Seit Kurzem ist das Café Gramsci geschlossen, im Café Zaunkönig übernimmt im März ein neuer Pächter und es kündigt sich ein weiterer Wechsel in der Gastro-Szene der Dachauer Altstadt an: 15 Jahre lang hat Matthias Schilcher die einzige Disco in Dachau, die "Roxibar", betrieben und übergibt sie demnächst an den 34-jährigen Alexander Schmid aus Dachau.
Für gewöhnlich war Schilchers Roxi am Freitagabend geöffnet, der Eingang liegt unscheinbar in einem Seitenarm des Altstadtrings, nur ein graues Schild am ebenfalls grauen "Heidenbergerhaus" weist daraufhin. Entlang der Garderobe geht es in den kleinen Discoraum, das DJ-Pult steht auf einer Erhöhung und an der Bar können sich die Feiernden in schummrigen Licht begutachten. Sonst war es eher duster in den Räumen, die Schilcher nun abgibt.
Grund dafür ist, dass der 43-Jährige, der auch den Kochwirt in der Altstadt führt, gesundheitlich angeschlagen ist. Schilcher hat Sehnenprobleme an den Unterarmen. Außerdem geht ihm die Arbeit nicht aus: Mit seiner Lebensgefährtin Katharina Osterauer saniert er gerade einen über 180 Jahre alten Bauernhof nahe Markt Indersdorf. Die Idee, das Roxi in andere Hände zu geben, kam spontan bei einem Abend im Kochwirt im vergangenen Dezember auf. Damals erzählte Alexander Schmid seinen Kumpels, dass es ihm Spaß machen würde, als Wirt selbst etwas auf die Beine zu stellen - und kam dabei mit Schilcher ins Gespräch. Innerhalb von zwei Monaten war die Zusammenarbeit besiegelt. Die nächsten fünf Jahre hat Schilcher die Roxibar an Alexander Schmid untervermietet.
"Ich bin dankbar, dass es jetzt 15 Jahre so gut dahingelaufen ist."
Für Schilcher sei damit viel gewonnen, zwar öffne das Roxi nur einmal in der Woche, aber auch das mache viel Arbeit: Er musste DJs buchen, die Partys auf möglichst vielen Kanälen bewerben, den Einkauf erledigen, Personal finden und Löhne abrechen, erzählt er: "Aber ich bin dankbar, dass es jetzt 15 Jahre so gut dahingelaufen ist", gerne erinnere sich an ein volles Roxi zurück, etwa nach dem Volksfest, Jazz in allen Gassen oder rund um Weihnachten.
Mit der Kleinraumdisco startete der gelernte Schreiner aus Markt Indersdorf seine gastronomische Karriere, danach eröffnete der Quereinsteiger das Burger-Restaurant "HiFive" in Dachau-Ost, das er 2019 wieder verkaufte. 2015 übernahm er den Kochwirt, der mittlerweile wegen Personalmangels nur noch abends geöffnet ist. Ähnlich wie Schilcher ist auch der neue Pächter Alexander Schmid ein Quereinsteiger in der Gastro-Szene und arbeitet derzeit als "Beulendoktor", wie er selber sagt, also repariert Blechschäden an Autos.
Doch er sei schon früher gerne ins Roxi gegangen, ist in der Altstadt aufgewachsen und wohnt jetzt mit seiner Frau und den beiden Kindern nur rund fünf Minuten entfernt davon. Als er seiner Partnerin von seinem Plan erzählte, die Diskothek zu übernehmen, habe sie gesagt: "Wenn du dir das zutraust, stehe ich hinter dir", erzählt Schmid am Telefon und lacht: "Bislang habe ich durchwegs positive Rückmeldungen zu meiner Entscheidung bekommen, angefangen beim Bankberater bis zur Hebamme meiner Kinder."
In den vergangenen Wochen habe er außerdem eine Checkliste abgearbeitet, um als Wirt bestmöglich vorbereitet zu sein: Darunter waren Aufgaben wie eine Schankkonzession bei der Stadt Dachau beantragen, Hygienevorschriften durchlesen, Unterlagen beim Finanzamt abgeben oder die Renovierung des Nachtlokals vorbereiten. Schließlich wolle Schmid ein bisschen Farbe in die bislang düstere Disko in der Altstadt bringen, er hat dafür eine neue Lichtanlage gekauft und eine farbige Tapete bestellt. Wie sie aussieht, bleibt aber bis Freitag, 3. März, eine Überraschung, dann wird er das Roxi offiziell eröffnen. Am kommenden Donnerstag wird der Weiberfasching noch im alten Ambiente gefeiert.
Alexander Schmid will die Altstadt abends wieder beleben
Am Konzept der Disco will der 34-Jährige ebenfalls etwas ändern, "damit in der Altstadt wieder mehr los ist". Denn derzeit fehle es hier an Möglichkeiten, etwas trinken zu gehen, unter anderem, weil das "Effe & Gold" schon seit über einem halben Jahr geschlossen ist. Deshalb will er das Roxi in Zukunft schon um 20 Uhr aufsperren, damit Besucher dort schon einen Cocktail oder ein Bier trinken und danach im Club feiern können. Seiner Zukunft als Discobetreiber sehe er entspannt entgegen, schließlich werde er seinen Hauptjob in einer Autowerkstatt behalten und wolle nicht jedes Wochenende selbst hinter der Bar stehen. Außerdem sei das Roxi immer noch die einzige Disco in Dachau und "eine gute Anlaufstelle für Jugendliche", so Schmid. Einmal im Monat wolle er zudem eine Mottoparty veranstalten, bei der nur House, Techno oder Hip Hop aufgelegt werden, das ältere Publikum möchte er bei Ü30-Partys für sich gewinnen.
Gefeiert wird im sogenannten Heidenbergerhaus übrigens schon seit Jahrzehnten, wie ein Hausschild an der Fassade erklärt, das die Stadt Dachau aufgehängt hat: Seit den 1930er-Jahren gab es hier das von vielen Dachauern geschätzte "Café Belstler". 1945 wurde es von der amerikanischen Militärregierung in einen Tanzclub umgewandelt. Später wurde aus dem ehemals amerikanischen Club der "Hacker-Keller" und 1957 wieder ein Nachtclub mit dem Namen "Roxy-Bar".
