Konzert in Dachau:Gelungener Start in den Dachauer Jazzherbst

Lesezeit: 2 min

Gitarrist Ronny Graupe spielt mit seiner Band in der Kulturschranne und macht den Anfang beim Dachauer Jazzherbst. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ronny Graupes Quartett "Off the Record" erfreut das Publikum in der Dachauer Kulturschranne mit fundiertem Musikhandwerk. Das Konzert ist auch der Beginn einer lang vermissten Serie.

Von Andreas Pernpeintner, Dachau

Dieses eine Konzert des Ben Lamar Gay Quintet, das der Dachauer Jazz-Verein im vergangenen Juli nach langer Corona-Pause veranstaltet hat, es wirkte in seiner terminlichen und musikalisch-expressiven Einzigartigkeit fast unwirklich, wie eine Reminiszenz an vergangene Zeiten des Dachauer Jazzclubs. Jetzt ist klar, es war ein Neuanfang. Denn mit dem Gitarristen Ronny Graupe kehrte am vergangenen Donnerstag nicht nur ein alter Bekannter in die Kulturschranne zurück (das gilt auch für Schlagzeuger Oliver Steidle), das Konzert von Ronny Graupes Quartett Off the Record markierte auch den Beginn einer Programmserie, wie es sie seit drei Jahren nicht mehr geben konnte: den Beginn eines wirklichen Dachauer Jazzherbstes, der bis zum 17. Dezember mit vier weiteren Konzerten aufwarten wird.

Irgendwie ist es geradezu ideal, dass diese Wiederaufnahme von Konzertnormalität mit einer Darbietung einhergeht, die nicht wie von einem anderen Musikplaneten wirkt, wie dies bei Ben Lamar Gays Geniestreich der Fall war, sondern die eine Qualität bietet, die immer noch zum Ehrlichsten gehört, was ein Konzert bieten kann: wundervoll fundiertes Musikhandwerk. Das führt natürlich dazu, dass einem nicht vor Staunen der Mund offensteht, wenn man Graupe, Steidle, dem Vibrafonisten Dominik Bukowski und Phil Donkin am Kontrabass lauscht. Aber es ist eine Freude zu erleben, wie hier mit Gespür für musikalische Form, für kompositorische Struktur musiziert wird, mit welcher Instrumentenbeherrschung, mit welch aufmerksamer Koordination, mit welch großem Bedacht für den Gesamtklang.

Geschmeidig und ungemein virtuos

Wenn Steidle unaufdringlich swingt und doch unablässig interessante, so selbstverständlich daher schlendernde kleine Effekte integriert - ein Genuss. Wenn Donkin sein Bassspiel auf ein leise pulsierendes Pochen reduziert, um Graupe und Bukowski an Gitarre und Vibrafon den Vortritt zu lassen - einfach schön. Und das gilt auch für die Art und Weise, wie Graupe und Bukowski wiederum ihr musikalisches Verhältnis zueinander gestalten: nämlich höchst variabel.

Mal sind die beiden Instrumente, die gleichermaßen zu melodischem wie zu harmonisch grundierendem Spiel geeignet sind, in anmutiger Melodik oder in rhythmisch prägnant-charmanten Riffs vereint, mal treten sie mit raschem Skalenspiel solistisch hervor, mal begleiten sie sich, mal umkreisen sie einander polyphon. Das klingt sehr geschmeidig, zumal ein Vibrafon immer zur klanglichen Sanftmut tendiert, ist oft aber auch ungemein virtuos - und sieht auch virtuos aus, wenn Bukowski mit seinen vier Schlägeln über die Klangstäbe rast.

Alle vier Musiker haben dabei Noten vor sich auf dem Pult; vieles an dieser Musik ist also kompositorisch festgelegt. Dazu gehört auch ein Stück, bei dem alle Soli (jeder kommt an die Reihe) unbegleitet sind: Die Band stoppt, und der Solist hat, ohne metrisch gebunden zu sein, für einige Zeit jegliche Gestaltungsfreiheit. Ein kurzes Zeichen, und mit Zwischentutti werden die Soli zu einer Art Jazzrondo zusammengefasst. Das ist hübsch erdacht.

Nach der Pause wird es intensiver

Trotzdem tut es dem Abend gut, dass Graupe und seine Kollegen diese geschmackvolle Diskretion im zweiten Set merklich ablegen. Dabei meint man in den ersten Augenblicken nach der Pause, sie würden den Klang sogar noch weiter zurücknehmen, denn als sie auf die Bühne zurückkehren, schwirren zunächst nur ganz stille, vereinzelte Klangimpulse umher. Musik in ihrer spärlichsten Form. Doch ganz allmählich - und dann immer forscher - verdichten sich die Klangereignisse, werden häufiger, werden lauter. Bis schließlich derbe Cluster in harter rhythmischer Folge durch den Raum peitschen. Großartig.

Natürlich geht die Spielkultur des ersten Sets deshalb nicht verloren. Insgesamt aber musiziert das Quartett nun deutlich intensiver und genussvoller in den musikalischen Aussagen - bis es den Abend mit einem schönen Klagegesang des Kontrabasses als ruhig verebbende Zugabe beschließt.

Die weiteren Konzerte des Jazzherbstes finden am 13. Oktober, 28. Oktober, 16. November und 17. Dezember in der Kulturschranne statt. Information unter www.jazzev.com .

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: