Ausstellung:Geplanter Zufall

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Karin Schuff erstellt teils großformatige, durchweg abstrakte Werke, die durch ihren malerischen Gestus eine beeindruckende Kraft ausstrahlen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Künstlerin Karin Schuff gastiert mit ihren Bildern in der VR Bank Dachau. Der Eindruck, ihre Arbeiten seien spontan entstanden, täuscht: Jedem Werk liegt eine künstlerische Absicht zugrunde.

Von Renate Zauscher, Dachau

"Kunst und Bank": Mit der Ausstellungsreihe unter diesem Titel präsentiert die Volksbank Raiffeisenbank Dachau Arbeiten jeweils eines Künstlers, einer Künstlerin, wobei der Schwerpunkt bei Kunstschaffenden aus Dachau selbst oder dem Landkreis liegt. Das Bankhaus trägt damit dazu bei, Dachau als Ort einer lebendigen Kunstszene in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

In diesem Herbst ist Karin Schuff Gast in den Räumen der Bank. Die gebürtige Schwedin kam vor mehr als 30 Jahren nach Deutschland; seit 1993 lebt sie in Dachau. Noch im selben Jahr trat sie der Künstlervereinigung Dachau (KVD) bei, zu deren Vorstand sie einige Jahre gehörte. Seitdem beteiligte sie sich immer wieder an Ausstellungen der KVD und zeigte ihre Bilder mehrfach in Einzelausstellungen vor Ort. Darüber hinaus aber waren Arbeiten von Karin Schuff in Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen in Schweden, den Niederlanden, in Ungarn, Italien oder auch im indischen Kerala oder in Delhi und mehrfach auch in der Mitgliederausstellung des Berufsverbands Bildender Künstler*innen in München zu sehen - um nur einige Stationen ihrer künstlerischen Vita zu nennen.

Wer jetzt im Foyer der Dachauer Bank vor Karin Schuffs teils großformatigen, durchweg abstrakten Werken steht, ist von der Heftigkeit des malerischen Gestus und von der Kraft beeindruckt, die diese Bilder ausstrahlen. Sie wirken, als seien sie in größtmöglicher künstlerischer Freiheit spontan entstanden: breite, bewegte Pinselschwünge in starken, oft dunklen Farben, in Schwarz-, Blau- und Brauntönen, die mit hellen Farbflächen der Hintergründe kontrastieren. Gelegentlich tritt Grün oder Ocker mit ins Bild; in einer Bildserie steht die Farbe Rot im Mittelpunkt.

Karin Schuffs Bilder wirken, als seien sie in größtmöglicher künstlerischer Freiheit spontan entstanden. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Gelegentlich tritt Grün oder Ocker mit ins Bild; in einer Bildserie steht die Farbe Rot im Mittelpunkt. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Karin Schuff nutz Öl- und Acrylfarbe, malt auf Leinwand und Papier, experimentiert mit Hinterglasmalerei. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Eindruck, die Arbeiten seien spontan, aus einem momentanen Impetus heraus entstanden, täuscht jedoch. Jedem der Bildwerke liege eine künstlerische Absicht, eine Planung zugrunde, sagt Schuff, oft auch eine Vorzeichnung. Manches in der fertigen Arbeit ist dennoch dem Zufall geschuldet. Als "Planung im Zufall" bezeichnet die Künstlerin ihre Arbeitsweise, "man kann schließlich nie alles voraussehen".

Der Weg hin zur Abstraktion sei ein langer Prozess gewesen, erzählt Karin Schuff. Dieser habe, zunächst an der Kunstschule Idun Lovén in Stockholm, ganz klassisch mit der Beschäftigung des menschlichen Körpers, dem Aktzeichnen, mit der Darstellung von Landschaften und Stillleben begonnen. In Arbeiten, die später, zwischen 1989 und 1996 entstanden sind, als Schuff an der Akademie für Bildende Künste in München studierte, ist ihre Hinwendung zur Abstraktion bereits sehr deutlich: Abbildungen früherer Arbeiten im Katalog zur Ausstellung lassen das klar erkennen. Gleichzeitig begann Schuff, sich mit kunsttheoretischen Fragestellungen auseinanderzusetzen und sich intensiv mit der Epoche der Dachauer Künstlerkolonie, insbesondere mit dem Gründer der "Dachauer Schule" Adolf Hölzel, zu beschäftigen. Parallel dazu nahm sie ein Kunstgeschichtestudium in Schweden auf, das sie 2020 abschloss.

