Dachau:Hin und Her um Luftfilter in Schulen

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Der Stadtrat beschließt die Anschaffung der Geräte - trotz des Risikos, später Ärger mit Lehrern wegen der Lautstärke zu bekommen

Von Jacqueline Lang, Dachau

Schon seit dem Sommer beschäftigt das Thema Luftreiniger die Dachauer Stadträtinnen und Stadträte. Im Januar könnten die Geräte nach langer Diskussion nun endlich in den Klassenzimmern stehen: Bereits im Juli hatte die CSU-Fraktion die Beschaffung von Luftreinigern für die Jahrgangsstufen 1 bis 6 beantragt. Zunächst hatte sich die Stadt dann darauf geeinigt, ein vom Landkreis beauftragtes Gutachten zum Nutzen dieser Geräte abzuwarten. Als klar wurde, dass das länger dauern würde, entschied man sich, die Gerätschaften so oder so anzuschaffen. Das war im September. Nun ist bereits Dezember und in den Klassenzimmern stehen immer noch keine Luftreiniger. Schuld daran ist, wie in der jüngsten Stadtratssitzung bekannt wurde, offenbar die Lautstärke der Geräte. Oder besser gesagt: Ein ministerieller Widerspruch. Nach einigem Hin und Her haben die Stadträte nun entscheiden: Die Geräte sollen trotz aller Widrigkeiten beschafft werden. Bei einer Lieferzeit von acht bis zehn Wochen könnten sie dann zum Anfang des neuen Jahres zum Einsatz in den Schulen kommen.

Doch warum eigentlich das ganze Hin und Her? Die Lautstärke war bei der Ausschreibung als maßgebliches Kriterium mit aufgenommen worden und wird auch vom Kultusministerium als Kriterium aufgeführt. Laut Förderrichtlinie sind Geräte bis zu einem Dauerschallpegel von 40 Dezibel zulässig. Gleichzeitig liegt der empfohlene Höchstwert für durch Hintergrundgeräusche erzeugte Lärmemissionen bei lediglich 35 Dezibel und damit unter dem Wert, der in der Förderrichtlinie genannt wird. Lehrkräfte könnten also theoretisch - wenn zu laute Geräte beschafft werden - von ihrem Arbeitgeber, dem Freistaat, ein Abschalten der Luftreiniger fordern. Das könnte der Stadt, wie Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) findet, erst einmal egal sein, weil die von einander abweichenden Werte nicht "förderschädlich" sind. Tatsächlich könnte das aber dazu führen, dass man Geräte anschafft, die dann gar nicht angeschaltet werden.

Der Lärm war auch der Grund, warum in einer nicht-öffentlichen Sitzung im November folgender Beschluss gefasst wurde: Sofern der erstplatzierte Anbieter Luftreinigungsgeräte anbietet, die einen Schalldruckpegel von maximal 35 Dezibel nicht überschreiten, soll dieser den Zuschlag erhalten. Sollte allerdings der Erstplatzierte Geräte anbieten, die diesen Wert überschreiten, "wird das Ausschreibungsverfahren aufgehoben und es ist erneut auszuschreiben". Zwischenzeitlich wurden nun die Angebote ausgewertet: Auf dem ersten Platz der Wertung liegen demnach Geräte, "die in der großen Mehrzahl der Räume einen Dauerschallpegel von größer 35 und kleiner 40 Dezibel erzeugen." Laut dem Beschluss vom November hätte der Stadtrat das komplette Verfahren also noch einmal von vorne beginnen müssen. Durch eine Entscheidung im nicht-öffentlichen Teil der jüngsten Stadtratssitzung wurden die vor gut einem Monat gefassten Beschlüsse allerdings nun wieder über den Haufen geworfen. Die Stadt wird nun also trotz eines gewissen Risikos Geräte anschaffen, die gemäß Förderrichtlinie einen Wert von 40 Dezibel nicht überschreiten, aber über dem von 35 Dezibel liegen können.

Es entbrannte eine Debatte im Gremium: Auf der einen Seite Stadträte, die eine schnellstmögliche Beschaffung der Geräte fordern, auf der anderen Stadträte, die für Geräte, deren Nutzen ihrer Meinung nach immer noch nicht erwiesen ist, kein Geld ausgeben wollen: Florian Schiller (CSU) erklärte, dass es in einer Pandemie nun einmal keine "perfekte Lösung" gebe, außerdem müsse man doch bedenken, dass jeder Beamer lauter sei als ein Luftreiniger. Peter Gampenrieder (ÜB) sagte, man müsse sich schon entscheiden, was man bekämpfen wolle: etwaigen Lärm oder das Virus. Er könne sich nicht vorstellen, dass es Lehrkräfte geben werde, die die Geräte aufgrund von ein bisschen Lärm ausgeschaltet lassen würden. Markus Erhorn (FWD) zeigte sich enttäuscht, dass die Geräte nicht längst da sind: "Wir hätten die eigentlich jetzt gebraucht." Thomas Kreß (Grüne) indes warnte vor einem"Placebo" im Klassenzimmer. Sabine Geißler (Bündnis), selbst Lehrerin, ergänzte, dass die Geräte entgegen einiger Behauptungen das regelmäßige Lüften nicht ersetzen könnten. Oberbürgermeister Hartmann bestätigte dies. Jürgen Seidl (FPD) und Markus Kellerer (AfD) sagten, ihnen sei kein Fall bekannt, wo ein Kind sich in der Schule angesteckt hätte. Schlussendlich setzen sich aber im nicht-öffentlichen Teil die Befürworter der Geräte durch.

© SZ vom 13.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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