Landwirtschaft:"Wenn es so weitergeht, kann das noch tragischer sein"

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Etwas niedriger als üblich stand Ende Juli in Machtenstein bei Schwabhausen das Getreide. In und um die Gemeinde ist es zu größten Teilen mittlerweile eingefahren. (Foto: Toni Heigl)

Trotz des vielen Regens ziehen die Landwirte im Landkreis Dachau bislang eine recht positive Erntebilanz - noch ist aber auch nicht alles eingefahren. Was Missmut unter den Bauern auslöst, sind indes politische Entscheidungen.

Von Elisabeth Klaushofer, Dachau

Ein nasskaltes Frühjahr, ein trockenheißer Sommerstart und jetzt dieser ewige Regen: Bei diesen extremen Wetterschwankungen könnte man das Schlimmste für die diesjährige Ernte befürchten. Die Ausbeute ist im Landkreis Dachau allerdings nicht allzu schlecht; die meisten Landwirte ziehen eine durchschnittliche Bilanz. Missmut unter den Bauern gibt es dafür wegen neuer Auflagen und des damit verbundenen höheren bürokratischen Aufwands.

Wie gut es um die Ernte der einzelnen Bauern bestellt ist, bleibt am Ende trotzdem sehr individuell, sagt Simon Sedlmair, Obmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Dachau. Dabei seien weniger die Böden ausschlaggebend als vielmehr die zahlreichen Gewitter in den vergangenen Wochen. Nur ein Beispiel: Während es über einem Feld 50 Liter geregnet habe, sei ein anderes nur wenige Kilometer entfernt staubtrocken geblieben. Immerhin: "Vom Hagel ist der Landkreis bisher ziemlich verschont geblieben."

Dafür hatten vor allem die Landwirte im südlichen Landkreis mit Krähen zu kämpfen. Ähnlich wie auch im Landkreis Fürstenfeldbruck hätten die Vögel Siloballen zerpflückt und im Frühjahr die Aussaat auf den Feldern gefressen, sagt Sedlmaier. Zweimal, teilweise sogar dreimal habe deshalb der Mais neu ausgesät werden müssen.

"Heuer ist schon ein schlechtes Jahr"

Dennoch erwartet der Kreisobmann etwa beim Soja heuer eine Durchschnittsernte. Auch die Rapsernte falle fast normal aus, da die Blüte diesmal sehr früh dran gewesen sei. Bei Kartoffeln befürchtet er wegen des nasskalten Frühjahrs und der darauffolgenden Trockenheit starke Ertragseinbußen. Sorgen bereitet ihm auch der Mais, dessen Ernte in diesem Jahr wohl unterdurchschnittlich ausfallen wird. "Heuer ist schon ein schlechtes Jahr", zieht der Landwirt Bilanz. Das Problem: Es habe nicht nur "eine Frucht erwischt".

Von einem "Extremjahr" spricht auch Josef Groß, auch wenn er mit seiner Ernte durchaus zufrieden ist. Der Bauer aus Haimhausen ist einer von insgesamt 105 Biolandwirten in der Dachauer Region. Er baut Kartoffeln und Sonnenblumen sowie Getreide wie Hafer und Roggen an. "Wir sind heuer wesentlich später dran, aber nicht schlechter", so Groß. Die Sonnenblumen stünden derzeit zwar nur halb so hoch wie sonst um diese Jahreszeit, trotzdem erwarte er einen "Spitzenertrag". Für seine Kartoffeln sei die extreme Trockenheit sogar von Vorteil, blieben die Pflanzen doch so von der sogenannten Krautfäule verschont.

Getreide verliert bei Regen an Qualität

Unter Zeitdruck steht unterdes Landwirt Michael Brummer aus Markt Indersdorf. Seinen Weizen hat er in der letzten Regenpause schnellstmöglich eingeholt, weil sonst "die Backqualität leidet", wie er im Gespräch mit der SZ am Dienstag sagt. Mit dem Regen fällt nämlich nicht nur der Eiweißwert, sondern auch die Fallzahl - der Wert, der die Backqualität des Weizens bestimmt. Ist er zu niedrig, werden daraus keine Brötchen mehr gebacken.

Auch die Gerste muss Brummer noch einholen. "Die hat allerdings schon grüne Keimlinge", sagt er. Das heißt: Sie taugt nicht mehr als Brau- sondern nur noch als Futtergerste, die Brauereien könnten nämlich Gerste mit Auswüchsen nicht gebrauchen. Für Brummer bedeutet das, dass er weniger dafür verlangen kann: "Da kriegen wir schon um die 14 Euro weniger pro Doppelzentner."

Die Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) sieht durch die unterdurchschnittliche Getreideernte in Bayern die Prognosen der Klimaforscher erneut bestätigt: "Wegen des Klimawandels kommt es immer häufiger zu großen Ertragsverlusten. Die Risiken sind infolge des Klimawandels aber kaum noch beherrschbar." Seit diesem Jahr habe ihr Ministerium daher die Versicherungsmöglichkeit gegen Wetterschäden auf Grün- und Ackerland ausgeweitet. Bislang konnte sich nur der Obst- und Weinbau absichern.

Auflagen lösen Missmut im Landkreis aus

"Der große Renner wird das nicht sein", meint der Dachauer BBV-Sprecher Sedlmair dazu. Er jedenfalls wird die finanzielle Hilfe vom Freistaat nicht in Anspruch nehmen. Vom Ministerium wünscht er sich stattdessen weniger Auflagen und weniger Bürokratie. Denn vor allem die sorge bei den Landwirten im Landkreis aktuell für eine angespannte Stimmung. "Bis der Bauer das Handtuch schmeißt" - das ist sein Kommentar zur Erosionsschutzverordnung (ESchV), die im Mai in Kraft trat und auch die diesjährige Ernte betrifft.

Um Bodenschäden vorzubeugen, werden Äcker nun strenger eingestuft; demnach gelten auch härtere Auflagen beispielsweise für ansteigende Felder, die bei Regen abrutschen könnten. Zum Beispiel dürften betroffene Landwirte von Dezember bis Februar deshalb nicht mehr pflügen, und der Mais müsse dichter gesät werden, sagt Sedlmair. Die Konsequenz: Die Landwirte müssen sich bereits jetzt um den Zeitpunkt der nächsten Aussaat Gedanken machen, nicht erst im Herbst. "Jetzt wo die Ernte ist, kommt das daher!", ärgert sich Sedlmair. "Da liegen die Nerven blank".

Damit die diesjährige Ernte nicht doch noch zum Fiasko wird, braucht es jetzt mindestens zwei sonnige Tage. Und selbst dann müsste man noch nachtrocknen, sagt Sedlmair. Die Sonne lässt sich derzeit zwar nur sporadisch blicken, aber der Blick auf den Wetterbericht gibt Hoffnung. "Momentan muss man abwarten", sagt Sedlmair. "Wenn es zwei Wochen so weitergeht, kann das noch tragischer sein."

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