"Ich versuche, Räume zu bauen und sie wieder aufzulösen"

In ihren Arbeiten ist Karin Schuff offen für verschiedenste Techniken und Materialien. Sie nutz Öl- und Acrylfarbe, malt auf Leinwand und Papier, experimentiert mit Hinterglasmalerei und seit einem Jahr auch mit Aluminium als Bilduntergrund. Neben großformatigen Werken entstehen auch kleine, intimere Arbeiten, neben Gemälden auch druckgrafische Arbeiten.

Egal, in welchen Formaten, mit welchen Materialien Karin Schuff arbeitet: Es gehe ihr "immer um die gleichen Fragen", sagt Bärbel Schäfer, die die Ausstellung in der VR Bank kuratiert hat. Die für Schuff vielleicht wichtigste dieser Fragen ist die nach dem Verhältnis von Form und Raum. "Ich versuche, Räume zu bauen und sie wieder aufzulösen", sagt sie. Nicht die Wirkung der Oberfläche interessiert sie primär, sondern die Ausblicke auf tiefer liegende Ebenen, die sich jenseits der farblichen Oberfläche auftun. Schuff arbeitet dabei mit den Gegensätzen von dunklen und hellen Farbpartien, was eine oft intensive Tiefenwirkung ihrer Bilder schafft.

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Dem konzeptionellen Anspruch von Schuffs Werken - die im Übrigen ganz bewusst keine Titel tragen - entspricht der oft lange Arbeitsprozess. So mischt Schuff ihre Farben in der Regel selbst, um etwa nuancierte Schwarz-, Grau oder Blautöne herzustellen, sie arbeitet oft wochen-, auch monatelang an einem Bild, ändert, holt scheinbar bereits Fertiges wieder hervor, um es einer erneuten Verwandlung zu unterziehen.

Anderes Arbeiten ist bei der Gestaltung grafischer Arbeiten nötig oder auch in der Hinterglasmalerei: Sobald hier die zweite Farbschicht aufgetragen ist, lässt sich an der ersten, später obersten Schicht nichts mehr ändern. Beim Malen hinter Glas oder auch bei Arbeiten mit zwei hintereinander liegenden Glasflächen spielt für Schuff die Wirkung des einfallenden Lichts oder der Luftschicht zwischen zwei Glasscheiben eine wichtige Rolle.

Seit etwa einem Jahr nutzt Karin Schuff auch Aluminium als Bilduntergrund: Das Metall habe eine andere "Materialität", die Malweise müsse "direkter" sein, sagt sie. Wegen der besonderen Eigenschaften des Metalls nutzt Schuff hier vor allem das Malmesser an Stelle eines Pinsels.

Ihr Arbeitsfeld ist seit vier Jahren ein Atelier in der Kleinen Moosschweige, das sie sich mit der Dachauer Grafikerin und Installationskünstlerin Margot Krottenthaler teilt. Hier will Schuff die bisherigen Erfahrungen mit Malgründen wie Glas und Alu weiter ausbauen. Nur wenn ihre Formate die Ateliergröße sprengen, muss sie auf den Garten zu Hause ausweichen.

Die Ausstellung in der VR Bank ist am Freitag, 15. September, in der "Langen Nacht der offenen Türen" von 19 bis 24 Uhr geöffnet. Darüber hinaus kann sie zu den jeweiligen Öffnungszeiten der Bank in der Augsburger Straße noch bis zum 13. Oktober besucht werden.

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