Energiewende:Mehr als 200 neue Genossen und Genossinnen in vier Tagen

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Die Freude über den großen Zulauf beim Infoabend steht den Vorstandsmitgliedern Martin Bednarz (l.) und Christian Wagner (r.) sowie Aufsichtsrat und Bürgermeister von Altomünster, Michael Reiter, ins Gesicht geschrieben. (Foto: Toni Heigl)

Einen großen Zulauf an Mitgliedern erlebt die Genossenschaft Bürgerenergie Dachauer Land. Doch bis man Geld in Projekte investieren kann, dauert es noch ein wenig.

Von Alexandra Vettori, Markt Indersdorf

Volles Haus beim ersten Infoabend in Markt Indersdorf und ein paar Tage später schon über 250 Mitglieder: Die Genossenschaft Bürgerenergie Dachauer Land scheint einen Nerv getroffen zu haben. Entsprechend erfreut war Martin Bednarz, Mitglied im Vorstand der Genossenschaft, auch noch am Dienstag danach. Das steile Wachstum der Mitgliederzahlen werde zwar sicher bald abebben, aber insgesamt "war das Feedback tatsächlich überwältigend".

Der Mann, auf den das Ganze zurückgeht, Michael Reiter, der Bürgermeister von Altomünster, führte beim Infoabend aus, was in Zukunft alles geplant ist: ein Windrad oder eine Beteiligung an einem Windrad, Freiflächen-Photovoltaik und vielleicht sogar ein kleines Umspannwerk, weil die Einspeisung von regenerativem Strom in das Dachauer Netz bekanntlich eher schwierig ist. Auch Fernwärmeprojekte schloss Reiter für die Zukunft nicht aus.

Zuletzt müssen die Türen geschlossen werden, weil der Saal im Indersdorfer Gasthaus Doll überfüllt ist. (Foto: Toni Heigl)

Christian Wagner, der zweite Mann im Vorstand der Energiegenossenschaft, erklärte den Anwesenden, wie diese funktioniert: Der erste Schritt ist die Mitgliedschaft, die mit ein paar Klicks auf der Homepage buergerenergie-dachauerland.de abgeschlossen ist. Einzige Bedingung ist, dass man im Landkreis Dachau wohnt. 100 Euro kostet ein Anteil, maximal 50 Anteile darf man erwerben. Diese Beschränkung habe man vorgesehen, erklärte Wagner, damit nicht eine einzelne Person oder Organisation die Genossenschaft finanziell dominiert und in Schieflage bringen kann, etwa, wenn die Anteile wieder verkauft werden.

Letzteres ist immer möglich, zum Einkaufspreis, es sei denn, die Genossenschaft hat mehrheitlich beschlossen, den Wert eines Anteils zu verändern. Auch bei Versammlungen von Genossenschaften gibt es eine Besonderheit: Egal, wie viele Anteile man hat, man verfügt bei Abstimmungen nur über eine Stimme.

Nur Mitglieder können investieren

Während das operative Geschäft der Genossenschaft mit dem Mitgliedsbeitrag bestritten wird, nutzt man zur Finanzierung von konkreten Projekten sogenannte Nachrangdarlehen. Dabei leihen Mitglieder der Genossenschaft Geld und erhalten dafür einen festen Zinssatz für eine bestimmte Laufzeit. Nach Erfahrungen von anderen Energiegenossenschaften ist der Andrang Investitionswilliger dabei so groß, dass nicht jeder und jede zum Zug kommt. Dann wirkt das sogenannte Zwiebel-Prinzip: Zuerst dürfen diejenigen Geld investieren, die in direkter Umgebung zu dem Projekt wohnen, dann diejenigen aus der jeweiligen Gemeinde und dann erst die übrigen Genossenschaftsmitglieder.

Natürlich kam beim Infoabend in Markt Indersdorf auch die Frage aus dem Publikum, was denn nun die ersten Projekte seien. Doch hier bat Vorstandsmitglied Christian Wagner um Verständnis: "Die Projekte werden zeitnah vorgestellt, voraussichtlich Anfang nächsten Jahres sind die ersten Beteiligungen möglich." Wie er weiter erklärte, liefen derzeit auch Gespräche über eine Beteiligung an einer Anlage: "Das ist natürlich auch eine Möglichkeit, wenn die Genossenschaft erst in eine Betreibergesellschaft eintritt. Da gehen wir dann auch kein Risiko ein."

Das Freisinger Erfolgsmodell als Vorbild

Zuletzt blickte Werner Hillebrand-Hansen, Vorstandsmitglied der Bürger-Energiegenossenschaft Freisinger Land auf deren Erfolgsgeschichte zurück. Vor zehn Jahren gegründet, zählt die Genossenschaft heute mehr als 1500 Mitglieder. "Allein heuer sind über 400 neue Mitglieder dazu gekommen", erzählte er. 21 von 24 Kommunen im Landkreis Freising sind heute Mitglied, die Bilanzsumme im Jahr 2022 betrug acht Millionen Euro, "das ist ein mittleres Unternehmen", so Hillebrand-Hansen. Mittlerweile arbeitet man auch nicht mehr ehrenamtlich, wie bei der neuen Bürgerenergie Dachauer Land, sondern bezahlt fünf Teilzeit-Mitarbeitende und zwei Vorstände.

"Dass wir heute bezahlte Mitarbeiter haben, verdanken wir vor allem dem Bürger-Windrad in Kammerberg", sagte Hillebrand-Hansen. Das anfangs sehr umstrittene Windrad laufe prächtig und habe seit seinem Start 2015 die Leistungsprognosen stets übertroffen. Mittlerweile ist die Freisinger Genossenschaft nicht nur Betreiber eines Windrades und vieler Photovoltaik-Anlagen, auch im Auftrag von Kommunen, sondern betreibt auch das Stromnetz in den Gemeinden Eching und Neufahrn, beliefert 900 Kunden mit Bürgerstrom. Außerdem betreibt sie seit zweieinhalb Jahren E-Auto-Ladestationen, Ende des Jahres werden es 70 sein.

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