Energieversorgung:Hickhack um Stadtwerke

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Weil das städtische Unternehmen Verluste in Millionenhöhe macht, ist eine heftige politische Debatte entbrannt. Die Parteien erheben untereinander schwere Vorwürfe. Nun macht Werksleiter Robert Haimerl seinem Ärger Luft.

Von Julia Putzger, Dachau

Die Zahlen sind längst bekannt, die Entscheidungen getroffen, der Haushalt beschlossen. Trotzdem sorgen die Defizite, welche die Stadtwerke Dachau heuer und auch im kommenden Jahr erwirtschaften werden, für Furore in der Dachauer Stadtpolitik.

Schon bei der Haushaltsdebatte im Dachauer Stadtrat zu Beginn der vergangenen Woche kam die wirtschaftliche Situation der Stadtwerke immer wieder zur Sprache. Während vor allem Oberbürgermeister Florian Hartmann und Ortsvereinsvorstand Sören Schneider (beide SPD) das Defizit der Stadtwerke von mehr als zwei Millionen verteidigten, zeigten sich besonders Florian Schiller (CSU) und Wolfgang Moll (Wir) entsetzt darüber. Die beiden Stadträte monierten fehlende Disziplin und nicht vorausschauendes Wirtschaften. Zum Eklat kam es schließlich, als Wir-Gründungsmitglied Gerhard Schlabschi in dieser Woche per Leserbrief gegen die Bilanzen der Stadtwerke wetterte und die Haushaltsführung generell infrage stellte. Darauf reagierte nicht nur die SPD-Fraktionsvorsitzende Christa Keimerl - sie empfand Schlabschis Vorgehen als befremdlich und respektlos und wunderte sich über ausbleibende Vorschläge zu Alternativen - sondern nun auch Werksleiter Robert Haimerl selbst.

Im Regelfall antworte man nicht auf Einzelmeldungen, heißt es zu Beginn der Pressemitteilung, da Schlabschi "aber den Weg der sachlichen Diskussion verlässt, möchten wir anhand von Fakten Stellung nehmen." Dem folgt eine zweiseitige Erläuterung, in dem der kaufmännische Leiter der Stadtwerke einige Seitenhiebe verteilt.

Zentrale Punkte sind: Die Stadtwerke könnten nicht - wie Schlabschi das in seinem Leserbrief getan hatte - eins zu eins mit einem Unternehmen der freien Wirtschaft verglichen werden. Und sofern man das defizitäre Wirtschaften verhindern wolle, müsse man sämtliche Betriebsbereiche wie Bäder, Parkhäuser und den städtischen Busverkehr einstellen. "Ob sich dafür bei der Kommunalwahl eine Mehrheit findet, darf bezweifelt werden", stellt Haimerl fest.

Wettert gegen die Stadtwerke und stellt die Haushaltsführung infrage: Wir-Mitglied Gerhard Schlabschi. (Foto: Niels P. Jørgensen)

"Ich kann diese Debatte in keiner Weise verstehen", kritisiert OB Hartmann. Die Diskussion werde auf eine unfaire Art geführt: Man könne nicht sagen, dass die Stadtwerke unwirtschaftlich arbeiteten, aber ihnen gleichzeitig Aufgaben aufbürden, die politisch gewollt und beschlossen worden seien. In Übereinstimmung mit Haimerl sagt Hartmann: "Wenn wir rein wirtschaftlich arbeiten wollen, dann können wir gewisse Dinge nicht mehr machen und sind dafür auf einen Schlag wirtschaftlich." Da es sich bei den defizitären Aufgabenbereichen der Stadtwerke - etwa dem städtischen Busverkehr - aber um eine Daseinsvorsorge für die Bürger handle, könne das wohl von niemandem gewollt sein. Sollte die Kritik aber tatsächlich ernst gemeint sein, dann warte Hartmann nur auf einen entsprechenden Antrag im Stadtrat, um Busse, Parkhäuser oder Bäder abzuschaffen. "Das müsste ja die Konsequenz aus so einer Debatte sein", formuliert er spitz.

Die Dachauer CSU hat sich in den neuerlich aufgeflammten Zwist bisher nicht eingemischt. Auf Nachfrage wiederholte Fraktionsvorsitzender Florian Schiller aber, was er bereits in seiner Haushaltsrede kritisiert hatte: Unter anderem würden Personal und Erdgasbusse zu viel Geld verschlingen, das Eigenkapital werde stetig aufgezehrt. In Zukunft müsse man deshalb disziplinierter haushalten und die schwarze Null anstreben. Denn: "Sonst verlieren die Stadtwerke ihren Handlungsspielraum und dann muss die Stadt einspringen - das kann sie aber gar nicht, weil sie selbst im Minus ist." Abschaffen sollte man Dinge wie den Busverkehr freilich nicht, doch beispielsweise sollte man überlegen, wie die Parkhäuser besser ausgelastet werden können, befand Schiller.

Hartmann sieht für die Zukunft der Stadtwerke - anders als Schiller - nicht schwarz: "Die Stadtwerke sind ein wirtschaftlich gut agierendes Unternehmen und wir stehen keinesfalls vor einer Pleite." Das würden auch externe Wirtschaftsprüfungen stets bestätigen. Entgegen Schlabschis Darstellung, dass ein stetiger Schuldenaufbau stattfinde, bleibe der Anteil der Bankkredite dank der soliden Eigenkapitalquote konstant bei rund 16 Prozent, erläuterte auch Haimerl.

Das politische Hickhack findet derweil noch immer kein Ende: Auf Keimerls Mitteilung hin meldet sich nun Wir-Mitglied Norbert Siegl zu Wort. Die SPD hinterlasse "eine desaströse wirtschaftliche und politische Bilanz", Keimerls Kritik an Wir sei "abstoßend".

© SZ vom 19.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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