Dachau/München:Unversöhnliche Erinnerungen

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Dokumentarfilm über zwei konträre Lebenswege

Zwei deutsche Lebenswege, die viel über die politische Realität in der frühen Bundesrepublik aussagen: Der Maurer Ludwig Stillger schlägt sich vor 80 Jahren nach Spanien durch und kämpft in den Internationalen Brigaden gegen die Franco-Truppen - auf der anderen Seite unterstützt der junge Offizier Henning Strümpell auf Hitlers Anordnung mit der berüchtigten "Legion Condor" die Faschisten. Beide erinnern sich Jahrzehnte später an diese Zeit, der eine als Rentner in kargen Verhältnissen lebend, der andere als gut situierter Bundeswehrgeneral a.D. Der Holocaust-Überlebende Ernst Grube, stellvertretender Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau, lädt zur Vorführung des Dokumentarfilms "Unversöhnliche Erinnerungen" von Klaus Volkenborn aus dem Jahr 1979 ein. Vor 80 Jahren, im Sommer 1936, putschten Teile des Militärs unter General Franco gegen die spanische Republik, um eine Diktatur zu errichten. Von Anfang an fand dieser Putsch die Unterstützung Italiens und Deutschlands. Aber gleichzeitig gab es auch Frauen und Männer aus verschiedenen Ländern und unterschiedlichen politischen Richtungen, die der Republik beistanden und eine Ausbreitung des Faschismus zu verhindern versuchten. So standen sich in Spanischen 1936 bis 1938 auf beiden Seiten auch Deutsche gegenüber - wie Stillger und Strümpell.

Das Thema hat mit Dachaus Geschichte im Nationalsozialismus einiges zu tun: Im Konzentrationslager Dachau waren 500 ehemalige Spanienkämpfer inhaftiert. Die französische Vichy-Regierung hatte die in Frankreich internierten Antifaschisten an die deutschen Behörden ausgeliefert. Unter ihnen waren Hans Landauer, der als 16-Jähriger den Internationalen Brigaden beigetreten war, das KZ überlebte und nach dem Krieg im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes in Wien tätig war. Ebenso Hermann Langbein, der als österreichischer Kommunist mit den Spanienkämpfern nach Dachau, im August 1942 dann nach Auschwitz verschleppt wurde. Langbein überlebte und schrieb mehrere Bücher über die Konzentrationslager.

Der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm beschreibt die beiden deutschen Lebenswege von Ludwig Stillger und Henning Strümpell - und erzählt an ihrem Beispiel vom schwierigen Umgang Deutschlands mit seiner Geschichte im Nationalsozialismus. "Es sind unversöhnliche Erinnerungen an die Weimarer Republik, an den Bürgerkrieg in Spanien, an die Nazi-Zeit, an die Wiederaufrüstung in der Bundesrepublik und den Umgang mit der Geschichte." Die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" zeigt den Film am Sonntag, 4. Dezember, um 11 Uhr in der Seidlvilla, Nikolaiplatz 1 b, in München.

© SZ vom 24.11.2016 / hz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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