Klimawandel:Wasser wird zu einem knappen Gut

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Die Folgen der langen Trockenperioden zeigen sich auch an der Amper in Dachau: An der Floßlände herrscht Niedrigwasser. (Foto: Toni Heigl)

Die Grundwasserpegel sinken. Was bedeutet das für den Landkreis Dachau? Darüber diskutieren Fachleute und Bürger bei einem Bürgerdialog am Petersberg, wo auch eine App zur intelligenten Bewässerung vorgestellt wird.

Von Andreas Förster, Erdweg

In den vergangenen Jahren sind Unwetter mit Starkregen und lange Hitzeperioden deutlich häufiger geworden. Für landwirtschaftliche Betriebe kann das zu einer existenziellen Gefahr werden, denn ohne ausreichend Wasser trocknen Böden und Pflanzen aus, und die Erträge sinken. Es ist eine Gefahr, die allerdings erst langsam ins Bewusstsein sickert, wie der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU) sagt. "Bis 2013 gab es gefühlt immer ein Überangebot, deshalb war die Wassernutzung nie ein Problem."

Das hat sich inzwischen massiv geändert. Beim Bürgerdialog mit dem Thema "Nachhaltige Wassernutzung im Landkreis" ging es daher um Fragen wie: Kann man künftig überhaupt noch Böden im Landkreis bewässern? Wenn ja: Welche Bewässerungsarten sind sinnvoll? Was ist bei der Auswahl der Pflanzen zu beachten? Und welche Maßnahmen braucht es, um das Grundwasser zu schützen? Dazu hatte das Landratsamt Experten aus der Wasser- und der Landwirtschaft sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger in den Bischof-Neuhäusler-Saal am Petersberg bei Erdweg eingeladen, einige aus dem Publikum kamen selbst aus der Landwirtschaft.

"Wir verbrauchen mehr Grundwasser als nachkommt"

Zu Beginn referierte Andreas Ehstand, beim Wasserwirtschaftsamt München zuständig für die Region Dachau, über "Niederschlag und Wasserhaushalt - Auswirkungen des Klimawandels". Er zeigte auf, dass es nicht so sehr die Menge des Niederschlags sei, die sich in den vergangenen Jahren geändert habe, sondern die Art, wie er sich verteilt: nämlich indem sich Starkregen- und Trockenperioden - das sind mindestens sieben Tage am Stück ohne Regen - abwechseln. Darüber hinaus, so Ehstand, sei die Durchschnittstemperatur in Bayern in den vergangenen 50 Jahren um 1,9 Grad gestiegen. Die Sommer wurden heißer und trockener (minus 13 Prozent Niederschlag), die Winter wärmer (minus 15 Tage im Jahr unter 0 Grad Celsius) und der Starkregen im Frühjahr bis zu 30 Prozent intensiver. Das habe Auswirkungen auf die Verdunstungsraten und die Grundwasserneubildung. Diese habe seit 2003 um 16 Prozent oder durchschnittlich 600 Liter pro Quadratmeter abgenommen, sagt Ehstand. "Wir verbrauchen aktuell mehr Tiefengrundwasser als nachkommt", warnt er.

Doch durch die zuletzt häufigen Trockenjahre könne dieses Defizit selbst durch einzelne regenreiche Monate nicht ausgeglichen werden. Insbesondere Niederschläge in hoher Menge und kurzer Dauer flössen auf ausgetrockneten Böden teilweise direkt an der Oberfläche ab.

Andreas Ehstand ist beim Wasserwirtschaftsamt München für die Region Dachau zuständig. (Foto: Toni Heigl)
Das Thema "Nachhaltige Wassernutzung" beschäftigt auch die Landwirte unter den zahlreichen Besuchern. (Foto: Toni Heigl)

Da sich die Wasserknappheit den Prognosen zufolge mittelfristig noch verschärfen werde, empfahl Ehstand, das Grundwasser besser zu schützen: durch Rückhaltemaßnahmen, die Förderung von Versickerung und eine alternative Bodennutzung, weg von der Versiegelung hin zu naturnahen Böden mit hoher Pflanzen- und Bodenverdunstung sowie geringerem Abfluss von den Oberflächen. Außerdem sprach er sich dafür aus, Mulden und Senken anzulegen, in denen sich das Wasser länger halten kann sowie für Zisternen, Sickerschächte, Rigolen, Dach- und Fassadenbegrünungen.

Ergänzend präsentierte Martin Müller, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB), Möglichkeiten einer ressourcenschonenden Bewässerung in der Landwirtschaft. Sein Vortrag basierte auf den Erkenntnissen des Bewässerungsforums Bayern. Es ist ein Informationsnetzwerk, in dem wichtige Akteure aus der Landwirtschaft, Wissenschaftler sowie Berater Konzepte für eine effiziente und umweltschonende Bewässerung in Landwirtschaft, Wein- und Gartenbau entwickeln.

Intelligente Wassernutzung per App

Müller zufolge sind die Regionen Nord-, Mittel- und Südbayern unterschiedlich stark vom Klimawandel betroffen. Den meisten Niederschlag bekomme Südbayern ab, den wenigsten Nordbayern. Um den genauen Bewässerungsbedarf in Relation zur Grundwasserneubildung für die jeweilige Region und Kulturpflanze zu ermitteln, habe man eine kostenlose App kreiert, die alle wichtigen Parameter zum Bewässerungsbedarf berücksichtige. Diese funktioniere über Sensoren, die die Bodenfeuchte ermitteln und den idealen Zeitpunkt für eine effiziente Bewässerung empfehle. "Die meisten Pflanzen sind bis zu einem bestimmten Punkt leidensfähig", sagt Müller. Auf diese Weise könne man eine Menge Wasser sparen.

Für die App interessierten sich gut die Hälfte der mehr als 50 Zuhörer im Saal, von denen sich der eine oder andere in der anschließenden Diskussionsrunde auch zu Wort meldete. Simon Sedlmair, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands im Landkreis Dachau, mahnte, dass Lebensmittel, deren Anbau viel Wasser erfordere, wie Gurken oder Salat, mit Wasser aus der Region versorgt werden müssten. Und dieses müsse für die Landwirte bezahlbar bleiben. Sedlmair setze auf effektivere Nutzung des Wassers, zugleich kritisierte er den hohen Verbrauch beispielsweise auf Sport- oder Golfplätzen.

Der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, Roderich Zauscher, mahnte, "das Wasser nicht durch den Main und die Donau abfließen zu lassen". Besser wäre es, das Wasser durch Renaturierung der Flüsse und Auen in der Region zu halten und dort versickern zu lassen. "Man kann sogar Pflasterflächen wasserdurchlässig machen", sagte er. Oder eine Toilettenspülung zwingend mit einer Regenwasser-Auffanganlage betreiben, schlug jemand aus dem Publikum vor.

Löwl und Ehstand warnten vor zu vielen Zwangsmaßnahmen seitens der Politik, wobei Löwl sich offen für den Vorschlag zeigte, gestaffelte Gebühren für den Verbrauch von Wasser zu erheben, der über das notwendige Maß hinausgeht. Außerdem sei es an der Zeit, über eine Prüfung und Regulierung der Entnahmestellen im Landkreis nachzudenken. "Wir kennen immer noch nur rund ein Sechstel der Brunnen, die hier Wasser für ihren Hof oder Betrieb entnehmen", sagte er.

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