Karlsfeld:Auf dem Trockenen

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Die Sanierung des Hallenbads zieht sich in die Länge. (Foto: Toni Heigl)

Während die Bauarbeiter im Hallenbad mit der eingedrungenen Nässe kämpfen, müssen die Karlsfelder noch ein paar Monate länger ohne Schwimmkurse und Trainings auskommen. Der Frust ist groß.

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Frust und Enttäuschung sind bei den Karlsfelder Sportlern, Hobbyschwimmern und Eltern groß. Viele hatten sich bereits auf die Eröffnung des Hallenbads im September gefreut. "Meine Kinder reden schon immer vom Planschbecken", sagt Susanne Bellmann, Mutter von zwei Kindern. "Wir müssen sie immer wieder vertrösten." Matthias Busl wollte im Erziehungsurlaub mit seinen drei Kindern Schwimmen üben. "Da kann man mit dem Rad mal schnell hinfahren", sagt er. Doch daraus wird nun nichts: Bis Ende des Jahres wird das Karlsfelder Hallenbad geschlossen bleiben. "Es ist eine Tragödie", sagt der Präsident des TSV Eintracht Karlsfeld Rüdiger Meyer, der zugleich auch CSU-Gemeinderat ist. Seine Schwimmabteilung sitzt bereits seit März 2020 auf dem Trockenen, mit einer kurzen Ausnahme von einer Woche im vergangenen Herbst. Trotz allem Verständnis für die Gründe der verlängerten Schließung ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. "Und dann die große Befürchtung, dass wieder bis Mai coronabedingt zu ist", sagt Claudia Herrmann, Trainerin für Kinder und Jugendliche.

"Das Hallenbad ist jetzt schon seit Monaten geschlossen, da hätte man mit den Reparaturen früher beginnen können", ärgert sich eine Facebook-Nutzerin im Infokreis Karlsfeld. Doch Tatsache ist, dass der heftige Regen sich erst im Frühsommer seinen Weg durch das marode Dach des Hallenbads gesucht hat. Die Isolierschicht darunter sog das Wasser auf und ist nun so schwer geworden, dass sie zusammen mit der Zwischendecke hinabzustürzen droht. Erst vor zwei Wochen sei das in einem anderen Bad bereits geschehen, berichtet Gebäudemanager Marco Mühlenhoff. Die Gerüstbauer sind bereits am Werk. Sie müssen darauf achten, dass die empfindlichen Edelstahlbecken nicht beschädigt werden. Nächste Woche sollen bereits die Abrissarbeiten beginnen, so Mühlenhoff. Wenn Zwischendecke und Isolation weg sind, wird man sehen, ob es noch mehr Probleme in dem Bereich gibt. Die Sorge ist, dass eventuell die Elektrik in Mitleidenschaft gezogen ist, denn dort verlaufen auch Kabel. Derzeit geht die Gemeinde davon aus, dass die Notreparatur 100 000 Euro kosten wird, so Theil. Die Mittel dafür seien bereits im Haushalt eingeplant, da man immer etwas beiseite lege, um in solchen Situationen reagieren zu können.

"Wichtig ist, dass das Bad langfristig erhalten bleibt"

Mühlenhoff betont: "Es ist keine Sanierung, sondern nur die Herstellung von Verkehrssicherheit, damit man das Bad noch mal aufmachen kann." Die Stellen, an denen Wasser jetzt massiv eintritt, sollen notdürftig abgedichtet werden. Es werde aber weiterhin hineinregnen, prophezeit Meyer. "So wie in den letzten fünf Jahren schon." Die Zwischendecke wird nicht mehr eingezogen, was sich voraussichtlich auf die Akustik auswirken wird. Heike Miebach (Grüne) ist entrüstet, dass es bereits seit 2015 durch das Dach hineinregnet. Ein Ingenieurbüro hatte damals das Bad inspiziert und den Gemeinderäten ans Herz gelegt, dass es viele Dinge gebe, die nicht mehr fünf bis zehn Jahre hinausgeschoben werden könnten. Doch die Finanzen waren immer knapp und so wurde die Sanierung des Dachs Jahr für Jahr zurückgestellt. "Das Bad hätte nicht die Schäden, die es jetzt hat, wenn man dringende Maßnahmen wie das kaputte Dach nicht immer wieder herausgezögert hätte", klagt Miebach. Der Gebäudemanager bestätigt dies. "In Zukunft müssen wir die Gebäude besser im Auge behalten. Wir wollen nicht, dass immer wieder etwas gesperrt wird", sagt die Grüne.

