Klimawandel:"Spontanes Hitzefrei gibt es nicht mehr"

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Vor rund 15 Jahren wurde die Fassade des Josef-Effner-Gymnasiums generalsaniert: Die Verglasung schützt gegen Kälte, aber nicht gegen Wärme. Deshalb heizt sich das Gebäude im Sommer stark auf, sagt Schulleiter Peter Mareis. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Hitze macht Schülern und Lehrern zu schaffen. Doch auf die Durchsage, dass der Unterricht vorzeitig endet, hoffen sie meist vergeblich. Warum das so ist, erklären Schulleiter aus dem Landkreis Dachau.

Von Marie Kermer, Stadt Dachau

2022 war das bislang wärmste Jahr in Bayern seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, und auch in diesem Sommer kletterte das Thermometer bereits über die 38-Grad-Marke. Der Hitzestress macht auch Schülern und Lehrern an den bayerischen Schulen zu schaffen, so der Schulleiter des Josef-Effner-Gymnasiums in Dachau, Peter Mareis: "Es ist eine große Herausforderung, bei hohen Temperatur zu unterrichten und unterrichtet zu werden."

Doch Schülerinnen und Schüler, die auf die Durchsage "Hitzefrei" hoffen, warten meist vergeblich: Bereits 2009 hat das bayerische Kultusministerium die Regelung abgeschafft, dass es an heißen Tagen ein pauschales Hitzefrei an allen bayerischen Grund- und Mittelschulen gibt. Nun entscheiden Schulleiterinnen und Schulleiter selbst darüber, ob es hitzefrei gibt oder nicht.

Das Ziel dahinter, so das Kultusministerium, sei die Eigenverantwortung der Schulen zu stärken und flexiblere Möglichkeiten für den Umgang mit Hitze zu schaffen. Dadurch soll die Schulleitung auch die baulichen Voraussetzungen des eigenen Gebäudes berücksichtigen können.

Schulleiter muss Hitzefrei mit Eltern abklären

Der Dachauer Schulleiter Peter Mareis erklärt, dass seine Schule bereits eine Woche im Voraus planen müsse, wenn es hitzefrei geben soll. Denn in der gebundenen Ganztagsschule haben Eltern einen Betreuungsanspruch ihrer Kinder bis 15.15 Uhr, daher muss Mareis ein Hitzefrei mit den Eltern abklären. Außerdem müssen die Schulmensen zuvor informiert werden, sonst müssen sie bei einem spontanen Unterrichtsausfall viel Essen wegwerfen. "Es herrscht so viel planerischer Aufwand, dass man kein spontanes Hitzefrei geben darf", sagt Mareis.

An anderen Ganztagsschulen, wie an der Mittelschule Dachau-Süd, gibt es generell kein Hitzefrei, sagt Rektorin Anja Kreter, denn: "Eltern verlassen sich auf die Betreuung in der Schule." Deshalb empfiehlt sie ihren Klassen, sich bei Hitze in die unteren Stockwerke der Schule zurückzuziehen oder den Unterricht in den Wald oder auf den Spielplatz zu verlagern.

Andrea Wiesner ist Schulleiterin der Grundschule Augustenfeld in Dachau. Auch sie sagt, dass Hitzefrei in einer Grundschule schwierig zu organisieren sei. Denn es müsse gewährleistet sein, dass die Kinder bei vorzeitigem Unterrichtsschluss weiterhin betreut werden, sie müssten also früher in den Hort oder in die Nachmittagsbetreuung gehen. Doch das findet Wiesner bei einem Unterricht, der ohnehin nur bis 13 Uhr dauert, nicht sinnvoll. Außerdem sorge eine Belüftungsanlage im Neubau der Grundschule dafür, dass der Unterricht auch bei hohen Temperaturen erträglich bleibe, so Wiesner.

"Hitzetechnisch haben wir keinerlei Beeinträchtigungen des Unterrichtsbetriebs."

Auch an der Realschule Dachau sei die Hitze noch gut auszuhalten, so Schulleiterin Tanja Huber. Denn bei dem Gebäude handle es sich um ein vollklimatisiertes Passivhaus, bei dem Dach und Außenwand gegen Wärme gedämmt sind. "Hitzetechnisch haben wir keinerlei Beeinträchtigungen des Unterrichtsbetriebs", sagt Huber.

In Deutschland gibt es keine einheitlichen Hitzefrei-Regelungen - sie unterscheiden sich je nach Bundesland. Im benachbarten Baden-Württemberg gilt beispielsweise die Außentemperatur als Maßstab: Dort empfiehlt das Kultusministerium, den Unterricht früher zu beenden, wenn die Außentemperatur um 11 Uhr bereits 25 Grad im Schatten beträgt. In Hessen entscheidet wie in Bayern jede Schule selbst über Hitzefrei und andere Maßnahmen.

Zum künftigen Umgang mit Hitze kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits Mitte Juni einen nationalen Hitzeschutzplan an, den er gemeinsam mit den Ländern, Kommunen sowie Expertinnen und Experten erarbeiten möchte. Nun bleibt abzuwarten, ob der Hitzeschutzplan auch eine einheitliche Hitzefrei-Regelung für die Bundesländer vorsieht.

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