sein Orchester mit ein wenig Nussknacker-Musik, was dann doch an Gepflogenheiten unserer Adventszeit erinnerte.

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