Internationale Jugendbegnung Dachau:Die Neugier der Anderen

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Die Internationale Jugendbegegnung Dachau lockt 100 Besucher aus mehr als 20 Ländern an. Doch nur ein Teilnehmer kommt aus Dachau.

Anna Schultes

Sie kommen aus Frankreich, Spanien, Polen, Tschechien, Israel, Korea oder den USA. Etwa 100 junge Menschen aus mehr als 20 Ländern nehmen in diesem Jahr an der 29. Internationalen Jugendbegegnung Dachau (IJB) teil. Zwei Wochen werden sie im Jugendgästehaus Dachau miteinander leben und lernen. Sie setzen sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus, aber auch mit heutigen Formen von Ausgrenzung und Rassismus auseinander. Seit 1983 kommen unter dem Motto "Erinnern - Begegnen - Verstehen - Zukunft gestalten" Jugendliche aus aller Welt nach Dachau. Anfangs gab es für alle ein Zeltlager. Seit der Eröffnung des Jugendgästehauses im Jahr 1998 findet die Veranstaltung dort statt. Die Vorbereitungen haben ein Jahr gedauert. "Sobald die Jugendbegegnung vorbei ist, wird neu geplant", sagt Agnes Becker. Sie ist seit drei Jahren Projektleiterin. Den Höhepunkt der Jugendbegegnung bilden für Becker die Zeitzeugengespräche: "Das sind besonders intensive Momente." Nicht nur die offiziellen Termine, wie etwa das Zeitzeugencafé, bei dem Teilnehmer und Besucher die Möglichkeit haben, mit Überlebenden ins Gespräch zu kommen. Sondern besonders auch die kleinen informellen Gespräche. "Das begeistert mich immer sehr." Von Beginn an wird die IJB von Zeitzeugen begleitet. Ernst Grube, Walter Joelsen, Mirjam Ohringer und Leslie Schwartz werden heuer nach Dachau kommen, um mit den Teilnehmern zu diskutieren und über ihr Schicksal zu sprechen. Auch Max Mannheimer, der Namenspatron des Studienzentrums im Dachauer Jugendgästehaus, wird da sein. Abba Naor, Überlebender des Dachauer KZ-Außenlagers Kaufering I, landete bereits am Sonntagabend mit einer Gruppe israelischer Jugendlicher am Münchner Flughafen (siehe Kasten). Neben Exkursionen und Vorträgen haben die Teilnehmer bei mehrtägigen Workshops die Möglichkeit, sich intensiv mit einer Thematik zu beschäftigen. Die Arbeitsgruppen beleuchten Themen wie "Familiengeschichten", "Widerstand und Solidarität im Nationalsozialismus", "Gesellschaft im Dritten Reich", "Das Außenlager Mühldorf" oder "Stereotypen, Vorurteile und Feindbilder". Und: "Es wird immer einen Brückenschlag zu heute geben", sagt Agnes Becker. Ehrenamtliche im Alter von 18 bis Anfang 30 aus zehn europäischen Ländern konzipieren und leiten die Workshops. "Es geht nicht darum, ganz streng einen historischen Workshop zu machen", erläutert Becker. Es gehe vielmehr "um die Auseinandersetzung". Nur ein Dachauer nimmt heuer an der Internationalen Jugendbegegnung teil, "da müssen wir in die Analyse gehen", räumt die Projektleiterin ein. In den vergangenen Jahren seien es mehr Jugendliche aus dem Landkreis gewesen. Aufgrund der großen Teilnehmerzahl finden die meisten Workshops in Kleingruppen statt. Ein großer gemeinsamer Ausflug ist nach Nürnberg geplant, wo die Jugendlichen das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände besuchen. Am Abend können sich die Jugendlichen bei einem lockeren Programm näher kennenlernen. Bei einem Auftritt der Dachauer Funkband Orange Fizz, beim Biergartenbesuch oder beim Fest der Begegnung, zu dem auch Bürger eingeladen sind, kommt das gemeinsame Feiern nicht zu kurz. Träger der Jugendbegegnung sind der Bund der Deutschen Katholischen Jugend in der Erzdiözese München und Freising, das DGB-Jugendsekretariat München, die Evangelische Jugend München, der Förderverein für Internationale Jugendbegegnung und Gedenkstättenarbeit in Dachau und der Kreisjugendring Dachau. Im vergangenen Jahr erhielt das Team der IJB den Verfassungspreis "Jugend für Bayern". Ende Juni folgte daraufhin eine sechsköpfige Delegation der Einladung zu einer viertägigen Informationsreise nach Brüssel. Bei der Internationalen Jugendbegegnung setzen sich die Jugendlichen nicht nur mit der Vergangenheit auseinander. Neben dem Umgang mit Geschichte und Gegenwart geht es Projektleiterin Agnes Becker in den zwei Wochen besonders um das Zusammentreffen der Teilnehmer. Denn: "Gemeinsam kann man sehr viel bewegen." Die Internationale Jugendbegegnung Dachau dauert von Samstag, 30. Juli, bis Freitag, 12. August. Zum Auftakt findet am Sonntag, 31. Juli, 9.15 Uhr, ein ökumenischer Gottesdienst in der Evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau statt. Weitere öffentliche Veranstaltungen im Jugendgästehaus Dachau: Fest der Begegnung am Samstag, 6. August, 19 Uhr; Zeitzeugencafé am Sonntag, 7. August, 15 Uhr; Präsentation der Workshops, Mittwoch, 10. August, 20 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen im Internet unter www.jugendbegegnung-dachau.de.

Zur Internationalen Jugendbegegnung kommen Jugendliche aus vielen Teilen der Welt. Nur bei den Dachauern selbst ist das Interesse gering. (Foto: www.joergensen.com)
© SZ vom 30.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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