Dachau:Luxusgut Wohnraum

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Auch in Dachau herrscht akute Wohnungsnot. Weil die Nachfrage weiter steigt, werden die Mieten immer teurer. Die SPD diskutierte darüber, was die Politik dagegen unternehmen kann.

Von Petra Schafflik

Wohnblöcke an der Hebertshauser Straße. Foto: Jørgensen (Foto: © joergensen.com)

"Da sitzen alle hier draußen, statt dass sie reinkommen und mitreden", bemerkte am Mittwochabend eine ältere Dame mit Blick auf den gut besuchten Wirtsgarten am Adolf-Hölzel-Haus. Drinnen im Saal interessierten sich währenddessen nur etwa 20 SPD-Mitglieder für die Podiumsdiskussion "Wohnraum- und Mietsituation in Dachau und Umgebung". Als Experten debattierten Mietervereinsvorsitzender Wolfgang Winter, Stadtbau-Geschäftsführer Hendrik Röttgermann und Barbara Hauser, Geschäftsführerin einer Hausverwaltung und SPD-Schriftführerin. Der eklatante Mangel an bezahlbaren Wohnungen im Großraum München produziert in jüngster Zeit immer wieder Schlagzeilen. Am Thema dürfte es also nicht gelegen haben, dass die Reihen so licht besetzt waren. "Das Wetter war einfach zu schön", sagt SPD-Ortsvorsitzender Horst Ullmann, der bereits über eine Folgeveranstaltung nachdenkt. "Denn das ist ein wichtiges Thema, auch blieben Fragen offen."

Ein Beschäftigter in der Gastronomie fährt täglich von Weilheim nach Dachau zur Arbeit, weil er sich eine Wohnung in der Stadt nicht leisten kann. Mit diesem Beispiel eröffnete SPD-Ortsvorsitzender Ullmann die Debatte um Mieten und Wohnungsmangel in Dachau. Sicher kein Einzelfall, betonte der Vorsitzende des Mietervereins, Wolfgang Winter. Denn es herrsche "akute Wohnungsnot", nicht nur in Dachau, sondern im gesamten Ballungsraum München. Die qualifizierten Mietspiegel, die es für Dachau und Karlsfeld seit 1997 gebe, hätten zwar eine "befriedende Wirkung", dämpften Mieterhöhungen aber nur für laufende Mietverhältnisse. "Bei Neuvermietung hat der Vermieter freie Hand". Seine Forderung: "Wir brauchen unbedingt mehr Wohnungsbau, das ist der Kern", so Winter.

Mietwohnungen baut in Dachau kontinuierlich die städtische Wohnungsbaugesellschaft Stadtbau. Zielgruppe dieser öffentlich geförderten Wohnungen seien Beschäftigte mit geringem Verdienst, "die auf dem freien Wohnungsmarkt keine Chance haben", so Stadtbau-Chef Hendrik Röttgermann. Besonders wenig Chancen haben anerkannte Asylbewerber, schilderte Marion Benzait, die als Mitarbeiterin der Caritas die Bewohner der Asylunterkunft in sozialen Fragen berät. Viele wechselten aus der Asylunterkunft direkt in die Obdachlosigkeit, sagt Benzait.

Öffentlichen Wohnungsbau gelte es stärker zu fördern, forderte Michael Schrodi, SPD-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Dachau und Fürstenfeldbruck. Die SPD fordere auch eine Deckelung der Mietpreise bei Neuvermietung. Dringender Handlungsbedarf bestehe, "denn die Situation wird sich noch zuspitzen". Schrodi rechnet in den kommenden 20 Jahren mit einem Zuzug von weiteren 300 000 Menschen in der Region. Muss das so kommen? fragte ein Zuhörer. Die Politik müsste gegensteuern, andernorts gebe es Leerstände. Die Arbeit könnte zu den Menschen wandern, so die Idee. Ein unrealistischer Vorschlag, waren sich die Experten einig. "Der Mensch folgt dem Arbeitsplatz", betonte Mieter-Anwalt Winter.

Weil also mit noch steigender Nachfrage zu rechnen ist, müssten mehr Wohnungen gebaut werden. Doch den Mietwohnungsbau auf dem freien Markt, wie ihn in der Vergangenheit etwa Versicherungsgesellschaften betrieben haben, "gibt es nicht mehr", stellt Stadtbau-Geschäftsführer Hendrik Röttgermann fest. Weil die Vorgaben etwa durch die Energiesparverordnung "kaum finanzierbar" sind, wie Barbara Hauser weiß. Allerdings: Für ihre Strategie des kontinuierlichen Wohnungsneubaus ist die Stadtbau zwingend auch darauf angewiesen, dass die Stadt geeignete Grundstücke bereit stellt. Noch gebe es Bauland für Neubauten "etwa bis 2022", so Röttgermann. Doch Grundstückspolitik muss langfristig angelegt sein. Die Stadt habe hier nicht vorausschauend gehandelt, kritisierte SPD-Stadtrat Volker C. Koch. Deshalb werde es "Aufgabe für den nächsten Stadtrat, wieder in die Grundstücksbevorratung einzusteigen".

© SZ vom 12.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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