Prozess:"Ich habe durch meine Taten diesen Menschen noch mal wehgetan"

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Der Angeklagte wird vor Prozessbeginn am Landgericht in den Gerichtssaal geführt. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ein 54-Jähriger räumt vor Gericht ein, hunderttausendfach Abbildungen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen online verbreitet zu haben.

Ein 54-Jähriger aus dem Landkreis Dachau muss sich seit Freitag vor dem Landgericht München wegen Besitzes und Verbreitung von kinder- und jugendpornografischen Schriften verantworten. Ihm wird vorgeworfen, Hunderttausende Bilder und Videos ins Internet geladen zu haben, die schweren Missbrauch an Kindern und Jugendlichen zeigen. Weil sie millionenfach heruntergeladen wurden, habe der Mann damit gut 85 000 Euro verdient.

Allein für Besitz kinderpornografischer Schriften sieht das Strafrecht eine Haftstrafe zwischen einem und zehn Jahren vor. Zum Prozessauftakt kündigt die Verteidigung ein "Pauschalgeständnis" an. Der Mandant wolle alle Vorwürfe aus der Anklageschrift einräumen.

Vier weitere Verhandlungstermine

Ungefähr anderthalb Terabyte Daten soll der Angeklagte hochgeladen haben - so viel, dass die Staatsanwaltschaft die Sichtung des Materials irgendwann einstellen musste, wie der Vorsitzende Richter am Eröffnungstag erklärt.

Seit seiner Festnahme im Februar vergangenen Jahres sitzt der Angeklagte in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim in Haft. In der Verhandlung ringt er mehrfach um Worte, setzt neu an. "Es ist mir sehr, sehr peinlich", sagt er. Ihm sei klar, dass er etwas "unglaublich Schlechtes getan" habe. "Ich habe durch meine Taten diesen Menschen noch mal wehgetan." Nach der Trennung von seiner Frau Anfang der 2000-er Jahre habe er begonnen, online pornografische Inhalte zu konsumieren, schildert der Angeklagte. Aufgrund einer angeborenen Nervenerkrankung lebe er sehr zurückgezogen, sei fortan immer mehr in Richtung problematischer Inhalte abgedriftet und habe festgestellt, dass damit recht einfach Geld zu verdienen sei.

Den ersten Verhandlungstag beschließen zwei Beamtinnen der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck, die als Zeuginnen den Ermittlungshergang schildern. Demnach wurden die Behörden durch eine internationale Kooperation auf die Aktivitäten des Angeklagten aufmerksam. Ein US-amerikanischer Provider hatte ein hochgeladenes Foto an die ebenfalls in den USA ansässige "Organisation National Center for Missing and Exploited Children" (NCMEC) gemeldet. Diese gab den Verdachtshinweis an das Bundeskriminalamt weiter. Beim nächsten Verhandlungstermin am kommenden Montag wird ein IT-Forensiker der Kriminalpolizei Aussagen über die genaue Sichtung der Datenträger des Angeklagten machen. Insgesamt sind vier weitere Verhandlungstermine anberaumt.

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