Drogen:Suchtkarriere endet im Gefängnis

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Das Amtsgericht Dachau verurteilt einen 22-Jährigen wegen des Besitzes von rund zehn Gramm Marihuana zu fünf Monaten Haft

Von Jacqueline Lang, Dachau

Seit mittlerweile zehn Jahren konsumiert ein 22-Jähriger nach eigenen Angaben Marihuana, gelegentlich auch härtere Drogen wie Speed oder Ecstasy. Die Folge: bereits 15 Einträge im Bundeszentralregister, das laufende Verfahren nicht mitgezählt. Darunter nicht nur der unerlaubte Besitz von Rauschgift, sondern auch Diebstahl, das Erschleichen von Leistungen, Sachbeschädigung und das unerlaubte Mitführen von Waffen. Bis vor kurzem hatte das lediglich zu mehreren Tagen Jugendarrest und Geldstrafen geführt, nun aber befindet sich der Dachauer zum ersten Mal in Haft, voraussichtlich noch bis Dezember.

In insgesamt drei Fällen wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten den unerlaubten Besitz von Marihuana vor. In zwei Fällen hat man zwischen 0,5 und einem Gramm bei dem Angeklagten gefunden, in einem Fall jedoch sogar neun Gramm. Der Angeklagte versucht nicht einmal den Besitz der Droge zu leugnen. Nur dass er damit auch gewinnbringend Handel betrieben haben soll, bestreitet er vehement. "Ich bin ein Dauerkonsument", sagt er. Alles, was man bei ihm gefunden habe, sei für den eigenen Bedarf gewesen. Bis zu vier Gramm täglich seien das zu Hochzeiten gewesen, sagt der junge Mann, der aktuell wegen eines Angriffs auf einen Polizeibeamten im Gefängnis sitzt. Der Polizist hatte ihn durchsuchen wollen, daraufhin war der Angeklagte handgreiflich geworden.

Bleibt die Frage: Hat er wirklich nur konsumiert, oder möglicherweise doch gedealt? Die neun Päckchen mit je einem Gramm, die man bei ihm gefunden hat, hätten nur ihn selbst davon abhalten sollen, alles auf einmal zu rauchen, argumentiert der junge Mann. Den Richter am Dachauer Amtsgericht, Christian Calame, verwundert das. Für die Richtigkeit dieser Aussage spricht, dass die Menge nicht mit einer Feinwaage abgemessen ist, denn die Mengen in den einzelnen Päckchen schwanken. Zudem wurden in der Wohnung des Angeklagten weder Verpackungsmaterial gefunden noch andere Utensilien, die auf eine Tätigkeit als Dealer hindeuten.

Noch eine Frage beschäftigt den Richter. "Woher hatten Sie die Kohle?" Wenn man davon ausgehe, dass ein Gramm etwa zehn Euro koste, komme er bei dem von ihm angegebenen Konsum auf durchschnittlich 1200 Euro im Monat. Der Hartz-IV-Satz, den der Angeklagte zeitweise bezogen habe, liege jedoch deutlich darunter. Eine Erklärung bleibt der 22-Jährige schuldig.

Als "extrem verplant" beschreibt seine Bewährungshelferin den Angeklagten. Die Haft, die er momentan verbüßt, hält sie für eine sinnvolle Maßnahme. Endlich sei er mit seinem Handeln mal "so richtig auf die Schnauze gefallen" und habe nun Gelegenheit, auf sein Leben mit der nötigen Distanz zu blicken. Der Angeklagte sei nicht blöd, sondern habe vielmehr ein Suchtproblem, das er in der Vergangenheit selbst nie ernst genommen habe.

"Ich sehe, dass es so nicht weitergeht", beteuert der Dachauer vor dem Amtsgericht. Er habe den Wunsch, eine Therapie zu machen um sein Drogenproblem in den Griff zu bekommen, wolle entweder eine Ausbildung machen oder noch einmal die Schule besuchen und endlich seine Schulden in Höhe von 10 000 Euro abbezahlen. Allein 7000 Euro Schulden sind im Laufe der Jahre durch Strafverfahren zusammengekommen.

Die Staatsanwaltschaft berücksichtigt die positive Sozialprognose, die die Bewährungshelferin ausspricht, und fordert schließlich sechs Monate auf Bewährung und die Zahlung von 1500 Euro an eine soziale Einrichtung. Die Verteidigung plädiert auf Zahlung von lediglich 500 Euro. Als Begründung führt der Verteidiger die finanziell prekäre Lage des Angeklagten an.

Deutlich härter fällt das Urteil von Richter Calame aus: fünf Monate Gefängnis ohne Bewährung. Als Begründung nennt er die "immense Rückfallgeschwindigkeit" des Angeklagten in der Vergangenheit. Zudem lasse der junge Dachauer den unbedingten Willen vermissen, sein Leben in den Griff bekommen zu wollen. Die Zeit im Gefängnis, so die Hoffnung des Richters, werde ihm genug Zeit zum Nachdenken geben.

© SZ vom 23.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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