Öffentlicher Nahverkehr:"Diese Hängepartie beim Deutschlandticket ist bedauerlich"

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Im Frühjahr wird der Kreistag nochmals über die Verlängerung des 49-Euro-Tickets beraten müssen, womöglich in einer Sondersitzung vor dem 30. April. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Dachauer Kreisräte verlängern das Tarifangebot um vier Monate. Wie es danach weitergeht, bleibt unklar.

Von Anna Schwarz, Dachau

Der Dachauer Kreistag hat das Tarifangebot des Deutschlandtickets noch einmal bis 30. April 2024 verlängert - wie es danach weitergeht, ist noch ungewiss. Schließlich sei die Finanzierung des 49-Euro-Tickets durch den Bund nur bis Ende April gesichert, sagte Landrat Stefan Löwl (CSU): "Wir machen nur mit, solange wir das Kostenrisiko nicht tragen müssen", denn die Kommunen hätten kein Geld für die Finanzierung des Tickets übrig. Deshalb hatte der Kreistag bereits im März beschlossen, das Tarifangebot nur zu verlängern, wenn es für den Landkreis nicht mit Kosten verbunden ist. Zudem verwies Löwl auf Stendal, den größten Landkreis Sachsen-Anhalts, der zum 1. Januar aus dem Deutschlandticket aussteigt.

Bei der Debatte im Dachauer Kreistag äußerten die Politiker ihre allgemeine Kritik an der Fahrkarte, aber auch an der Zuverlässigkeit der Deutschen Bahn. Zuvor erklärte Albert Herbst, Sachgebietsleiter ÖPNV, wie das Prozedere zum Deutschlandticket in den kommenden Monaten weitergehen wird. Für Herbst sei das Ticket, das deutschlandweit im ÖPNV gilt, zwar eine "Revolution und ein großer Wurf", allerdings sei es nicht durchfinanziert - es ist also nicht klar, wer die zukünftigen Kosten dafür übernehmen wird: "Diese Hängepartie ist bedauerlich", sagte Herbst: "Es wird spannend, wie das weitergeht." Bislang sind sich Bund und Länder zwar einig, dass es das Deutschlandticket weiter geben soll - aber nicht, wer die Mehrkosten dafür übernimmt.

"Wir können den ÖPNV nicht bis ins letzte Kaff durchfinanzieren"

Bisher kostet das Monatsabo 49 Euro. Herbst geht davon aus, dass es eine Preiserhöhung geben wird, diese aber nicht kostendeckend sein wird. Er empfiehlt den Kreisräten, die allgemeine Verfügung, die die Finanzierung des Tickets ermöglicht, noch einmal um vier Monate zu verlängern, auch "um den Weihnachtsfrieden zu wahren". Gleichzeitig stellte Herbst klar, dass im Haushalt des Landkreises keine Finanzmittel für das Ticket vorgesehen sind. Im Frühjahr wird der Kreistag also nochmals über die Verlängerung des Tickets beraten müssen, womöglich in einer Sondersitzung vor dem 30. April.

Kreisrat Sebastian Leiß (Freie Wähler Dachau) kritisierte, dass es das 49-Euro-Ticket nicht an den Automaten am Bahnhof gibt, denn einige Menschen würden sich schwertun, es digital zu bestellen. Zudem stellte er die These auf, dass nicht der Preis des ÖPNV das Problem sei, sondern viel mehr dessen Zuverlässigkeit. Bei der S-Bahn komme es zum Beispiel immer wieder zu Verspätungen. Für Leiß ist deshalb das Auto das einzige wirklich zuverlässige Verkehrsmittel. Sein Fazit: "Wir können den ÖPNV nicht bis in letzte Kaff durchfinanzieren", die Bewohner im Hinterland seien teilweise auch nicht so "ÖPNV-affin", so Leiß. Beim Wort "Kaff" gab es Geraune im Saal.

"Wir haben keine Käffer im Landkreis"

Löwl sagte, dass er die Kritik an der Bahn teilt - allerdings sei der Pkw auch nicht immer das Mittel der Wahl. Er erinnerte an das Schneechaos Anfang Dezember: "Auch mit dem Auto war es da schwer durchzukommen." Carsten Schleh (Grüne) widersprach Leiß. Schleh sei mit S-Bahn und Bus zur Sitzung im Landratsamt gefahren, das habe einwandfrei geklappt. Beruflich sei er auf das Auto angewiesen und müsse auch dort immer wieder Verspätungen einplanen: "Eine halbe Stunde stehe ich immer im Stau." Kreisrat Jonathan Westermeier (Die Linke/Die Partei) kritisierte, dass es kompliziert sei, das Deutschlandticket digital zu kündigen, denn dafür müssen Abonnenten erst ein Formular ausfüllen: "Meiner Meinung nach muss das Kündigen genauso einfach sein wie das Abschließen des Abos."

Ludwig Gasteiger, Grünen-Kreisrat und Geschäftsführer des Kreisjugendrings, sagte, dass das Deutschlandticket vor allem von vielen jungen Menschen genutzt werde, unter anderem von Studierenden, die wegen gestiegener Lebenshaltungskosten armutsbetroffen seien. Als Seitenhieb auf Leiß' Aussage sagte Gasteiger: "Wir haben keine Käffer im Landkreis, sondern lediglich Dörfer und Weiler." Dafür gab es auch Applaus von der CSU-Fraktion.

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