Dachauer Stadtrat:Der zweite Schlag für die CSU

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Der CSU-Ortsvorsitzende Tobias Stephan und der Fraktionsvorsitzende Florian Schiller. (Foto: Niels P. Joergensen)

Nach dem Wahldebakel im März verlieren die Christsozialen im Stadtrat wohl noch den Posten eines von zwei Stellvertretern des OB Florian Hartmann (SPD). Im Gespräch sind Kai Kühnel (Bündnis) und Luise Krispenz (Grüne).

Von Julia Putzger, Dachau

"Wir wissen, dass wir keine Chance haben werden", sagt der CSU-Fraktionsvorsitzende Florian Schiller. Nach dem Wahldebakel am 15. März dürfte seine Partei auch das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters in der Stadt Dachau verlieren. Informationen der SZ zufolge werden die beiden Stellvertreterposten des Oberbürgermeisters Florian Hartmann (SPD) an das Bündnis für Dachau und an die Grünen gehen.

In Vorgesprächen zwischen den Parteien sei der CSU bereits vermittelt worden, dass die Postenvergabe und entsprechende Mehrheiten für die Abstimmungen schon geklärt wurden. Dabei gab es das klare Signal: "Ihr spielt bei der Wahl zum Zweiten und Dritten Bürgermeister keine Rolle", wie Schiller erklärt. Kai Kühnel, bisher schon erster Stellvertreter Hartmanns, und Stadträtin Luise Krispenz (Grüne) als Dritte Bürgermeisterin sind im Gespräch. Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU), die diesen Posten bisher hatte, soll indes leer ausgehen bei der konstituierenden Sitzung diesen Dienstag.

"Das ist natürlich kein schöner Vorgang"

"Das ist natürlich kein schöner Vorgang und entspricht nicht den Gepflogenheiten - immerhin sind wir nur knapp die zweitstärkste Fraktion und haben nur einen Sitz weniger als die stärkste Fraktion", kritisiert Schiller. Denn würden die beiden Stellvertreterposten entsprechend des Wahlergebnisses vergeben, kämen SPD und CSU zum Zug. Die Sozialdemokratin und Fraktionsvorsitzende Christa Keimerl entgegnet darauf jedoch klipp und klar: "Das war bisher nicht so und wird auch in der kommenden Wahlperiode nicht so sein." Denn bereits 2008 wurde dieser Proporz über den Haufen geworfen. 2014 gab es ebenfalls eine Überraschung, als sich Kai Kühnel beim Duell um das Amt des Zweiten Bürgermeisters mit 21 zu 20 Stimmen gegen Gertrud Schmidt-Podolsky durchsetzte und ihre damals stärkste Fraktion nur den Dritten Bürgermeister bekam.

"Dachau nennt sich Kultur- und Künstlerstadt, fördertechnisch sind wir wohl eher eine Sportlerstadt", so Stadtrat Kai Kühnel. (Foto: Niels P. Joergensen)

Während weder Christa Keimerl noch Grünen-Fraktionssprecher Thomas Kreß preisgeben wollen, auf welche Personalien man sich hinter den Kulissen bereits geeinigt hat, gab sich Kai Kühnel gesprächiger. "Ich weiß, dass ich vorgeschlagen werde." Welche Mehrheiten er dann bekomme, wisse er natürlich nicht - er vermute aber, dass die Grünen ihn unterstützen werden, "da wir uns gut verstehen und gut zusammenarbeiten." SPD, Grüne und Bündnis für Dachau hatten in der Kommunalwahl eine Allianz begründet und den amtierenden Oberbürgermeister Florian Hartmann als gemeinsamen Kandidaten aufgestellt. Die Wahl endete mit einer Sensation: Hartmann schlug bereits im ersten Wahlgang seine vier Gegner einer deutlichen Mehrheit. Die Hoffnung der CSU, die bis 2014 das Rathaus regiert hatte, Hartmann in eine Stichwahl zu zwingen, zerschlug sich in jener Wahlnacht. Ihr Spitzenkandidat verlor haushoch. Doch dass die CSU auch rund ein Drittel der Stimmen einbüßte - während 2014 noch 38 Prozent der Dachauer Wähler für die CSU stimmten, waren es im März dieses Jahres nur mehr rund 26 Prozent - traf die Fraktion wie ein Schlag ins Gesicht. Immerhin stellt sie nach der SPD die zweitstärkste Fraktion im Stadtrat von Dachau.

Als Sieger gingen auch die Dachauer Grünen aus der Stadtratswahl hervor - sie erreichten rund 15 Prozent der Stimmen und wurden zur drittstärkste Fraktion. Die Unterstützung der Grünen für Oberbürgermeister Hartmann, wurde damals spekuliert, wird wohl mit einem Bürgermeisterposten belohnt werden. Wie zu erfahren war, ist die Stadträtin Luise Krispenz im Gespräch als Dritte Bürgermeisterin. Kühnel warnt jedoch vor allzu großem Optimismus: Es werde wohl knappe Mehrheiten geben, da krankheitsbedingt voraussichtlich einige Stadträte fehlen würden. "In der aktuellen Situation ist es unwahrscheinlich, dass niemand krank ist", sagte Kühnel der Süddeutschen Zeitung.

Luise Krispenz (Grüne) gilt neben Kai Kühnel als Favoritin für die Wahlen zum Zweiten und Dritten Bürgermeister. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ob die CSU trotz der aussichtslosen Ausgangslage bei der Sitzung einen Kandidaten vorschlägt, wollte die Fraktion noch am Montagabend entscheiden, teilte Schiller mit. Aber: "Dann würden wir diesen Anschein einer Wahl noch mittragen." Gertrud Schmidt-Podolsky war lange Zeit die Zweite, dann sechs Jahre lang die Dritte Bürgermeisterin. Ob sie erneut für eine Nominierung in Frage käme, dazu wollte sich Schiller nicht äußern. "In unseren Reihen gibt es natürlich geeignete Kandidaten", so Schiller. An der Wahlallianz kritisierte er: "Man kann sich schon zusammenschließen - das gibt es ja in anderen Städten auch - aber dann sollte man auch inhaltlich zusammenarbeiten." Beim 10-Minuten-Takt der Busse in Dachau sei das nicht der Fall gewesen.

Der Stadtrat entscheidet auch über die Besetzung der Ausschüsse sowie die Bestellung der Referenten. Kreß ließ dazu durchblicken, dass es "nicht so eine extreme Verteilung wie 2014" geben werde. Damals gingen sieben der 16 Referentenposten an die CSU, während die SPD sich als zweitstärkste Fraktion mit zwei begnügen musste und Grüne und Bündnis mit nur jeweils einen. Diesen "3:1 Faktor", so Kreß, werde es nicht mehr geben. "Bewährte Referenten werden ihren Sitz behalten", schickt Kreß voraus.

© SZ vom 05.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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