Mitten in Dachau:Ganz schön stad

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Aus einigen Schornsteinen raucht es zwar, ansonsten ist es aber zwischen den Jahren in diesem Jahr ganz besonders ruhig in Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Man sagt, die stade Zeit beginne mit der Adventszeit. Tatsächlich fängt sie aber dann an, wenn alle zu Weihnachten nach Hause fahren. Zwischen den Jahren ist die Ruhe manchmal sogar unheimlich. Warum man sie gerade deshalb genießen sollte.

Glosse von Jacqueline Lang

Egal ob in Dachau oder München: Die meiste Zeit des Jahres ist es eine Qual, sich tagsüber durch den Verkehr zu schlängeln oder abends einen Parkplatz zu suchen. Nur allzu oft wünscht man sich dann, doch mit der S-Bahn unterwegs zu sein. Nur birgt das eben auch so seine Tücken, denn wie oft stand man schon am Bahnsteig und die Bahn fuhr einem gerade vor der Nase weg oder kam erst gar nicht? Jedenfalls, die meiste Zeit des Jahres ist der Weg von und zur Arbeit und alles dazwischen oft ziemlich mühsam. Da hilft nur, gelegentlich darüber zu meckern. Immerhin: Das bedeutet auch, dass man sonst keine Probleme hat.

Nur, dass man das ganze Jahr meckern muss, das stimmt so dann auch nicht: Wer gerade durch die Straßen Dachaus oder Münchens fährt, dem fällt vor allem auf, was fehlt: die vielen Autos, die Menschen. Man sagt zwar, die stade Zeit sei die Adventszeit, tatsächlich ist es aber besonders ruhig, wenn alle Zugereisten pünktlich zum Fest nach Hause fahren. Die stade Zeit, die ist also genau jetzt, zwischen den Jahren. Und in diesem Jahr scheint es sogar ganz besonders ruhig zu sein: Die Daheim gebliebenen hören in diesen Tagen nicht einmal Böller, die in der Ferne mit einem Knall explodieren. Ganz so als müssten sich selbst die halbstarken Zünder erst von den Strapazen dieses Jahres erholen, bevor sie dann an pünktlich zum 31. Dezember zur Höchstform auflaufen können.

Wo ist nur all der Lärm?

Die Zeit zwischen Weihnachten, wenn man die Verwandtschaft wieder losgeworden ist, und Silvester, wenn die Vorsätze für das neue Jahre noch frisch sind, ist also weit über die Landkreisgrenzen hinaus gerade eine besonders stade Zeit. Für jene, die unterm Jahr daran gewöhnt sind, dass es nie Verschnaufpausen gibt, ist diese Stille fast schon unheimlich. Wo ist nur all der Lärm? Wo sind die Autofahrer, die denken, es helfe, den Stau an zu hupen? Wo sind nur all die Menschen, die immer reden, wo sie doch nichts zu sagen haben?

Doch auch wenn den ein oder anderen die Stille zuweilen womöglich unruhig werden lässt, lohnt es sich doch, die Ruhe noch ein wenig auszuhalten. Denn eines ist gewiss: Selbst für all jene, die den Luxus haben, für ein paar Tage aus dem Karussell des Lebens auszusteigen, wird es sich schon bald wieder in gewohnter Geschwindigkeit drehen. Und spätestens wenn man auf dem Weg zur Arbeit wieder auf der Münchner Straße im Stau steht und das Hupkonzert losgeht oder man dicht gedrängt am Bahngleis auf die S2 wartet, wird man sie sich zurück wünschen, die stade Zeit.

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