Gada Bergkirchen:Fördern statt verhindern

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Ein Textilgroßhandel im Bergkirchener Gewerbegebiet ist CSU und ÜB ein Dorn im Auge. Der Betrieb verstoße gegen das Einzelhandels- und Zentrenkonzept. Die Freien Wähler halten diese Wirtschaftspolitik für falsch.

Helmut Zeller

Der Großhandel Engelbert Strauss bietet in Bergkirchen ein großes Textilsortiment an. CSU und ÜB sehen darin eine Konkurrenz für den Dachauer Einzelhandel. (Foto: Toni Heigl)

Stadträte der Freien Wähler (FW) betrachten den wirtschaftspolitischen Kurs der Stadt Dachau schon länger mit wachsender Skepsis. Jetzt fordern die Freien Wähler eine grundlegende Korrektur: die Abschaffung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Stadt. Auslöser des Streits, der sich nun abzeichnet, ist der Großhandel Engelbert Strauss, der sich im benachbarten Bergkirchener Gewerbegebiet Gada angesiedelt hat und auf einer Fläche von 2400 Quadratmetern Größe Arbeitskleidung verkauft.

Der Forderung der Freien Wähler ging eine Debatte im Februar im Bauausschuss des Dachauer Stadtrats voraus: CSU und ÜB kritisierten die Einzelhandelsniederlassung in der Gemeinde Bergkirchen, die sie als einen Schlag gegen das Dachauer Zentrenkonzept verstehen. ÜB-Sprecher Peter Denk äußerte erhebliche Zweifel an der Genehmigung des Fachmarktes Engelbert Strauss als Großhandel, der im Oktober 2012 geöffnet hat. Die Regierung von Oberbayern als oberste Genehmigungsbehörde bezog ihre Entscheidung auf ein Gutachten, demzufolge das spezialisierte Warensortiment (Arbeitsschuhe- und Handschuhe, Berufsbekleidung) überwiegend nicht zentren-relevant ist und nicht an Konsumenten im Einzelverkauf vertrieben wird.

Das aber bezweifelte eben Stadtrat Denk: "Der Betrieb verkauft auch Sportschuhe, Unterwäsche und vieles mehr, das sehr wohl zentrumsrelevant für den Dachauer Einzelhandel ist." Außerdem soll man bei einem Einkauf in dem Geschäft keinen Gewerbeschein brauchen. CSU-Fraktionssprecher Christian Stangl sah das ähnlich. Wie er sagte, führt der Betrieb im Gewerbegebiet Gada das Zentrenkonzept der Stadt Dachau ad absurdum. Das Zentrenkonzept soll den Einzelhandel in der Innenstadt vor der Konkurrenz von Einzelhandelsgroßmärkten schützen. Es wurde von CSU und ÜB beschlossen. Der Bauausschuss gab das Thema an das Landratsamt Dachau zurück, das jetzt einen möglichen Verstoß prüfen soll. Auch die Möglichkeit einer Klage gegen den Fachmarkt wurde in dem Gremium diskutiert.

Dagegen erheben die Freien Wähler in einer Pressemitteilung energisch Bedenken:

"Wir kritisieren die Bestrebungen von CSU und ÜB, sich in die Wirtschaftspolitik anderer Gemeinden einzumischen und sogar eine Klage zu erwägen. Stattdessen fordern die Freien Wähler CSU und ÜB auf, zu einer vernünftigen Wirtschaftspolitik mit Augenmaß zurück zu kehren." Edgar Forster, FW-Fraktionssprecher und Vorsitzender der Wählergruppe, spricht von einer "kommunalen Planwirtschaft". "Wir als Dachauer wollen nicht, dass sich andere Gemeinden in unsere Politik einmischen. Und das erwarten unsere Nachbarn auch von uns", meint Forster.

Aber der Fall des Bergkirchener Fachmarktes wirft für die Freien Wähler erneut die Frage nach dem Sinn der Dachauer Wirtschaftspolitik auf. Das Dachauer Einzelhandels- und Zentrenkonzept, das den örtlichen Einzelhandel stärken solle, habe sein Ziel völlig verfehlt. Forster zufolge ist es komplett wirkungslos geblieben. Das zeige der Fall "Engelbert Strauss": Der Betrieb befinde sich auf Bergkirchener Gemeindegrund und darauf habe Dachau überhaupt keinen Zugriff. Das Konzept habe sogar Betriebsansiedelungen wie im Fall des Media-Marktes verhindert. Der Einzelhandelsgroßmarkt wollte sich in Dachau ansiedeln. Das scheiterte aber am Zentrenkonzept, und das Unternehmen wird jetzt nach Karlsfeld gehen.

"Statt Wirtschaftsförderung sehen wir Wirtschaftsverhinderung", kritisiert Forster. "Und jetzt wird versucht, dieses schlechte Konzept auch auf andere Gemeinden anzuwenden. Die Stadtpolitik soll sich aber darauf konzentrieren, die Wirtschaftsentwicklung in der Stadt Dachau zu fördern und gute Rahmenbedingungen zu schaffen, anstatt das durch Überregulierung zu verhindern und gegen Nachbargemeinden zu klagen." Die Stadtverwaltung sei nicht in der Lage, Kunden und Ware ständig nach den Beschlüssen des Stadtrats zu überwachen, erklärt Forster. Es sei auch nicht Aufgabe der Stadt, vorzuschreiben, welcher Einzelhändler welche Waren wo verkaufe. Die Freien Wähler plädieren deshalb "für die Lockerung oder Abschaffung des Konzepts".

© SZ vom 08.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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