Kurzweilige Unterhaltung:Zuckersüße Torten-Hölle

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Unter der Regie von Ingrid Zellner bringt dass ASV-Theater Jürgern Kirners Komödie "Bäcker sucht Frau" auf die Bühne. Über die manchmal arg eindimensionale Charakterzeichnung tröstet die enorme Spielfreude der Darsteller hinweg

Von Franziska Stolz, Dachau

"Ja, host du jetzt immer no koa Freundin, Michi? Des is doch ned g'sund!" Mit diesen Worten liegen dem Jungbäcker Michi Dettermeier alle in den Ohren. Mindestens diejenigen im Publikum, deren Beziehungsstatus so oder ähnlich schon einmal hinterfragt wurde, dürften an diesen Stellen gemeinsam mit dem Bühnendarsteller leicht zusammenzucken. Von den Irrungen und Wirrungen der Partnersuche erzählt die Realsatire "Bäcker braucht Frau" aus der Feder von Volkssänger und Kabarettist Jürgen Kirner, mit der die Erwachsenengruppe des Theaters am Stadtwald an diesem Samstag, 2. November, Premiere feiert.

Bei der Generalprobe ist die Vorfreude der Spieler spürbar: während der Szenen herrscht volle Konzentration, in den Pausen zwischen den drei Akten muntere Geschäftigkeit auf der Bühne. Abgesehen von einigen kleineren Versprechern sitzt das Stück, das Regisseurin Ingrid Zellner ausgewählt hat, weil es sich mit aktuellen und zentralen Themen auseinandersetzt. Es handelt vom Überlebenskampf alteingesessener Handwerksbetriebe gegenüber Behördenauflagen und Discounter-Billigkonkurrenz, von Online-Dating-Portalen, TV-Kuppelshows und vom oft engstirnigen Umgang mit Homosexualität in einer ländlichen oder kleinstädtischen Gesellschaft.

In der Konditorei Dettermeier geht es drunter und drüber. Großvater Erwin (Herbert Thurner) mit der Frauenbund-Vorsitzenden Johanna Huber (Monika Trejo-Lidl). (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nachvollziehbar und überzeugend agiert der Protagonist Michi Dettermeier (Alexander Langer), der sich in einer prekären, wenn nicht gar aussichtslosen Lage findet. Die Familien-Konditorei, die er vom Vater (Christopher Hollfelder) übernommen hat, kämpft ums Überleben. Obwohl der junge Bäcker, das wird in der Darstellung schnell deutlich, mit Eifer bei der Sache ist und durch eigene Kuchenkreationen wie die "Dachauer Bauerntorte" und den "Amper-Gugelhupf" brilliert, fehlt das nötige Geld, um die Backstube zu erneuern. Vom Vorschlag seiner Familie, sich einfach eine wohlhabende Frau anzulachen, will er nichts wissen. Warum und wonach er sich eigentlich sehnt, enthüllt er im Laufe des Stücks versehentlich vor laufender Kamera. Während der Vater Tango, ein nichtsnutziger Säufer, nur gelegentlich über die Bühne torkelt und als Figur mehr Abneigung als Amüsement hervorruft, und der verwitwete Großvater Erwin (Herbert Thurner) beim Chatten auf "Senioren suchen Liebe" kein Blatt vor den Mund nimmt und mit Sprüchen wie "Komm in meine sündige Torten-Hölle!" die Damen lockt, bleibt Michi mit seinen Sorgen um die Konditorei zunächst allein.

Das Bühnenbild eröffnet den Blick in ein Backwarengeschäft mit uriger Holztheke und altbackenen Blumenstillleben an der Wand, sowie in die beschauliche anliegende Gasse mit alten Kleinstadthäusern. Wenn Mutter Rosi (Gabi Betz) in diesem gutbürgerlichen Rahmen eine Dessous-Party veranstaltet, um das Geschäft ihres Sohns wieder in Schwung zu bringen, und einen Hutständer mit quietschbunten Unterwäscheteilen zu schmücken beginnt, mag einem beim Anblick dieses absurden Kontrasts schon das eine oder andere Schmunzeln über die Lippen huschen.

Agnes Stockerl (Marion Peccolo) und Rosi Dettermeier (Gabi Betz). (Foto: Niels P. Jørgensen)

Andererseits bedient sich das Stückgroßzügig an gängigen Stereotypen wie der zeternden Nachbarin, tratschenden Weibern und dem etwas ins Lächerliche gezogenen Fremden, in diesem Fall ein indischer Pfarrer, der, wenn man nicht gebrochenes Deutsch als komisches Mittel versteht, eigentlich nichts Komisches an sich hat. Der "lustige" Lustmolch und der Vollzeitalkoholiker sind teilweise nicht so überzeichnet, dass man über die Satire lachen will, sondern wirken eher zum Verzweifeln real genug in der Problematik, die sie thematisieren. Immerhin, das inhaltliche Grundanliegen und die nette Auflösung aller Konflikte zum Schluss lassen dies vielleicht nachsehen.

Eine große Besetzung bestehend aus 15 Sprechrollen und sieben Statisten setzt die zweistündige Handlung voller Elan um. "Als ich das Stück zum ersten Mal gelesen habe, hatte ich sofort Personen aus unserer Gruppe im Kopf, die für die verschiedenen Rollen wie gemacht schienen," sagt Zellner. So sei ihr schnell klar gewesen, dass "Bäcker braucht Frau" das Stück für den Herbst werden würde. Zellner ist von Kindheit an beim Theater am Stadtwald aktiv und leitet seit 2014 abwechselnd mit anderen Regieführenden die Spielgruppe der Erwachsenen. Mit "Bäcker braucht Frau" bringen Zellner und die Darsteller eine insgesamt gelungene und kurzweilige Inszenierung auf die Bühne.

"Bäcker braucht Frau oder: Liebe ist für alle da", ASV-Theaterhalle Dachau. Premiere ist am Samstag, 2. November, um 20 Uhr. Weitere Vorstellungen: Sonntag, 3. November, 14 Uhr, sowie die Wochenenden 8./9., 15./16. und 22./23. November jeweils um 20 Uhr. Karten zu 12,50 Euro plus Vorverkaufsgebühr bei der Dachauer Rundschau , Konrad-Adenauer-Straße 27, Telefon 08131 / 518 10 sowie vor den jeweiligen Vorstellungen an der Abend- beziehungsweise Tageskasse.

© SZ vom 31.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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