Dachau:Die SPD schöpft Selbstbewusstsein

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Der Wahlsieg von Florian Hartmann bei der Dachauer Oberbürgermeisterwahl weckt bei den Sozialdemokraten Aufbruchstimmung. Die CSU ist derweil abgetaucht.

Von Helmut Zeller

Die Generalsekretärin der Bayern SPD, Natascha Kohnen, hat Florian Hartmann der Presse am Montag stolz als jüngsten OB Deutschlands vorgestellt. (Foto: Robert Haas)

Am Morgen nach der Niederlage der CSU in Dachau erwacht die SPD mit einem neuen Selbstverständnis: "Wir können gewinnen", sagt der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Martin Güll. Zur gleichen Zeit präsentiert die Bayern-SPD in München der Presse den Dachauer Wahlsieger Florian Hartmann, der in der Stichwahl am Sonntag Oberbürgermeister Peter Bürgel besiegte. "Ein ganz toller Erfolg", sagt SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen. Der letzte sozialdemokratische Bürgermeister der Großen Kreisstadt trat 1966 ab. Güll steckt den künftigen Kurs ab: Die SPD wird wie lange nicht mehr in der Stadt die Politik bestimmen und sich im Kreistag zu einer "kraftvollen Opposition" formieren. Die CSU scheint abgetaucht zu sein. Die Handys sind auf Mailbox gestellt. Der Schock wirkt nach. Über den Verlust des Dachauer Rathauses kann auch der knappe Wahlsieg ihres Landratskandidaten Stefan Löwl kaum hinwegtrösten.

Florian Hartmann, mit 27 Jahren Deutschlands jüngster Oberbürgermeister, steht vor einer gewaltigen Aufgabe. Er muss die Verwaltung nach zwölf Jahren Amtszeit Bürgels hinter sich bringen und für seine Politik im Stadtrat eine Allianz suchen. Die CSU hat 15 Sitze und zusammen mit den Freien Wählern, der FDP und den Bürgern für Dachau die Mehrheit. Die SPD hat dagegen sieben Sitze - und kann sich wie in der Vergangenheit unter Umständen auf Grüne, Bündnis für Dachau und möglicherweise die ÜB stützen. "Hartmann ist ein Sachpolitiker und überhaupt nicht ideologisch gestrickt", sagt Güll. Hartmann wird bis in die Landes-SPD hinein größte Unterstützung erfahren, wie Güll sagt. Außerdem könne sich, so der SPD-Chef, auch die CSU nicht sechs Jahre lang einer guten Politik verweigern. Für deren Fraktion ist es ein Debakel: Im ersten Wahlgang am 16. März hat sie zwei Sitze verloren. Jetzt überraschend den Posten des Oberbürgermeisters. Bürgel, 61, wollte das Amt noch weitere sechs Jahre ausüben. Für seine Nachfolge waren zwei Namen aus seiner Fraktion im Gespräch: Der Vorsitzende Christian Stangl und der Kulturreferent Dominik Härtl. Ihre Aussichten, sofern sie Bürgel beerben hätten wollen, sind nun eher trübe. Bürgel errang in der Stichwahl 46,3 Prozent, Hartmann brachte es auf 53,7 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 40 Prozent. Die Niederlage beendet Bürgels konsequente Versöhnungspolitik, die bei ehemaligen NS-Opfern in Israel, den USA, Frankreich und Holland große Anerkennung gefunden hat.

Die besten Stimmergebnisse hatte Hartmann in zwei Wahllokalen in Augustenfeld, 64 und 68 Prozent. Offenbar kamen die Umzugspläne des TSV-Sportparks, die zum heißen Wahlkampfthema wurden, bei den Anwohnern nicht so gut an. "Dachau wird jung und rot", freuen sich die oberbayerischen Jungsozialisten über den Erfolg ihres Vorstandsmitglieds Florian Hartmann. "Endlich soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und mehr demokratische Bürgerbeteiligung", schwärmt die Juso-Vorsitzende Julia Rothmayer. "Ich weiß, dass er als Oberbürgermeister junge und linke Politik glaubhaft vertritt." Der Wahlsieger sagte: "Ich will eine ganz klare Sachpolitik machen." Er kündigte eine enge Kooperation in Schulfragen mit Martin Güll, dem Vorsitzenden des Bildungsausschusses im Landtag, an. Güll will die Aufbruchsstimmung der Dachauer SPD in die Kreispolitik hineintragen. "Der Löwl kann sich warm anziehen", sagt er.

In der Stichwahl um den Posten des Landrats am Sonntag unterlag Güll dem CSU-Bewerber, der mit einem nur knappen Vorsprung von 127 Stimmen die Wahl gewann. Sein Ergebnis, so Güll, zeige, wohin der Trend im Landkreis geht. In der nächsten Kreistagssitzung, die SPD gewann ein Mandat dazu, will man einen Antrag zur dritten Startbahn stellen. Dann werde sich zeigen, ob Löwl sein Wahlkampfversprechen halte. Der hatte sich eindeutig gegen den Flughafenausbau ausgesprochen. In acht Gemeinden gewann Güll. In Schwabhausen etwa errang er deutlich mehr Stimmen als sein Kontrahent, obwohl die SPD dort nicht einmal einen Ortsverein hat. In Dachau lag er mit 53 Prozent fast sieben Prozentpunkte vor Löwl. Nur Karlsfeld hat den SPD-Chef um den Wahlsieg gebracht. Die Partei in Dachau strotzt vor neuem Selbstbewusstsein. Die jahrzehntelangen Querelen und Affären im Ortsverein, die immer wieder mit Wahlniederlagen einhergingen, scheinen vergessen. Eine Erklärung für den jetzigen Erfolg hat niemand - die SPD lässt sich von dem Schwung in die Zukunft tragen.

© SZ vom 01.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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