Franziskuswerk Schönbrunn:Modelldorf der Inklusion

Lesezeit: 2 min

Geschäftsführer Markus Tolksdorf legt erste konkrete Pläne für den Umbau des Franziskuswerks im Sinne eines wirklichen Zusammenlebens von behinderten und nichtbehinderten Menschen vor und hofft auf die Politik.

Wolfgang Eitler

Noch beherrschen große Heimbauten das Antlitz von Schönbrunn, das soll anders werden, wie eine erste Simulation zeigt. (Foto: N/A)

- Noch vor wenigen Monaten war die Idee eines Modelldorfs der Inklusion in Schönbrunn bloß ein Wunsch. Jetzt nimmt sie Gestalt an. Auf einer Pressekonferenz kündigte Geschäftsführer Markus Tolksdorf erste Bauprojekte an, um die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass Schönbrunn und das Franziskuswerk auch für nichtbehinderte Menschen und Familien attraktiv wird. Tolksdorf betonte aber auch, dass das gemeinnützige Franziskuswerk in die Vorleistung gehen muss. Denn für solche Vorhaben gibt es trotz der dringenden Forderung der Politik nach Strategien der Inklusion noch keine klaren Regeln der Finanzierung. Diese Kritik teilen die Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath (CSU) und Martin Güll (SPD).

Zug um Zug sollen die massiven Heimbauten, die teilweise aus den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammen, verschwinden und durch Baukörper ersetzt werden, die vielfältiger sind und den dörflichen Charakter von Schönbrunn unterstreichen sollen. Als erstes Bauprojekt ist der Abriss eines der ältesten Wohnheime mit dem Namen Sankt Vinzenz geplant. Es wird durch drei Baukörper ersetzt. In ihm sollen Menschen leben, die schwer oder mehrfach behindert sind. Dafür gibt es noch eine staatliche Finanzierung von etwa sieben Millionen Euro. 4,2 Millionen Euro muss das Unternehmen selbst aufbringen.

Schwieriger wird ein Vorhaben, an dem sich vermutlich entscheiden wird, ob die Idee eines Modelldorfs der Inklusion tatsächlich gelingen kann. Mitten im Dorf sollen Häuser entstehen, in denen auch nichtbehinderte Menschen leben können und sollen. Aber dafür fehlen die gesetzlichen Richtlinien der Förderung. Denn in dem einen Stockwerk lebt eine Familie ohne behinderte Kinder, nebenan eine Wohngruppe Behinderter und darüber vielleicht ein Mitarbeiter. Die einen Wohnungen werden normal finanziert, für die anderen braucht es staatliche Zuschüsse. Tolksdorf sagte: "Da sind die Förderinstrumente noch nicht so weit."

Im Jahr 2009 unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland die UN-Charta zur Inklusion. Demnach sollen behinderte Menschen nicht mehr nur integriert werden, sondern an der Gesellschaft teilhaben. Beispielsweise muss der Theaterbesuch für einen Rollstuhlfahrer genau so ohne Einschränkung möglich werden, wie der Wunsch eines geistig behinderten Menschen auf größtmögliche Selbstständigkeit in einer Wohnung in Dachau. Energische Verfechter der Inklusion streben die Auflösung zentraler Einrichtungen wie Schönbrunn an. Diese seien überholt, argumentieren sie.

Franziskus-Geschäftsführer Tolksdorf will das Gegenteil beweisen, indem er die Wohnqualität verbessert und individualisiert. Außerdem sollen weitere Außenwohngruppen im Landkreis errichtet werden. Vor allem strebt der Geschäftsführer eine Ortsentwicklung an, die Menschen nach Schönbrunn lockt, weil es sich hier gut leben lässt, weil die Versorgung im Alter und das soziale und kulturelle Angebot für Familien stimmt. Deshalb investiert er einen Millionenbetrag in ein eigenes Kultur- und Begegnungszentrum.

Die Landtagsabgeordneten Seidenath und Güll unterstützen Tolksdorf in diesen Zielen. Sie kritisieren wie auch die Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) unf deren Tochter Claudia, die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, die vorhandenen Mittel als zu gering. In dem Etat des Sozialministeriums fehlen demnach acht Millionen Euro für die Behindertenhilfe. Seidenath sagte, dass die CSU-Fraktion weitere dreieinhalb Millionen Euro durchsetzen wird. Martin Güll verwies auf das grundlegende Problem: Der Landtag sei sich in der Inklusion einig. Im nächsten Doppelhaushalt müsse er damit ernst machen und "Butter bei die Fische geben".

© SZ vom 26.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: