Karlsfeld:Kreatives Lesen

Lesezeit: 2 min

Gabriele Grim hat gemeinsam mit der Germanistin Luise Finger in ihrer Karlsfelder Buchhandlung einen Lesekreis erfolgreich etabliert. Das Interview über die Vorteile ein Buch gemeinsam zu lesen.

Viktoria Großmann

Lesen muss keine einsame Angelegenheit sein. Man kann ein Buch auch zusammen mit anderen lesen und dann darüber reden. Das weiß jeder Schüler, der zu Hause seinen Schiller durchackern und im Unterricht interpretieren soll. Was den einen eine Qual ist, machen andere freiwillig: Buchhändlerin Gabriele Grim (Foto: npj) hat gemeinsam mit der Germanistin Luise Finger in ihrem Laden "Blätterwerk" in Karlsfeld erfolgreich einen Lesekreis etabliert. Der SZ erzählte sie, wie das so ist, gemeinsam Bücher zu lesen.

Gabriele Grim in ihrer Karlsfelder Buchhandlung "Blätterwerk". (Foto: DAH)

Für den 13. Oktober kündigen Sie das nächste "kreative Literaturgespräch" an. Wie spricht man denn kreativ über Literatur?

Wir sprechen zum Beispiel auch über die Hintergründe eines Buches. Neulich haben wir Max Frischs "Montauk" gelesen. Da gewinnt man doch viel, wenn man etwas über das Leben des Autors erfährt, Frau Finger kennt sich damit ja aus.

Diskutiert wird nicht?

Doch auch. Meist schon, bevor überhaupt alle sitzen. Für mich sehr interessant war das Gespräch über Uwe Timms "Am Beispiel meines Bruders"; darin geht es um den Zweiten Weltkrieg. Da kamen bei Vielen dann die Erinnerungen hoch, es wurde von Früher erzählt. Da sieht man, dass eben jeder ein Buch anders liest.

Die Teilnehmer sind also eher nicht so jung?

Die jüngsten sind um die vierzig. Die älteren Damen sind übrigens meist sehr belesen. Es lesen ja überhaupt mehr Frauen als Männer. Ich glaube, ungefähr achtzig Prozent meiner Kundschaft sind weiblich.

Wer bestimmt eigentlich, was gelesen wird?

Alle gemeinsam. Das heißt, Frau Finger macht Vorschläge und dann wird abgestimmt. Wir sind aber weder auf ein Land, noch auf eine Epoche festgelegt, so wird es nicht langweilig. Jetzt lesen wir gerade "Das Fest des Ziegenbocks" von Mario Vargas Llosa. Da werden wir dann natürlich auch über die jüngere südamerikanische Geschichte sprechen.

Dieses Buch ist ja jetzt nicht so neu, schon zehn Jahre alt. Gerade erschienen hingegen ist von Vargas Llosa "Traum des Kelten". Warum lesen Sie nicht das?

Dafür aber hat Vargas Llosa erst im vergangenen Jahr den Literaturnobelpreis bekommen. Wir lesen außerdem ganz gern Bücher, die schon als Taschenbuch erschienen sind. Dann wird es nicht so teuer.

Wie viele Leser kommen denn immer so zu den Treffen?

Insgesamt sind es wohl 15 Teilnehmer. Aber es kommen ja nicht immer alle.

Weil nicht immer alle das Buch gelesen haben . . .

Ach, wir geben uns schon vier bis fünf Wochen Zeit.

Kann man unter Druck lesen?

Manche schätzen das als Ansporn, endlich mal wieder ein Buch zu Ende zu lesen.

Interview: Viktoria Großmann

© SZ vom 16.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: