Natur:Versiegte Lebensquelle

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Mittlerweile fließt im Laffgraben in der Nähe des Heiglweihers wieder Wasser. Ende Juli war der Bach ausgetrocknet. (Foto: Toni Heigl)

Der Laffgraben bei Haimhausen war Heimat für Tausende Fische, Amphibien und Kleinstlebewesen. Ende Juli trocknete der Bach aus, die Flussbewohner starben. Der mutmaßliche Grund: eine illegale Wasserentnahme.

Von David Schmidhuber, Haimhausen

Eigentlich wirkt alles normal am Laffgraben an diesem Sommervormittag Anfang September: Im Bach, der bei Röhrmoos entspringt und sich in der Nähe des Heiglweihers bei Haimhausen in die Amper ergießt, fließt genügend Wasser. Doch unter der Wasseroberfläche herrscht Ausnahmezustand: Jahrzehntelang war der Laffgraben Heimat für Fische, Amphibien und Kleinstlebewesen. Jetzt sind die Bachbewohner verschwunden. Oder wie die Naturschützer sagen: Sie sind gestorben.

In den vergangenen Wochen war der Laffgraben, der nur Ortskundigen ein Begriff ist, zweimal ausgetrocknet - begonnen hatte es Mitte Juli. Für Albert Linbrunner, Vorsitzender der Fischerfreunde Haimhausen, die den Laffgraben von der Gemeinde gepachtet haben und sich seit mehreren Jahren um diesen kümmern, "war es ein Schock". Ein Vereinsmitglied schickte ihm am Abend des 18. Juli Fotos der Katastrophe.

Das Foto vom 18. Juli zeigt, wie der Laffgraben aufgestaut wurde. (Foto: privat)
Noch im August war der Bach nur ein kleines Rinnsal. (Foto: privat)

Wenig später konnten der zuständige Gewässerwart und die Polizei, bei der noch am selben Abend eine Anzeige eingegangen war, herausfinden, weshalb am Laffgraben in Haimhausen kein Wasser floss: Mithilfe von Holzbrettern, Steinen und Sandsäcken hatte jemand an einer Stelle des Grabens nahe Schönbrunn eine Engstelle erzeugt, um mit einer Tauchpumpe mutmaßlich gezielt Wasser aus dem Laffgraben zu entnehmen und damit einen direkt anliegenden Kartoffelacker zu bewässern.

Durch die Aufstauung konnte das Wasser nicht wie gewohnt den Laffgraben entlang Richtung Haimhausen fließen, sodass der Abschnitt des Gewässers bei Haimhausen kaum oder gar kein Wasser führte. Auf mehr als zweieinhalb Kilometern war der Laffgraben im Bereich nahe Schönbrunn bis zum Ampereinlauf in Haimhausen trockengelegt.

Geologe Fritz Göbl, der sich in seiner Masterarbeit mit dem Laffgraben auseinandergesetzt und den Bestand des Bachlebens erforscht hat, zieht ein verheerendes Fazit: "Das Ökosystem, wie es existiert hat, ist auf die nächsten Jahre zerstört. Tausende Fische, Amphibien und Kleinstlebewesen waren im Laffgraben heimisch und sind durch die Austrocknung gestorben." Insgesamt waren rund 13 verschiedene Fischarten, wie unter anderem Stichling, Nase und Bachforellen, im Bach beheimatet gewesen.

"Der Laffgraben ist noch nie ohne Wasser gewesen"

Die Polizei identifizierte Ende Juli den mutmaßlichen Verantwortlichen, einen Landwirt aus Schönbrunn. Das Landratsamt leitete daraufhin ein Bußgeldverfahren gegen den Landwirt ein, dieses läuft noch. Auf Anfrage der SZ Dachau wollte sich der beschuldigte Landwirt nicht zu den Vorwürfen äußern. Bei "vorsätzlicher unerlaubter Gewässerbenutzung" sieht ein Gesetz einen Bußgeldrahmen von bis zu 50 000 Euro vor.

Im Laufe des Verfahrens habe der Landwirt schriftlich Stellung bezogen, so das Landratsamt. Seine Aussagen würden "weitere Ermittlungen" erforderlich machen. "Möglicherweise wurde die Tat durch einen Dritten begangen", erklärt die Behörde. An diesen Dritten wurde in der vergangenen Woche ein Anhörungsschreiben geschickt. "Die Nachweisbarkeit der Tat und die Schuldfähigkeit des jeweiligen Beschuldigten vorausgesetzt, könnte in den nächsten vier Wochen ein Bußgeldbescheid ergehen", so das Landratsamt.

Auf die Trockenperiode des Laffgrabens Mitte Juli folgte eine weitere knapp einen Monat später. Auch diese setzte den Flussbewohnern zu und steht mutmaßlich im Zusammenhang mit der illegalen Wasserentnahme im Juli. Am 21. August informierte das Landratsamt Dachau das Wasserwirtschaftsamt. Dieses kontrollierte daraufhin den Bach. "Es wurde eine minimale Wasserführung im Laffgraben festgestellt", erklärt das Wasserwirtschaftsamt. "Die Wasserführung war wegen der zu dieser Zeit herrschenden Hitzeperiode so gering, dass es stellenweise durch natürliche Ursachen wie Verdunstung und Versickerung trocken fiel", ergänzt die Pressestelle des Landratsamts Dachau.

An dieser Darstellung zweifelt man in Haimhausen. "Den Laffgraben gibt es schon seit vielen Jahrzehnten und seit ich ihn kenne, ist er noch nie ohne Wasser gewesen", sagt Albert Linbrunner. Auch Haimhausens Gemeinde-Geschäftsführer Florian Erath sowie Geologe Göbl sind der Meinung, dass die Austrocknung nicht nur natürliche Gründe gehabt haben kann. "Auch in den heißesten Sommern der vergangenen Jahre ist der Laffgraben nie ausgetrocknet", sagt Göbl.

(v. l.) Florian Erath, Fritz Göbl und Albert Linbrunner stehen vor dem Laffgraben, in dem inzwischen wieder Wasser fließt. Doch in seinem Inneren lebt nichts mehr. (Foto: Toni Heigl)

Gemeinde-Geschäftsführer Erath erzählt, der Fluss sei am 21. August aufgrund der mutmaßlich illegalen Wasserentnahme noch immer beengt gewesen. "Erdreich und Steine, womit die Engstelle erzeugt worden war, waren am 21. August immer noch nicht zurückgebaut." Das Landratsamt erklärt dazu, dass die Kontrolle des Wasserwirtschaftsamtes zeige, dass "Restmaterial im Bachbett verblieben war", doch dass dies "nicht ursächlich für die geringe Wasserführung" gewesen sei. "Das Trockenfallen im August steht nicht im Zusammenhang mit der unerlaubten Wasserentnahme im Juli."

Jetzt soll der Laffgraben renaturiert werden

Erath glaubt, dass "durch die vorhandene Beengung nahe Schönbrunn nur ein kleines Rinnsal nach dem Aufstauungsbereich weiterlaufen konnte". Das war am 21. August, wie auch Bilder zeigen. Erath, Göbl und Linbrunner sind sich einig: Nur aufgrund der Hitzeperiode kann das Gewässer Mitte August nicht ausgetrocknet sein.

Mittlerweile ist der Staudamm entfernt. Der Laffgraben hat seit den Regenfällen Ende August wieder Wasser. Doch es gibt kein Flussleben mehr und "das wird auch noch einige Jahre so bleiben", meint Göbl. Um diesen Zustand zu ändern, müsste der Bach renaturiert werden. Das würde unter anderem heißen, die zuvor heimischen Fische wie Stichlinge und Bachforellen wieder ins Gewässer einzusetzen, Fischhindernisse im Bach zu entfernen und den Bach mäandrieren zu lassen.

"Mithilfe der Renaturierungsmaßnahmen könnte innerhalb von fünf bis zehn Jahren das Flussleben wiederhergestellt sein", meint Göbl. Wenn nicht, würde es rund fünf Jahre länger dauern, bis sich der Laffgraben wieder komplett erholt. Gemeinde und die Fischerfreunde Haimhausen um Albert Linbrunner sind schon im Austausch, um die Renaturierung voranzutreiben und einzuleiten. Florian Erath sagt: "Die Umwelt geht uns alle an."

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