"Wichtig ist, dass das Bad langfristig erhalten bleibt", sagt Susanne Bellmann. Sie würde am liebsten sofort mit der Sanierung beginnt. Dafür sei sie auch bereit Geld zu spenden, sagt sie. "Fußballplätze werden gebaut und für Hallenbäder gibt's keine Gelder. Das ist schon frustrierend", beklagt Anke Nowak, ebenfalls Mutter und TSV-Trainerin. Doch abgesehen von der langfristigen Aussicht auf erneute längere Schließung sind viele Eltern schon jetzt besorgt, dass ihre Kinder nicht mehr schwimmen lernen. Seit eineinhalb Jahren gibt es wegen der Corona-Pandemie keine Kurse mehr. Dabei waren diese in Karlsfeld so beliebt, dass sie innerhalb von fünf Minuten ausgebucht waren, berichten Trainer und Eltern. Schon in normalen Jahren seien nicht alle Kinder zum Zug gekommen. "Grob geschätzt lernen 250 Kinder im Jahr bei uns schwimmen", sagt Nowak. Angesichts des nahen Sees sei dies auch "lebensnotwendig".

Mehr Kurse könne man auch in Zukunft nicht anbieten, denn der Verein habe nicht mehr Schwimmtrainer, erklärt Präsident Meyer. Wie man die Plätze verteilt, wenn wieder Kurse abgehalten werden können, ist noch offen. Vielleicht müsse man erst mal die Sechs- und Siebenjährigen drannehmen, schlägt Claudia Herrmann vor. "Es ist jedenfalls aussichtslos, dass jeder einen Platz bekommt", sagt sie. Einige Eltern machen sich bereits mit dem Gedanken vertraut, dass sie sich nach Alternativen umsehen müssen. "Wir müssen sehen, was wir als berufstätige Eltern leisten können", sagt eine 40-jährige Mutter angesichts der Fahrwege. Anderswo werde es auch nicht einfach, einen Platz zu bekommen, fürchtet sie. Bellmann ist indes entspannt: "Wir haben schwimmfreudige Verwandte." Aber sie macht sich Sorgen, dass sich künftig Kinder am See aufhalten, die nicht schwimmen können. Noch sei nichts Schlimmes passiert, beruhigt Andreas Fichtl von der Wasserwacht Karlsfeld. "Wir schauen jetzt genauer über den See." Die Auswirkungen der langen Hallenbadschließung kämen vermutlich noch, fürchtet er.

Die Schwimmabteilung des TSV klagt indes über hohe Einnahmeverluste, denn mit den Schwimmkursen haben die Sportler ihr Training finanziert. "Ich erwarte eine Lösung vom Gesamtverein", sagt Trainer Tobias Herrmann. Doch der fürchtet ebenfalls massive finanzielle Einbußen: Noch sind Schwimmer und Triathleten dem Verein treu, obwohl sie seit eineinhalb Jahren nicht im Wasser trainieren können, zahlen sie ihre Beiträge. Doch je länger die Schließung des Hallenbads dauert, umso ungeduldiger werden sie, zumal schon in etwa zwei Jahren die große Sanierung ansteht, das Hallenbad also wieder nicht nutzbar sein wird. "3390 Mitglieder haben wir jetzt", sagt Präsident Meyer. Vor Corona waren es über 4000. "Wenn das so weiter geht, werden wir die Beiträge erhöhen müssen, weil die Mitglieder austreten. Wir wären nicht der erste Verein", sagt er. Die Schwimmabteilung hat 250 Mitglieder. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) spreche derzeit mit benachbarten Schwimmbädern, ob der Verein dort unterkommen könne, so der Präsident.

Ihren Frust über die ständig verschobene Öffnung des Hallenbads kann Gabi Kornbichler, die Trainerin der Synchronschwimmerinnen, kaum verhehlen. "Letztes Jahr hatten im Juni alle Bäder offen, nur unseres nicht. Den einzigen Wettkampf mussten wir absagen, weil wir nicht trainieren konnten", klagt sie. Außerdem könne man keinen Nachwuchs heranziehen. "Die Kinder und Jugendlichen verlieren die Lust und orientieren sich um", sagt Tobias Herrmann. "Es ist schwer, sie zum Trockentraining zu motivieren."

© SZ vom 07.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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