Haushalt:Zähes Ringen mit der schlechten Finanzlage

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In den kommenden Jahren muss das Karlsfelder Bürgerhaus für mehrere Millionen Euro saniert werden - eine Herausforderung für die klamme Gemeinde. (Foto: Toni Heigl)

Karlsfeld wird heuer Schulden in Höhe von zehn Millionen Euro aufnehmen, wie der Gemeinderat mit dem diesjährigen Haushaltsplan beschlossen hat. Dagegen stimmen SPD und Grüne und fordern ein Umdenken.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Wie prekär die finanzielle Lage Karlsfelds ist, wurde im März mit der Schließung des Hallenbades deutlich. Diese Entscheidung des Gemeinderats hat auch die Haushaltsplanungen für das gesamte Jahr beeinflusst, denn der Betrieb der Schwimmhalle hat ein großes Defizit im Gemeindesäckel verursacht. Erst am Donnerstagabend konnte das Gremium nun den Haushalt für das Jahr 2023 beschließen - nachdem ein Großteil des Jahres schon vorüber ist. "So spät waren wir noch nie dran", sagte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) und begründete die Verzögerung auch damit, dass die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst erst abgeschlossen wurden und Kämmerer Alfred Giesinger seit Längerem krank ist. Die Aufsichtsbehörde des Landratsamtes hat den Haushaltsplan mit einer Kreditaufnahme von rund zehn Millionen Euro bereits genehmigt, aber vor allem die Gemeinderäte von Grünen und SPD äußerten heftige Kritik daran - und stimmten letztlich dagegen.

Bevor die Gemeinderäte ihre Haushaltsreden hielten, gab Geschäftsleiter Francesco Cataldo einen Einblick in den Haushalt. Dieser hat mit rund 71 Millionen Euro das bisher größte Volumen in der Geschichte der Gemeinde. Zu den größten Ausgaben gehören: die Sanierung der Mittelschulturnhalle (7,5 Millionen Euro), Restzahlungen für den Neubau der Grundschule an der Krenmoosstraße (1,1 Millionen Euro), Investitionen in die Ausstattung der 17 Kitas (430 000 Euro), Sanierung des Bürgerhauses (270 000 Euro) und Erschließungskosten für das neue Gymnasium (500 000 Euro) sowie das Ludl-Gelände (700 000 Euro). Bei diesen Erschließungskosten bestehe aber noch Hoffnung, dass diese rückerstattet würden, so Kolbe.

Insgesamt ergibt sich im Haushalt ein Defizit von 14,4 Millionen Euro, vier Millionen davon tilgt die Gemeinde mit einer Rücklage, den Rest mit einer Kreditaufnahme. Die Pro-Kopf-Verschuldung liege in Karlsfeld bei rund 1600 Euro pro Einwohner, der bayernweite Durchschnitt liege bei rund 560 Euro, so Cataldo.

"Wir müssen hart an der Gewerbeentwicklung arbeiten"

Kolbe kritisierte abermals die schlechte finanzielle Ausstattung der Kommunen, die immer mehr Pflichtaufgaben übernehmen müssten, und wünschte sich mehr Unterstützung vom Freistaat: "Vielen Kommunen steht das Wasser bis zum Hals." Wie weitere Gemeinderäte forderte er, dass Bund und Länder die Kommunen finanziell besser ausstatten. Anton Flügel (Freie Wähler) stellte feste: "Jeder will einen Teil von unserem Geldkuchen."

Außerdem kritisierte Kolbe, dass ein Bürgerbegehren im Jahr 2011 das Gewerbegebiet im Grünzug zur Dachauer Stadtgrenze verhindert habe: "Vielleicht hätte die Situation für das Hallenbad anders ausgeschaut", wenn diese Gewerbesteuern geflossen wären, sagte Kolbe. Bündnis-Fraktionssprecher Peter Neumann sagte: "In Karlsfeld haben wir zu wenig Gewerbesteuer und zu viel Einkommenssteuer", gleichzeitig gebe es kaum Flächen, wo sich Gewerbe ansiedeln könnte. "Aber wir sind dran", versicherte Neumann. Bernd Wanka (CSU) plädierte in eine ähnliche Richtung: "Wir müssen hart an der Gewerbeentwicklung arbeiten." Denn aktuell müsse Karlsfeld überall sparen, "wo es gerade noch so vertretbar ist". Außerdem dankte er den Ehrenamtlichen in Karlsfeld, denn ohne ihr Engagement würde die Gemeinde noch ärmer dastehen.

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Michael Fritsch (Grüne) kritisierte, dass bei den Haushaltsverhandlungen meist um Kleinstbeträge gestritten werde, es der Gemeinde aber an einer Gesamtstrategie fehle, um die finanzielle Lage wieder in den Griff zu bekommen. Daran müsse nicht nur das Gremium arbeiten: "Es ist Aufgabe des Bürgermeisters, Haushaltsszenarien zu formulieren und mit seinem Team Vorschläge für die Probleme von heute und morgen zu erarbeiten." Außerdem sagte er, dass der Restwert des Hallenbades vor dessen Schließung noch etwa auf zehn Millionen Euro geschätzt worden sei: "Diesen Restwert müssen wir vernichten, weil niemand rechtzeitig gegengesteuert hat."

Höhere Gewerbesteuereinnahmen hätten das Hallenbad auch nicht gerettet

SPD-Gemeinderätin Venera Sansone sagte, dass ein Ende der tiefroten Zahlen in Karlsfeld zumindest in den nächsten zehn Jahren nicht in Sicht sei: "Es werden neue Schulden gemacht, anstatt zum Ausgleich des Haushaltsloches etwa Steuern zu erhöhen oder Ausgaben einzusparen." Der Vorschlag ihrer Partei, die Gewerbesteuer auf 400 Punkte zu erhöhen, sei abgelehnt worden, genauso wie die Idee, den Gemeindehaushalt durch einen externen Dienstleister analysieren zu lassen.

Finanzreferent Stefan Theil (CSU) antwortete darauf, dass diese Gewerbesteuer-Erhöhung das Hallenbad auch nicht gerettet hätte. Zudem kämpfe Karlsfeld mit den hohen Energiepreisen und müsse - nach einem neu abgeschlossen Vertrag im Dezember - heuer rund 67,8 Cent pro Kilowattstunde Strom ausgeben, für die Jahre 2020 bis 2022 lag der Preis noch bei fünf Cent. Zum Schluss bedauerte Anton Flügel die Schließung des Hallenbades und sagte, er sehe es nun als Auftrag, gute Lösungen für Karlsfelds Zukunft zu finden - trotz der schwierigen Finanzlage.

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