Dachau:Man wird nie zu alt

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Selten war das gefühlte Durchschnittsalter auf einer Schlossausstellung der KVD so niedrig wie heuer - und selten herrschte eine derartige Aufbruchsstimmung.

Julia Richthammer

Die Dachauer Künstlervereinigung (KVD) hat sich für die 30. Schlossausstellung gleich mehrere ehrgeizige Ziele gesetzt. Zunächst will sie Kontakte knüpfen und das Schloss als Forum dafür anbieten. Überraschenderweise pflegen Künstler der DomakgAteliers keine engen Kontakte mit ihren Kollegen der Platform 3. Durch die Schlossausstellung in Dachau haben sich diese beiden Münchner Ateliers einander angenähert. Also: Ziel erreicht.

Die Schlossausstellung der Künstlervereinigung Dachau hat ein Ziel bereits erreicht. Vorsitzende Monika Siebmanns und ihr Stellvertreter Johannes Karl, Kurator der Ausstellung, freuen sich über den enormen Andrang zur Vernissage am vergangenen Sonntag. (Foto: © joergensen.com)

Nun ist Dachau kein x-beliebiger Standort der bildenden Kunst; wegen seiner Geschichte als Standort des ersten NS-Konzentrationslagers und wegen seiner Bedeutung als ehemaliges europäisches Zentrum der Freilichtmalerei in Europa. Lange Jahre war gerade der Kontakt nach München sehr eng. Jetzt soll er reaktiviert werden. "Die Künstlerszenen leben und arbeiten oft voneinander getrennt", sagt Barbara Trommeter, die selbst Mitglied der KVD ist und in den DomagkAteliers arbeitet. Am Sonntag waren zumindest alle 21 Aussteller sichtlich glücklich. "Wir sind super zufrieden. Jeder ist mit seinem Platz zufrieden und wir haben eine stimmige und durchkomponierte Ausstellung", sagte Barbara Trommeter. Also: Ziel angepeilt.

Schließlich möchten sich die jungen Dachauer Künstler, die sich den Titel "Vorgarten" gegeben haben, als ernsthafte Partner bewähren. Das gelingt schon deswegen, weil die Schlossausstellung, die 1919 zum ersten Mal stattfand, am Altersdurchschnitt der Künstler noch nie so jung war. Monika Siebmanns, die erste Vorsitzende der KVD, zählt zur älteren Generation. Sie resümierte zufrieden: "Wir haben eine lebendige, junge, interessante Ausstellung mit vielen verschiedenen Techniken und Facetten." Und guten Kontakten. Diese Stimmung hat die Vernissage geprägt. Denn sie spiegelte sich in einem Andrang wieder, wie ihn die KVD nicht sehr oft erlebt. Dabei waren alle Vernissagen oben im Schloss stets gut besucht. Die Perspektive: So kann es weiter gehen.

Nicht nur die Künstler, auch die Besucher waren zufrieden. Stefan Fitzek war begeistert vom prachtvollen Festsaal. Seine Lieblingsarbeit war eine Installation aus einem teilweise zusammengebrochenen Holzregal mit Fotografien dahinter von Jessica Zaydan. Daran bewundert er die Ästhetik der Ruhe. "Die Installation würde ich gerne in meiner Wohnung aufstellen. Allerdings könnte sie ein bisschen zu groß sein und schwer abzustauben noch dazu", lachte er. Bettina Vogel hob die Vielfalt der ausgestellten Kunstwerke hervor, die von Malerei über Zeichnungen bis hin zu Bildhauerei und Fotografie reicht. "Die meisten Künstler haben sich überlegt, was in diesen Rahmen, den herrlichen Schlosssaal, passt, oder einen interessanten Gegensatz dazu geschaffen." Diesem Prinzip der Lockerheit entsprach auch das Konzept, das Kurator Johannes Karl vorgegeben hat. In seiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung sagte er: "Jeder Künstler stellt sich und seine Werke vor." Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) betonte in seiner Eröffnungsrede, der große Festsaal des Schlosses sei jedes Jahr eine Herausforderung für die Künstler. Sie müssten sich der Dominanz der Sommerresidenz der Wittelsbacher stellen oder auf sie eingehen. "Einige nehmen Bezug auf das Schloss, andere unterstreichen den Gegensatz zwischen ihrer eigenen Position und der Wirkung des Raumes."

Die Künstler suchten diese Auseinandersetzung. Bildhauerin Esther Irina Pschibul will ihre "Weiblichkeit gegen Max Emanuel setzen" und lässt die Bronzeskulptur einer schreitenden Frau auf das große Gemälde des Kurfürsten Max Emanuel zugehen. Dabei will sie den Effekt erreichen, dass die Frau desto mehr in den Mittelpunkt rückt, je mehr man sich zur Seite bewegt. Pschibul fragt: "Wann ist sie, wann ist er gewichtiger? Ist sie stärker?"

Auch das Projekt des Künstlerpaars hb-lankowitz sucht diesen Bezug. "Am liebsten hätten wir die königlich-kaiserlichen Porträts aus ihren Rahmen genommen und mit unseren eigenen ersetzt." Von denen hängen eine ganze Menge an den Wänden. Das Künstlerpaar beschränkt sich darauf, sich in Selbstporträts gegenüber zu stellen. Das Künstlerpaar Trommeter-Szabó setzt ebenfalls auf den Effekt von Gegensätzen: Sie haben eine ganz normale bürgerliche Wohnung fotografiert. Auf diese Weise soll der Kontrast zwischen dem Eigenheim und der pompösen Schlossarchitektur unterstrichen werden.

Wer die Ausstellung abseits des Trubels am Sonntag anschauen will, hat bis 2. September Zeit. Mittwoch bis Samstag, 14 bis 18 Uhr, Donnerstag, 14 bis 19 Uhr, Sonn- und Feiertag, 11 bis 18 Uhr.

© SZ vom 07.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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