Achtung, Radfahrer!:Gefahrenparcours Münchner Straße

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Wer schnell durch Karlsfeld radeln will, sollte nicht die Route über die Münchner Straße wählen. Die Strecke hat ihre Tücken.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Sie ist die Radmeile des Landkreises schlechthin. An der Münchner Straße in Karlsfeld strampeln jeden Tag im Schnitt 1200 Menschen auf ihren Drahteseln - mehr als irgendwo sonst im Landkreis. Und nirgendwo passieren so viele Unfälle wie dort. Das belegen die Unfallstatistiken der Dachauer Polizei Jahr für Jahr. Auch im Gefahren-Atlas der SZ gilt die Münchner Straße als Gefahrenschwerpunkt: Der gemeinsame Rad-und Fußweg Richtung Dachau sei wegen der vielen Ein- und Ausfahrten zwischen Krenmoos- und Hochstraße "unattraktiv und gefährlich", kritisieren die Leser. Zwischen Hochstraße und Bürgerhaus Richtung München reiche der Platz nicht aus; dasselbe gelte für die Südost-Seite der Kreuzung Münchner Straße/Krenmoosstraße.

Sollte tatsächlich einmal ein Radschnellweg von Dachau nach München gebaut werden, wie es der Regionale Planungsverband vorhat, dann ist klar: Die Trasse kann nur parallel zur Münchner Straße verlaufen. Der ADFC hat dazu bereits einige Vorschläge gemacht, zum Beispiel die Rathausstraße hinter den großen Wohnhäusern - im Volksmund Schlachtschiffe genannt - zu einer Fahrradstraße umzuwidmen. Oder auf der anderen Seite über die Nibelungenstraße eine Trasse zu legen für den künftigen Radschnellweg.

Diskussion an der Hochstraße: Günther Rustler (v. li.), Verkehrsreferent Bernd Wanka, Peter Reiz vom ADFC und Richard Wacht, PI Dachau. (Foto: Niels P.Jørgensen)

Trotzdem wird die Münchner Straße auch in Zukunft stark von Radfahrern frequentiert sein. Und soll es auch sein. Allerdings müssen Radler einiges beachten, wie unsere Rundfahrt mit Verkehrsexperten gezeigt hat. Das beginnt schon am Ortseingang mit der Ampel. Auf der Verkehrsinsel an der Einmündung Hochstraße/Münchner Straße passen die sechs mitgeführten Fahrräder gerade so drauf. Eine größere Gruppe würde hier ernsthafte Probleme bekommen. "Diese Verkehrsinsel ist eigentlich zu klein", sagt Karlsfelds Verkehrsreferent Bernd Wanka. Heute würde man sie wohl größer bauen. Nachträglich ist das schwer möglich. Der Platz ist schon weg.

Die Frage ist auch: Wie kommt man als Radfahrer an der Hochstraße am besten auf die gegenüberliegende Seite der Münchner Straße? Theoretisch kann man mit dem Autoverkehr hinausfahren und dann auf den Radweg neben der Straße schwenken. Viele Radler lassen das aber lieber bleiben. Die Kreuzung ist ihnen zu unübersichtlich. Wäre eine eigene Radspur hier nicht sehr sinnvoll? Der Verkehrsreferent lächelt. "Ja, wäre schon schön." Konjunktiv. Die Gemeinde müsste erst die entsprechenden Flächen erwerben. Wanka geht davon aus, dass dann ein sechsstelliger Betrag fällig wäre. Wer die Haushaltslage der Gemeinde kennt - die Planungen gehen von 30 Millionen Euro Schulden in den kommenden Jahren aus - weiß, dass dieses Vorhaben auf der Liste der schönen, aber leider unfinanzierbaren Ideen landet.

Der sicherste Weg führt immer noch über den Fußgängerüberweg. Um über die vierspurige Straße zu kommen, muss man aber schnell sein, die Ampel springt schon nach kurzer Zeit wieder auf Rot. Wenn demnächst die Ampelphasen neu geschaltet werden, sollen die Fußgänger immerhin drei Sekunden mehr bekommen. Mit dem Rad ist man natürlich viel schneller drüben, doch davon rät Verkehrspolizist Richard Wacht dringend ab. Ein Fußgängerweg ist eben kein Radfahrerüberweg. "Die rechtliche Schutzwirkung des Zebrastreifens gilt nur für Fußgänger." Und ein Fußgänger ist der Radler nur dann, wenn er sein Gefährt schiebt. Bei einem Unfall müsste er sonst damit rechnen, eine Mitschuld zugesprochen zu bekommen.

Auf der anderen Seite der Münchner Straße gibt es schon wieder etwas zu beachten. Etwas, das viele Radfahrer nicht wissen - oder auch nicht wissen wollen, nämlich dass man den Radweg nur in Richtung München benutzen darf. Die Einbahnregelung ist keine Schikane, sondern eine Vorgabe, die Leben retten kann. Zum Beispiel an der Ausfahrt der Freien Tankstelle. Dortnehmen Anzeigenschilder den Blick stadteinwärts auf Geh- und Radweg. "Wenn da ein Radler kommt, hat der Autofahrer keine Chance, ihn rechtzeitig zu sehen", sagt Richard Wacht. Wer hier umgefahren wird, muss nicht nur mit Verletzungen rechnen, sondern auch damit, dass er die Arztkosten selbst begleichen muss.

Ein Biotop für Radfahrer ist die Münchner Straße nicht, eine Todesfalle ist sie aber auch nicht, solange man sich mit einem gemächlichen Tempo begnügt. Bummeln geht gut, Rasen geht gar nicht. Für die, die es richtig eilig haben, lohnt sich der Umweg über eine parallele Strecke immer.

© SZ vom 23.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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