Dachau:Zu gefährlich für draußen

Lesezeit: 1 min

42-Jähriger muss auch nach Haftstrafe im Gefängnis bleiben

Von Joshua Beer, Dachau

Für versuchten Mord hat ein 42-jähriger Münchner bereits eine achtjährige Haftstrafe zu verbüßen. Nun hat das Landgericht München II zudem mündlich eine anschließende Sicherheitsverwahrung angeordnet. Der Angeklagte und sein Verteidiger konnten die Richter um den Vorsitzenden Thomas Lenz offenbar nicht davon überzeugen, dass der 42-jährige vorbestrafte Lagerist keine Gefahr für die Gesellschaft darstellt.

Der Münchner hatte 2019 auf dem Indersdorfer Volksfest einen Mann ohnmächtig gewürgt und konnte nur mit Mühen von seinem Opfer abgebracht werden. "Ich hätte ihn umgebracht", soll er direkt danach gesagt haben. Das Landgericht urteilte in dem Fall auf versuchten Mord. Dass es die Haftstrafe nun um eine Sicherheitsverwahrung ergänzt, liegt auch an dem langen Vorstrafenregister des Münchners. Das enthält neben dem Erschleichen von Leistungen mehrfache gefährliche Körperverletzung. Silvester 2004 etwa stach der Angeklagte in Dachau mit einem Messer auf einen Mann ein, der seine Verlobte geschubst habe. 2009 verprügelte er mit einem Freund einen Mann mit Migrationshintergrund in der Münchner U-Bahn. Hinzu kommen weitere Gewalttaten. Die jüngste: der Mordversuch auf dem Indersdorfer Volksfest. Der Angeklagte gab im Verfahren an, dass er nach einer "Utopie" gehandelt habe, innerhalb der er "Schwächere" schützen müsse. Diese Utopie sei in der Praxis "pervertiert". Seine Vorstrafenliste lese sich "richtig übel", so der Münchner, aber: "In manchen Situationen hatte ich keine Wahl." Richter Lenz erkannte in den Taten weniger einen Beschützerinstinkt des Angeklagten, sondern Vergeltungswillen und Rachegelüste. Zudem scheine der Münchner Situationen und Gefährdungslagen völlig falsch einzuschätzen.

Eine zentrale Rolle spielte außerdem die Drogensucht des Angeklagten. Nicht nur war er bei fast allen Taten stark alkoholisiert. Der Münchner ist nach eigener Aussage von Opiaten abhängig. "Zu 80 Prozent ist mein Suchtverhalten schuld, zu 20 Prozent meine Einstellung", sagte er. In der Haft erhält der 42-Jährige laut eigenen Angaben täglich zehn Milligramm des Schmerzmittels Buprenorphin (Subutex) zur Substitution. Zuvor habe er sich davon am Tag sechs Milligramm illegal in der Haft besorgt. "Müssen Sie da nicht laut lachen?", fragte ihn einer der zwei vom Gericht geladenen Sachverständigen zu diesem Missverhältnis. Die beiden hielten längerfristige Maßnahmen für nötig. Wohl auch, weil der Münchner Zweifel an einer Gewalttherapie hegt.

© SZ vom 21.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: