Dachau:"Die Brille sollte außergewöhnlich sein"

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Selina Knebel ist Deutschlands beste Nachwuchsoptikerin. In einem bundesweiten Wettbewerb hat sie besondere Kreativität bewiesen, indem sie eine randlose Brille in Form einer Fischflosse anfertigte.

Von Katja Gerland, Dachau

Selina Knebel kann Brille. Das hat sie schon vor ein paar Wochen beim Leistungswettbewerb des deutschen Handwerks bewiesen. Da wurde sie zur besten Nachwuchsaugenoptikerin Bayerns gekürt. Jetzt hat die Gesellin des Optik Tannek in Dachau auch den bundesweiten Wettbewerb für sich entscheiden. Im Interview mit der SZ verrät die 23-Jährige, wie sie sich gegen die Konkurrenz aus ganz Deutschland durchsetzen konnte.

SZ: Frau Knebel, wie fühlt es sich an, die beste Nachwuchsaugenoptikerin Deutschlands zu sein?

Selina Knebel: Sehr gut, ich bekomme immer wieder Glückwünsche von Freunden, Bekannten und Kollegen, aber auch von allen möglichen Menschen, die es über mehrere Ecken erfahren haben. Sogar von manchen Herstellern aus der Arbeit, das ist sehr schön momentan.

Für den bundesweiten Wettbewerb sind Sie nach Dortmund gereist, um dort gegen die Vertreter der anderen Bundesländer anzutreten. Welche Fähigkeiten mussten Sie dort unter Beweis stellen, um den Titel zu gewinnen?

Die letzten Jahre wurde der Wettbewerb eher auf das handwerkliche Können reduziert. Das ist aber nicht das Einzige, was in der Augenoptik zählt. In diesem Jahr stand dann das erste Mal der Berufsalltag im Fokus, bei dem beispielsweise der Umgang mit Gleitsichtbrillen und die Beratung der Kunden immer wichtiger wird. Deshalb wurden diese Punkte, so wie ich das mitbekommen konnte, heuer besser in den Wettbewerb integriert.

Wie kann man sich die Aufgaben vorstellen, die Ihre Konkurrenten und Sie lösen mussten?

Der Wettbewerb bestand aus drei Aufgaben. In einem fiktiven Beratungsgespräch wurde uns eine Dame mit einer beginnenden Netzhauterkrankung vorgestellt, die wir dann bezüglich verschiedener Sehhilfe beraten haben. Die zweite Aufgabe bestand aus einem Reklamationsgespräch, wobei wir die Fehler bei einer Gleitsichtbrille finden und beheben sollten. Die wichtigste Aufgabe war die Werkstattarbeit, bei der wir eine randlose Brille angefertigt haben. Dabei war eine originelle Form gefragt, die wir selbst geschliffen und verziert haben. Man sollte die Brille natürlich noch tragen können, aber außergewöhnlich sollte sie schon sein.

Mit welcher Brillenform gingen Sie ins Rennen?

Ich habe mich von allen möglichen Brillenformen inspirieren lassen, die ich schon kannte, und habe versucht, in verschiedene Richtungen zu denken. Dann kam ich auf die Idee, die Brille als Fischflosse zu formen. Mit Fräsungen am unteren Rand der Brille, die sich wie Algen nach oben schlängeln. Die Bohrlöcher in der Brille sollten dann die Luftbläschen im Meer darstellen. Das war sehr aufwendig, weshalb ich während der Prüfung unter Zeitdruck stand.

Das hört sich sehr kreativ an. Sind Sie schon mit einem guten Gefühl in die Siegerehrung gegangen?

Um ehrlich zu sein, war ich etwas deprimiert vor der Entscheidung. Ich hatte natürlich meine genauen Vorstellungen bezüglich der Brille und bin dann auch immer sehr penibel. Die Brille war aber nicht zu hundert Prozent umgesetzt, wie ich mir es vorgestellt hatte, deswegen war ich persönlich mit der Werkstattarbeit nicht ganz zufrieden. Mein Gefühl war also eher mittelprächtig. Dementsprechend überrascht war ich, als es doch so gut ankam. Ich denke aber auch, dass es an der Leichtigkeit lag, mit der ich da reingegangen bin. Ich bin davon ausgegangen, dass ich nicht unter die Erstplatzierten kommen würde, und habe deshalb einfach mitgemacht, um dort Spaß zu haben. Vielleicht war dann gerade dieser fehlende Druck der Grund für meinen Sieg.

Im Endeffekt konnten Sie sich gegen die Konkurrenten aus ganz Deutschland durchsetzen. Welcher Preis wartete auf Sie nach diesem Erfolg?

Für den ersten Platz habe ich einen Scheck über 500 Euro bekommen. Die Handwerkskammer hat mir zusätzlich einen Pokal und eine große Ehrenurkunde zugeschickt. Mein Ausbildungsbetrieb hat eine eigene Urkunde bekommen, deshalb werde ich meine natürlich Zuhause an einem besonderen Ort platzieren, damit ich mich auch immer an den spannenden Wettbewerb erinnern kann. Außerdem hätte ich den Pokal zu normalen Zeiten in einer Zeremonie mit dem Bundespräsidenten überreicht bekommen, die durch Corona leider nicht stattfinden konnte.

Zusätzlich stehen Ihnen mit dem Sieg nun wohl viele Türen in ganz Deutschland offen. Bleiben Sie in Zukunft trotzdem im Landkreis Dachau?

Dadurch, dass ich gerade noch im Studium der Augenoptik und Optometrie an der Hochschule München bin, lege ich mein Augenmerk darauf, das noch gut abzuschließen. Was ich danach machen werde, ist ziemlich offen. Ob es ans Arbeiten geht oder ob ich einen Master dranhänge, das weiß ich noch nicht. Aber ich denke, es stimmt, dass mir nun relativ viele Türen offenstehen werden, deshalb lasse ich das alles erst einmal auf mich zukommen.

© SZ vom 16.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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